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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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ziehe zur Tänzerin Sonja Butterweck, die schöne Glieder und eine Vorliebe für das Wort »auftrittshalber« hat, und eheliche sie. Die DDR gibt sich eine eigene Staatsbürgerschaft. Sowjet-Einmarsch in die CSSR. My-Lai-Massaker. Attentat auf Rudi Dutschke aus Luckenwalde nahe Jüterbog. Nixon. Ussuri als Fürchtewort. Golda in Israel sieht wie Wanda aus Warschau aus. Gründung des Instituts für Informatik in Karlsruhe. Mit dem Ruf Die Amis sind auf dem Mond! holt mich Sonja Butterweck aus beseligtem Schlaf. Erster Telefonsatellit. Willi und Willy in Erfurt. Pentagon-Papers. Wegen Telekopierer und Flüssigkristallanzeige hat Frau Moeller einen Rückfall in den Börsenwahn. Coco Chanel und Chruschtschow tot. Nixon am Platz des Himmlischen Friedens. Leserbrief-Gartensträssner läse lieber über Modultechnik. Angela Davis. Watergate. Pinochet. Tunnel durch englischfranzösische Kreide. Jom-Kippur-Krieg. Nixon gibt auf, Sartre besucht Baader, Sonja Butterweck und ich streiten über Terrorismus. Wer Taschenrechner fordert, läuft westlichen Moden nach, sagt Genosse Strickland. Saigon, Helsinki, Concorde, Pol Pot. Aus Sonja Butterweck sprechen russische Stimmen; sie kocht Borschtsch, trägt Kopftuch, summt Gajaneh und ruft empört: Dieser Biermann! Es ist Ronald Slickmann, der aus ihr dringt. Wie er hineingekommen ist, will ich nicht wissen; nun hat mich O KARINA ganz. Schorsch Niklas lacht, weil wir Freizeit für Freiheit halten.Luna bringt Gestein vom Mond. Charta 77. Begin aus Polens Ghettos wird Israels Premier. Der Computertomograph. Für so ein Ding, sagt Jennifer Król, Restauratorin am Märkischen Museum, hätte sie Verwendung. Ich auch für dich, denke ich und sage es bald und werde gehört und sage es immer noch und werde längst nicht mehr gehört. Vom Moro-Mord erfährt man über Intelsat. Jähn im All. Der Ajatollah. Skylab-Absturz; John Wayne und Rudi Dutschke tot. Öl-und-Glaubens-Golfkrieg. Sacharow, Solidarność. Transitabkommen. KKW Brunsbüttel k. o.; Aufatmen in Marne nebenan. Militär in Paraderollen: Sadat-Ermordung und Jaruzelski-Regime. Wie diese in O KARINA nichts verloren haben, ist die Space-Shuttle ein gefundenes Fressen für sie. Slickmann sagt, Sonja Butterweck lasse grüßen. Und läßt fragen, ob wir nur noch über CIA-Schaluppen schreiben. Den Ausdruck bringe ich ins Blatt und wünsche Slickmann viel Vergnügen. Meteosat. Jumbo-Abschuß – O KARINA dazu mit vorsichtigem Beitrag zur Radar-Technik: Höheres Zähneknirschen. Polens Elektriker bei Polens Papst darf uns nicht scheren. Orwell-Jahr 1984. Scholochow und James Mason, den ich auf der Marszałkowska im Dunkeln traf, sind tot. ARD sendet stereo, das ZDF singt Einigkeit und Recht und Freiheit. Gorbatschows Parteitag, dann sein Tschernobyl. Die schöne Frau Seidenman auf deutsch macht mir polnische Träume. Palme ermordet. Rita Hayworth, nicht die aus den Ruhner Bergen, ist tot. Durch ein Leck im ungarischen Zaun läuft das sozialistische Lager aus. Der Platz des Himmlischen Friedens. Krenz grüßt Peking, weil Moskau keinen Sack Grütze mehr schickt. Voyager. Ceauşescu quasi live erschossen. Im letzten O KARINA -Jahr sind Salvador Dalí und Sacharow tot. Die DDR braucht nur noch zu nicken.
    Um zu zeigen, daß auch dieses Begräbnis des Spaßes nicht entbehrte, komme ich mit der Geschichte über. Sie spielte sich, was ihre Darbietung legitimieren sollte, synchron mit dem Ende der Zeitschrift O KARINA ab, trug sich also im Jahr 89 zu. Sie begann im Februar mit der Einladung des Sachbuchautoren-Sprechers zu einer Konferenz, die für Dezember in den USA geplant war, und endete mit meinem Rückflug nach Tegel.
    Von Leuten in Boston, die ähnlich den Leuten in Bonn und Berlin nicht ahnen konnten, wie die deutschen Dinge bald liegen sollten, wurde ich gebeten, als O KARINA -Vertreter an der Jahrestagung der Communications Association – auch COM-ASS genannt – teilzunehmen. Für so etwas hatten wir Geld. Jedenfalls im Februar. Im Dezember, als ich von Berlin-West nach USA-Ost startete, stand weniger das Geld als das Leben in Frage. Für mich, nicht für Amerika. Und ein wenig für unseren Botschafter dort. Er fing mich in New York ab und chauffierte mich eigenhändig nach Boston. Weshalb die Mühe? Die Kommunikation mit der Heimat klappe nicht; unklar sei sogar, wieweit die Heimat noch seine sei.
    Ob er ein guter, ob ein schlechter Fahrer war, weiß ich nicht. Er war aber ein guter Frager. Als wir den COM-ASS --Ort erreichten, kannte

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