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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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gerettete Vogel im Korb. Zuerst im Kajak- und Kistenkeller, dann vor dessen offener Luke auf dem Rasen. Schon um die bibbernde Kreatur für die spärliche Sonne erreichbar, aber auch, um ihren Startflug nicht allzu steil zu machen, kippte ich das Behältnis um und drehte es nach dem Sonnenstand, wie ich es von George Bernard Shaw und seiner Arbeitshütte kannte. In meiner Arbeitshütte geschah von den Ideen her an diesen Tagen nicht viel. Weil ich das Gelaß der Möwe drehen oder nach ihrem Futter sehen oder einfach prüfen mußte, ob sie endlich mit den wiederbelebten Flügeln schlage. Am Abend des dritten Tages kehrten meine Frau und unsere Kinder heim und begehrtennach meinem Bericht, den ich zugunsten seiner Verträglichkeit von literarischen und politischen Problemen wie auch von den Nachbarn gereinigt hatte, das schiffbrüchige Tier unverzüglich zu sehen. Den armen Robinson, sagte der Sohn; die bedauernswerte Robinie, sagten die Töchter; die erbarmenswürdige Robinsonja, sagte Jennifer Król, die sich solche Gelegenheiten nicht entgehen ließ. Wir zogen noch einmal das Winterzeug an und zogen, von mir mit einer Taschenlampe geleitet, hinters Haus zum Keller, zur Luke und zum Korb. Der war leer, die Schale mit dem Gehackten auch und auch das Schüsselchen, dessen Wasser ich mit einem Schüßchen Branntwein frostresistent gemacht hatte. So weithin ich auch den Rasen und das Eis ableuchtete, die Möwe war fort. Geblieben waren nur leere Behältnisse und mir die Idee von mir als großem Helfer.
    Frau und Kinder besprachen den Vorfall nicht weiter. Sie standen, mich betrachtend, aufgereiht wie die Wasserpolizei, und in ihren ununterschiedlich schönen Zügen lag, wenn der Schein der Lampe nicht trog, ein entrücktes Befremden, das präsidial zu nennen mich nur ihre entschiedene Jugend hindern konnte.

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    Soweit die Farce, nun will das Bubenstück in seine Rechte. Es begann wie vor ihm andere mit einem Artikel in einem dieser Blätter in einer dieser Serien. Unter dem Titel Dein unbekannter Bruder , der bei Hamburgs Erzkommunisten Bredel entlehnt war, aber vor allem Frauenrechtlerinnen-Proteste nach sich zog, führte die Redaktion den Altbürgern vor Augen, mit welcher Art Neubürger man sie vereinigt hatte. Ich war dem enthüllenden Haus nur einer von vielen Schurken, doch fühlte es sich speziell durch meine Mitgliedschaft in der vorgezeigten Kette versucht, vorsichtig von Vereinigung mit kriminellen Elementen zu sprechen.
    Es folgte meine Vita in Benennungen, die auf mich als wüsten Hallodri hinausliefen. Obwohl zeitweilig unter schwerstem Verdacht, sei ich von polnischen Behörden im ehemaligenGestapo-Spezialfahrzeug (»Grüne Minna«) ins ehemalige SS-Speziallager Genschuwka überstellt worden, wo ich heimwehkranke Kameraden mit zynischen Reden drangsalierte. Klassischen Mustern eines abenteuernden Quislingtums folgend, hätte ich einerseits offene Kontakte zum Geheimdienst der Verwahrmacht nicht gescheut und andererseits den Schein einer eigenwilligen Selbständigkeit erweckt. Vorerst sei weder meine Rolle in der Mikołajczyk-Affäre geklärt, noch die in einer Operation gegen den Residenten des Internationalen Roten Kreuzes, doch gelte als belegt, daß ich bei Willy Brandts umstrittenen Kniefall die Hände im Spiel gehabt habe. »Auch gibt der Umstand«, so ein deutscher Beamter, »daß der angebliche Gefangene in Warschau den Agentenfilm They Met in the Dark besuchte und es wagte, in unmittelbarer Nähe des polnischen Staatspräsidenten von der offiziellen Oder-Neiße-Argumentation abzuweichen, zwingend Anlaß, dem weiter nachzugehen.«
    Zumal ich, wie es hieß, nach meiner Heimkehr auf Weisung der westdeutschen KPD in die Sowjetzone gegangen sei, wo ich ungewöhnliche Verbindungen zu Anarchisten und KP-Oppositionellen wie andererseits zu hohen Stasi-Leuten knüpfte. Obwohl bislang nichts Genaues über meinen Anteil an einer verdeckten Begegnung zwischen SED-Chef Ulbricht und dem westdeutschen (Ex-)Kommunistenführer Brandler oder an der Sowjet-Attacke gegen US-Nachrichteninstallationen in Westberlin gesagt werden könne, gelte meine Verbindung zu einer der Hauptpersonen des Kabel-Zwischenfalls als aktenkundig. Diese Vopo-Leutnantin F., zu der ich nach ihrer fingierten Republikflucht zum Schein die Beziehungen abgebrochen habe, sei zeitgleich mit der Tunnel-Affäre bei einem mysteriösen Unfall ums Leben gekommen.
    Nach halblegalem Fernstudium bei dem nicht unumstrittenen Informatikprofessor Niklas hätte

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