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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Erfindungenanzugehen suchte, ebenso. Mehrmals hatte ich das Glück, in Lagen von unschönster Natur an Damen von schönster Natur zu geraten. Einige Male traf ich dort, wo mir hätte grauen sollen, auf splendide Weiblichkeit, die meinen Untergang hinausschob, indem sie sich zwischen mich und das Grauen schob und mir mit sich so zu tun gab, daß ich, was nach mir faßte, nur zu Teilen erfaßte. Woraus sich ein Unernst ergab, für den ich dankbar bin. Was ich der Lieblichkeit an Augenmerk lieh, wurde dem Horror abgezogen. Der Schreck halbierte sich nicht; doch brach es ihm die Spitze. Beim Speer z. B. fällt solche Teilung ins Gewicht.
    Im Kombinat für die Resortierung versprengter Güter , das wir zugunsten dieser Überlegung für einen Augenblick verließen, war nicht zu übersehen, daß es um kritische Mengen ging. Ein Major und ein Hauptmann versuchten mit militärpolizeilichem Eifer, als fehlend Gemeldetes im Zustand seines Fehlens festzustellen. Bei Erfolg hätte es neben einem polnischen, zwei bayerischen, einem sächsischen und einem vorgeblich niedersächsischen zweifellos auch meinem friesischen Arsch gegolten.
    Dies angemessen ängstlich zu würdigen, hinderte mich ein anderer Hintern. Genauer, von einer Amtsperson der ganze ganz erstaunliche Körper, den ich fraglos zu persönlich nahm. Wiewohl die Person fraglos mit mir kommunizierte. Auch wenn ich in Kommunikation noch kein Fachmann war, ein junger Mann war ich hinlänglich. Man muß von Körpersprache nichts wissen, um Signale zu lesen, die ein Leib aussendet, den Rodin aus der Kunst ins Leben geholt haben könnte. Man muß nicht Rilke sein, damit Pantherisches in einem losgeht, wenn man vorbeigeht an einer, die hingegossen steht an einen Stapel Stückgut, Sojabohnen im gegebenen Falle, und nicht nur zu Buch nimmt, daß eine entlastete Kiste an ihr vorbeigetragen wird, sondern auch gewahrt, wie gern sich der Träger als Last verstünde.
    Sonarisch ging es zu, weil ich, auch wenn ich kein Lied pfiff oder Locklaute schnalzte, übergenug Schallwellen ins Operationsgebiet sendete. Meine Trägerschuhe schlugen wie Bockshufe auf den Beton. Knöchel und weiteres Gebein kreischtenProtest, weil sie von mir, wenn wir in Höhe der Oberleutnantin waren, enorm herangezogen wurden. Muskeln, unter deren Einsatz ich, sieh her, Genossin Leutnantowa, die bereits kontrollierten Kollis lachhaft leicht erscheinen lassen wollte, sangen vor verhohlenem Aufwand wie überdehnte Trossen. Mein Atem ging, daß er nicht stoße, in flächendeckendes Summen über, und wenn meine Hose aus wehrmachtsdeutschem Zuckersack nicht knirschte, dann klirrte sie sicher. Fehlte nur, ich hätte Klampfentakt in die Kisten geklopft und deren eiserne Bänder wie stählerne Saiten gezupft.
    Der Zusammenhang zwischen meinem Hinundher und dem der Oberleutnantin konnte Major und Hauptmann nicht entgehen. Zumal im Fall, sie wären schon länger als ich von ihrer Schönheit überwältigt und hätten sich nur zu gern überwältigen lassen. Oder litten, obwohl Militärs, an einer Krankheit, die der Waffenträger seit dem Vorfall im Quartier von General Othello lieber auf den zivilen Sektor beschränkt sähe.
    Es ist nach wie vor nur Vermuten, doch finde ich außer Eifersucht nichts, was erklärte, warum die Suche jäh abgebrochen wurde. Längst war die Wahrscheinlichkeit des Sieges auf die Seite der Untersuchungsorgane gewechselt und die Wahrscheinlichkeit gewachsen, daß man den Bayern, den Sachsen und mir während einer nächsten Untersuchung in etliche Organe treten werde, ausgerechnet da wies der Major eine Kiste zurück und hieß der Hauptmann mich, eine andere unkontrolliert auf den kontrollierten Stapel zu hieven. Was mein Urteil über das Verhalten der uniformierten Männer besonders festigt, war ihr Befehl an die Oberleutnantin, das Protokoll abzuschließen und die Herren zum Abschlußgespräch zu begleiten.
    Obwohl man von Hypertrophien an Heikelpunkten weiß: Mir war, als hätten der Hauptmann und der Major ihrer Nachgeordneten unisono etwas Polnisches zugerufen, das mir in meiner überschärften Empfindlichkeit wie Nun machen Sie endlich Schluß, Genossin Desdemona! klingen wollte.
    Doch wurde es vom Klirren der Reifen übertönt, die mir vom Herzen sprangen und auf dem Boden der Nährmittelbaracke des Kombinats für die Resortierung versprengter Güter nur deshalb nicht wie eine Ladung Glöckchen, Tschinellen,Rasseln, Tambourins und Triangeln klangen, weil sie anders als der eine oder andere

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