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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Von-Draußen nicht durchs Tor kommen?«, fuhr Gus fort. »Wenn ihnen der Zutritt verwehrt wird?«
    Oksa strich sich mit der Hand übers Gesicht. Ihr trat plötzlich eiskalter Schweiß auf die Stirn.
    »Warum sagst du so was? Warum denkst du überhaupt so schreckliche Sachen?«
    Gus sah ihr in die Augen. Sie schauderte.
    »Ich bin nicht der Einzige, der das denkt, Oksa. Alle denken daran. Deine Eltern, meine Eltern, Dragomira … Du verdrängst diesen Gedanken nur geschickt. Aber nur weil du ihn nicht wahrhaben willst, wird er nicht weniger … wahrscheinlich.«
    »WAHRSCHEINLICH?! Aber Gus …«
    Die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Sie sah sich erschrocken um. Ihre Mutter hatte den Kopf auf die Schulter ihres Mannes gelegt, der ihr sanft über die Haare strich. Mühsam lächelte sie ihrer Tochter zu. Oksa schnürte es das Herz zusammen, schlagartig begriff sie, dass Gus’ Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen war. Sie ließ den Blick durchs Abteil wandern. Olof und seine Frau kümmerten sich um Kukka, die Fortenskys unterhielten sich im Flüsterton miteinander, Cockerell hielt die Hände seiner Frau an sich gedrückt … Bei den Treubrüchigen zeigte sich dasselbe Bild: Alle begegneten den Von-Draußen mit einer besonderen Aufmerksamkeit. Oder bildete sie sich das nur ein? Die Frage blieb unbeantwortet: Gus erstarrte plötzlich, die Hände krampfartig um die Armlehnen geklammert. Etwa wieder das Chiroptergift? »Mein Gott, bitte nicht«, flehte Oksa im Stillen.
    »WAS IST DENN DAS?«, schrie er auf einmal und sprang auf.
    Oksa sah zum Fenster hinaus. Hunderte von Tieren rannten nach Süden, und damit genau in die entgegengesetzte Richtung, in die der Zug fuhr. Schneeleoparden und ungewöhnlich kleine Pferde rannten vorneweg, gefolgt von Kamelen in unregelmäßigem Galopp, von mächtigen Bären, Schafen, Ziegen und ganzen Schwärmen aufgescheuchter Vögel. Hinter ihnen verdeckten Staubwolken den Horizont. Der Zug verlangsamte seine Fahrt, als würde der Zugführer zögern, sich dem zu nähern, was mehr und mehr wie ein unüberwindliches Hindernis aussah. Zu allem Überfluss wurde es nun auch noch in den zwei Boximinor sehr unruhig. Ihre Insassen schienen von derselben Panik erfasst zu werden wie die Steppentiere. Mittlerweile drückten sich alle Fahrgäste die Nasen an den Scheiben platt und starrten mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen auf die Staubwolken vor ihnen. Da blieb der Zug mit einem Mal stehen. Alles redete wild durchei­nander, bis die zwei Zugführer wild schreiend im Wagen auftauchten.
    »Was sagen sie denn?«, fragte Oksa. »Das ist Chinesisch. Man versteht ja kein Wort!«
    Die Erfahrensten aus beiden Clans spitzten die Ohren und versuchten mithilfe des Polyslingua zu begreifen, was los war.
    Auf einmal wurde Abakum ganz blass.
    »Der große gelbe Drache …«, übersetzte der Feenmann. »Ein ungeheurer Sandsturm.«

Der Kampf der Drachen
    D
ie gewaltigen Staubwolken kamen donnernd näher. Schon bald verfinsterte sich die Sonne, und die Dünen wurden in undurchdringliche Dunkelheit getaucht.
    »Die Wolken reichen bis in den Himmel hinauf!«, stöhnte Oksa.
    Dragomira steckte die Hand in ihre Umhängetasche. »Liebes Krakeel«, rief sie.
    Das Geschöpf nahm Habtachtstellung an.
    »Ja, Alte Huldvolle?«
    »Was kannst du uns über diesen Sturm sagen?«
    Das Krakeel sah eine Weile zum Fenster hinaus.
    »Dieser Sandsturm entfaltet eine zerstörerische Kraft. Wie Ihr seht, dehnt er sich bis zum Himmel aus. Den Rette-sich-wer-kann und den Treubrüchigen wird es nicht gelingen, den Zug darüber hinwegzuheben, wie sie es bei der Monsterwelle mit den Booten gemacht haben.«
    »Welche Tiefe hat die Sandwolke?«
    Das Wackelkrakeel spähte erneut konzentriert nach draußen.
    »Die Wolke ist etwa hundertzwanzig Kilometer tief und kommt mit einer Geschwindigkeit von hundertsechzig Stundenkilometern auf uns zu.«
    »Jetzt ist es aus!«, rief Oksa entsetzt.
    »Also bräuchten wir etwa vierzig Minuten, um den Sandsturm zu durchqueren«, rechnete Gus aus.
    Oksa erschrak. »Vierzig Minuten? Das schaffen wir nie, davor sind wir längst erstickt! Wir müssen etwas tun! Was meint ihr? Hilft es uns, wenn ich ein Gewitter heraufbeschwöre? Ich bin nämlich sowieso kurz davor, in die Luft zu gehen …«
    »Angesichts der Windstärke in der Staubwand fürchte ich, dass die zusätzliche Energie den Sandsturm nur verstärken würde«, erklärte Abakum. »Das würde alles nur verschlimmern.«
    »Und

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