Ohrenzeugen
grauer Dutt wackelte, als sie den Kopf hob. »Heit git’s Sauerbrooda und Spätzle!«, informierte sie.
»Ja, des bringsch mer«, meinte Sieger anerkennend und seine blauen Augen blitzten erwartungsvoll. »Für mii aa«, bestellte Heiko, genießerisch Hohenlohisch redend.
Die Tür ging auf und eine Horde Mittfünfziger kam herein– der Liederkranz Eltershofen.
»Moorcha, Wirte!«, rief einer der Männer. Sofort gruppierten sie sich um den anderen der beiden langen Tische, die sich in dem kleinen Raum befanden. Sie bestellten sich entweder Rot- oder Weißweinschorle und falteten dann sinnend die Hände über ihren mehr oder weniger großen Bäuchen.
Das Restaurant war eher traditionell eingerichtet und war früher wohl einmal sehr modern gewesen. Die Wände waren mit hellem Holz vertäfelt. Zur Dekoration waren überall Textilblumensträuße in Siebziger-Jahre-Vasen aufgestellt. Und auf der Theke stand ein roter Weihnachtsstern und alle rätselten ständig, wie es die ›Wirte‹ schaffte, ihn so lange am Leben zu erhalten.
»Moorcha, Sieger, und gell, des is der Heiko!«, rief einer vom Liederkranz herüber. Die beiden Männer nickten grüßend.
»Und, wie läuft’s in euerm Fall?«, wollte Sieger wissen.
Heiko trank einen Schluck Cola.
»Ich weiß au net.«
»Ja, habt ihr noch gar keine Idee?«
»Ach, verschiedene Spuren halt. Aber nix Konkretes.«
Einer von den Liederkränzlern hatte das Gespräch mitgehört. »Ou, gell, du untersuchsch ja den Mord am Rudi Weidner«, schaltete er sich ein. Seine weißen Koteletten zuckten gespannt. »Und?«
Heiko schüttelte den Kopf. »Noch nix.« Und er wunderte sich keine Sekunde, dass man sogar hier in Eltershofen über den Mord am Kleintierzüchter Bescheid wusste.
»Und wie läuft’s mit deinem Mädle?«, fragte Sieger nun.
»Läuft«, brummte Heiko.
Sieger legte die Stirn in Falten. »Jetzt schwätz halt!«
Heiko grinste.
»Ja, die wär scho recht!«
»Ja, und?«
»Ha, die war schon mal bei mir!«
»Und?«
»Was, und? Läuft, hab’ ich doch gesagt!«
Sieger nickte.
»Und bei dir?«, wollte Heiko wissen.
Sein Onkel stöhnte und winkte ab. »Ich und die Weiber!«, meinte er und es klang etwas hoffnungslos. Heiko stimmte ihm innerlich zu. Er glaubte auch nicht, dass sein Onkel wirklich eine Frau brauchen konnte. Der wollte seine Ruhe. Der wollte in den Wald und Holz machen und nach seinen paar Schafen sehen. Und, was am wichtigsten war, er wollte niemanden haben, der sich in seine Angelegenheiten einmischte.
Plötzlich ertönte vom Nachbartisch ein melodisches »Humm«. Kurz darauf stimmte der Liederkranz ein triumphales ›Am Brunnen vor dem Tore‹ an, während die Wirte zwei enorme Teller mit dampfendem Sauerbraten und frischen Spätzle sowie eine gewaltige Sauciere vor den beiden Männern abstellte.
Montag, 27. April
»Kommst du kurz mit zum Uwe?«, fragte Heiko. »Ich will ihn wegen der DNA fragen.«
Lisa nickte und gemeinsam gingen sie in den dritten Stock zur Spurensicherung. Uwe war ein überaus kompetenter Kollege. Trotzdem war er nicht gerade der Ordentlichste. Sein Reich war schlichtweg chaotisch, zumindest auf den ersten Blick.
Zwar hatte er die meisten Beweisstücke in Schubladen einsortiert, das System, das dahinter steckte, kapierte allerdings nur er allein. Aber es funktionierte. Uwe suchte nie. Das Genie beherrscht das Chaos, sagte er immer.
»Na?«, begrüßte Heiko den Spurensicherer und klopfte ihm kameradschaftlich auf den Rücken. Uwe brummte.
»Was gibt’s Neues?«
Lisa lächelte den Kollegen strahlend an. Ein bisschen Eifersucht schadet nie.
»Wegen dem Weidner?«, fragte Uwe zurück und suggerierte damit, dass er ja noch so vieles andere zu tun hatte.
Heiko machte: »Hm.«
Uwe räusperte sich. »Also, erst mal: Der Obduktionsbericht ist da. Der Kerl war tatsächlich ein Vollalki und die Leber war auch ziemlich kaputt. Der wäre eh keine 90 geworden. Und gestorben ist er tatsächlich an diesem Hieb ins Gesicht, aber das war ja sowieso klar.«
Heiko wartete. Uwe liebte es, die Spannung zu erhöhen.
»Aber in Bezug auf die Axt hat sich was Interessantes ergeben.«
Lisa blickte den Spurensicherer auffordernd an.
»Also, tatsächlich war keine DNA von Maximilian Weidner auf der Axt.
Alle anderen und selbstverständlich das Mordopfer hatten sie schon mal in der Hand. Fremd-DNA hab ich bisher noch nicht gefunden. Also leider bisher noch keine Spur vom Mörder, außer, es wäre doch jemand von der Familie
Weitere Kostenlose Bücher