Ohrenzeugen
konnte. Trotzdem, sie nahm es ihm ab. Sie berührte sanft seine Hand.
»Stefan, auch ich wollte mein Leben mit dir verbringen, und ich habe dich geliebt, so sehr. Aber als du das gemacht hast, da ist etwas in mir zerbrochen!«
»Das kann man doch kitten, oder?«, fragte Stefan hoffnungsvoll.
Lisa schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich denke, nicht.«
»Deine Mutter sagt, du hättest einen Freund.«
Lisa nahm ihr Besteck wieder auf. »Stimmt das?«, fragte er.
Stimmte das? Hatte sie einen Freund? War Heiko ihr Freund, wegen dieser paar Küsse, wegen dieser einen Umarmung, wegen dieses Kuschelabends bei ihm zu Hause? Schön war es gewesen an diesem Abend im Peanuts, sehr schön. Schön war es auch bei Heiko in der Wohnung gewesen. Romantisch. Hatte sie sich von der romantischen Stimmung verleiten lassen?
Es hätte auf jeden Fall etwas daraus werden können, vielleicht, wäre Stefan nicht aufgetaucht. Oder war er es doch, ihr Freund? War sie verliebt in ihn?
Lisa schüttelte wieder den Kopf.
»Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Es tut mir leid.«
Nachmittags hatten sie noch ein bisschen über den Fall geredet und Heiko war sehr mürrisch gewesen, was sie ihm nicht verdenken konnte. Schließlich hatte er entnervt vorgeschlagen, heute mal früher Feierabend zu machen, und sie hatten sich voneinander verabschiedet und nicht wirklich gewusst, was sie einander sagen sollten. Darüber war Lisa unglücklich, aber gleichzeitig war sie auch verwirrt. Sie brauchte Zeit, um nachzudenken. Und sie hasste solche Situationen. Am liebsten war sie einfach nur glücklich und genoss ihr Leben. Aber manchmal war das eben nicht so einfach.
Mittwoch, 29. April
Heiko stellte einen Kaffee auf Uwes Arbeitstisch ab, den dieser sofort zu schlürfen begann, ohne sich erst groß zu bedanken.
»Und?«, fragte Heiko.
Uwe zog die Augenbrauen so hoch, dass sich seine Stirn in tiefe Falten legte. Heiko verdrehte innerlich die Augen. Dieses Theater konnte er heute nun wirklich nicht gebrauchen. Die Sache mit Lisas Ex setzte ihm zu. Mehr, als er gedacht hatte. Er war wohl doch sehr verliebt in seine Kollegin. Verdammt.
Heiko seufzte.
»Und die unteren Abdrücke?«, präzisierte er dann.
»Sie sind jedenfalls nicht von Maler. Also den Brief hat er definitiv nicht geschrieben, was natürlich nicht heißt, dass er nicht auch was mit dem Mord zu tun haben könnte. Aber selbst das ist unwahrscheinlich, immerhin habe ich keine DNA-Spuren von ihm an der Axt gefunden. Aber da sind dann noch diese anderen Spuren«, dozierte der Spurensicherer und fuhr sich fahrig mit der linken Hand über die Glatze.
»Welche anderen Spuren?«, wollte Heiko wissen.
»Bisher unbekannt! Könnte auch der Mörder gewesen sein! Wenn der nicht Handschuhe getragen hat! Jedenfalls, die Fingerabdrücke auf dem Brief haben wir bisher noch nicht. Und sie sind auch nicht in der Datenbank. Aber wenn ihr mir eine Probe bringt, dann kann ich das ganz schnell abgleichen.«
»Danke, Uwe!«, meinte Lisa und strahlte.
»Und was ist mit der DNA vom Campo? Mann, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«, schnauzte Heiko.
»So weit bin ich noch nicht!«, verteidigte sich Uwe etwas verwundert. »Da kümmer’ ich mich später drum.«
»Was war das denn für ein Ausbruch?«, tadelte Lisa.
»Was? Ach, nix.«
Pause.
»Denkst du, was ich denke?«, fing Lisa dann wieder an. Sie hatte heute einen ausgesprochen neutralen Tonfall drauf, wie Heiko fand. Der Ton war nicht geschäftsmäßig, das wäre zu negativ geurteilt. Vielleicht, nun, neutral eben. Beiläufig.
Als wäre nie etwas gewesen zwischen ihnen beiden. Wobei zwischen ihnen ja tatsächlich bisher nicht viel mehr vorgefallen war als eine Knutscherei und ein bisschen Kuscheln, Dinge, die auch zwischen besoffenen 15-Jährigen auf einer Klassenparty passieren konnten. Harmlos und unschuldig. Nichtssagend. Bedeutungslos, wenn man so wollte.
»Wenn es der Maler nicht war, dann war es der Held. Oder, was denkst du?«
Heikos Bürostuhl knarrte, als er sich nach hinten lehnte. Beiläufig nahm er einen Kugelschreiber in die Hand, um ihn kurz darauf unablässig zwischen den Fingern zu drehen. Lisa schüttelte den Kopf.
»Vielleicht verrennen wir uns da in was. Der Mord muss ja nicht zwangsläufig mit der Affäre zusammenhängen! Es dreht sich schließlich nicht alles im Leben um Beziehungen, nicht wahr?« Lisa schüttelte den Kopf. »Aber wahrscheinlich ist es doch, oder findest du nicht?«
Der Kuli in
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