Ohrenzeugen
gewesen. Aber das ist nicht der springende Punkt.«
»Sondern?«, forschte Heiko.
»Der springende Punkt ist, dass sich die DNAs der Kinder zu wenig ähneln.«
»Und das bedeutet?«
»Das bedeutet, dass Maximilian Weidner einen anderen Vater hat. Das Mordopfer ist nicht der Vater von Maximilian.«
Die Kommissare sahen sich erstaunt an. Diese Nachricht war ja interessant.
»Sondern wer?«
»Unbekannt. Das müsst ihr rausfinden.«
»Ich kann mir schon denken, wer der Vater ist, du nicht?«, meinte Heiko.
Lisa schürzte die Lippen. »Simon, kannst du rausfinden, wann Maximilian Weidner geboren ist, wann sich Erna Weidner von Fritz Maler getrennt hat, wie sich die Weidners kennengelernt haben, wann sie geheiratet haben und so weiter. Du weißt schon! Und schnell, bitte.«
Der Kriminalobermeister rührte in seinem Plastikkaffeebecher. »Übrigens ist das graphologische Gutachtän da!«, informierte er beiläufig.
»Und?«
Heiko musste sich nun wirklich beherrschen, weil er schon wieder jemanden vor sich hatte, der sich alles aus der Nase ziehen ließ.
»Kandidat A ist es zu 70 Prozent, zu fast 30 Prozent Kandidat C. Kandidat B kann mit an Sicherheit grenzender Wahrschainlichkeit ausgeschlossen werden.«
»Und wer ist Kandidat A?«
Simon trank noch einen Schluck Kaffee und sagte dann: »Malär.«
Maler wohnte in der Seestraße. Die beiden Kommissare parkten den Polizeiwagen auf dem geräumigen, akkurat gepflasterten und von Buchsbäumchen gesäumten Hof.
In solchen Fällen nahmen sie immer den Dienstwagen.
Sie mussten zwei Marmorstufen hinaufsteigen, um zur Haustür zu gelangen. Dann klingelten sie. Recht schnell war drinnen Bewegung zu vernehmen. Dann öffnete sich die Haustür und Hedwig Maler stand im rosafarbenen Jogginganzug vor ihnen.
Ihre Augen weiteten sich und die Glitzersteinchen auf dem samtigen Oberteil bebten, genau wie sie selbst. Dann versuchte sie ein Lächeln. »Grüß Gott, ach, die Kommissare! Kommen Sie doch rein.«
»Ist Ihr Mann da?«, fragte Heiko dazwischen, um das Ganze nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
Zwischen Hedwig Malers Augen entstand eine lange, steile Falte. »Ja, aber warum?« Schon schob sich von hinten Fritz Maler heran, mit seinem schütteren Blondhaar und den blauen Augen hätte er gut die männliche Version seiner Frau sein können. Nur, dass er keinen rosafarbenen Jogginganzug, sondern Jeans und ein blaukariertes Hemd trug. »Ja?« Er fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare und verursachte eine sehr derangiert wirkende Sturmfrisur.
»Wir müssen Sie leider bitten mitzukommen!«, eröffnete Heiko.
Maler erstarrte. »Wieso? Bin ich festgenommen?«
Lisa versuchte ein Lächeln. »Aber nicht doch, Herr Maler, wir müssen Ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
»Und geht das nicht auch hier?«, fragte er. »Leider nicht«, antwortete Heiko. »Ich denke, es ist in unser aller Interesse, wenn wir das Ganze auf dem Revier machen.«
Hedwig runzelte die Stirn und musterte ihren Mann mit einem seltsamen Blick, legte dann aber entschlossen den Arm um ihn. Maler löste sich aus ihrem Griff und tätschelte die dicke Hand.
»Ist schon gut, Schatz. Das wird sich alles klären. Ich bin schließlich unschuldig.«
Die Fahrt zum Revier verlief recht schweigsam, solche Angelegenheiten waren immer etwas peinlich. Vor allem, wenn man den Verdächtigen gut leiden konnte. Und Maler war ein netter Kerl, grundanständig, soweit Heiko das beurteilen konnte. Aber schon oft hatte er erfahren müssen, wie sehr man sich in Menschen täuschen konnte, vor allem in denen, die ansonsten ruhig und besonnen wirkten. Die waren oft die größten Psychopathen.
Sie parkten den Wagen auf dem Hof und öffneten die hintere Tür. Wegen der Kindersicherung hinten konnte der Mann nicht selber aussteigen, was ihm offensichtlich einiges Unbehagen verursachte.
»Herr Maler, wir müssen Sie ganz kurz in eine Verwahrzelle setzen, weil wir noch etwas organisieren müssen!«, sagte Lisa und fasste Maler am Arm. Der Verdächtige nickte fast unmerklich und ergab sich in sein Schicksal.
Die Zelle im Untergeschoss des Polizeireviers Crailsheim war klein. So klein hatte er es sich nicht vorgestellt. Schon in den ersten Minuten hier drin hatte er sich bemühen müssen, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Das Gefühl, lebendig begraben zu sein, hatte sich unheimlich schnell eingestellt. Er presste die Fingerspitzen gegeneinander und sah sich noch einmal um. Die Zelle war weiß gekachelt.
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