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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Unordnung kommt von innen heraus, meine Kleine.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Oksa ratlos.
    »Die Unordnung kommt vom Herzen der Welt«, sagte Abakum traurig.
    »Das Herz der Welt?«
    »Das Herz der Welt … ist unsere Welt, Oksa. Edefia.«
    Die Rette-sich-wer-kann senkten die Köpfe. Eine eisige Welle erfasste Oksa. Abakums Worte hatten all ihre Fragen beantwortet, jeden Zweifel ausgelöscht. Edefia. Das Herz der Welt. Die ultimative Abhängigkeit.
    »Das heißt also, dass es Edefia schlecht geht«, erklärte Abakum niedergeschlagen. »Wer weiß? Vielleicht geht Edefia gerade unter. Und all diese Naturkatastrophen sind nur die Folge der Wirren in unserer Welt. Willst du uns etwas dazu sagen, Plemplem?«
    Der Plemplem kam zu ihnen. Er stellte sich vor Oksa und sah sie mit seinen hervortretenden Augen bedeutungsvoll an.
    »Zwei Menschen haben die Fähigkeit, die Unterbrechung des Prozesses zu bewerkstelligen.«
    »Zwei?«
    »Die Junge Huldvolle und die Alte Huldvolle müssen die Vermengung ihrer Fähigkeiten ausüben. Die Unordnung wird dem Stillstand begegnen, wenn beide die Einhaltung der Vorschriften betreiben.«
    »Welche Vorschriften?«, fragte Oksa nervös.
    Der Plemplem sah sie durchdringend an.
    »Der Gehorsam muss bedingungslos sein.«
    »Aber welcher Gehorsam?«
    »Die Alterslosen werden die Angabe von Hinweisen gewähren, und keiner wird in der Lage sein, davon abzuweichen. Edefia und die Von-Drinnen werden ein letztes Warten erfahren: Noch nie hat die Rückkehr eine solche Nähe gekannt.«
    »Die Rückkehr …«
    »Ja, Junge Huldvolle, die Rückkehr!«
    Oksa stockte der Atem. Der Plemplem hingegen wandte sich ab und trottete wieder in die Küche.
    Bald darauf zogen sich die Erwachsenen zu einer Beratung in Dragomiras Streng-vertraulichem-Atelier zurück. Die vier Jugendlichen blieben im Wohnzimmer. Gus hatte sich nicht von der Stelle gerührt, seit Oksa den Raum betreten hatte, und sie hatte keine Ahnung, was sie tun oder sagen sollte. Die Stille lastete auf ihnen. Tugdual war der Erste, der das Schweigen brach.
    »Dann sollten wir uns lieber mal ans Packen machen«, sagte er spöttisch.
    »Sehr witzig«, murmelte Gus und wollte das Zimmer verlassen.
    »Nicht besonders, nein«, entgegnete Tugdual, wobei sein Lächeln in krassem Gegensatz zu seinem kalten Blick stand. »Aber so kann man das natürlich auch sehen, warum nicht? Schließlich hast du ja nichts mit Edefia zu tun.«
    Gus blieb sofort wie angewurzelt stehen. Er sah angewidert aus. Doch bevor er reagieren konnte, mischte sich Oksa ein: »Du gehst zu weit!«
    »Warum?«, antwortete Tugdual provozierend. »Es stimmt doch, was ich sage: Unser Freund Gus kann die Tragweite dessen, was sich anbahnt, überhaupt nicht erfassen.«
    »Hör auf«, flehte Oksa.
    »Du brauchst mich nicht in Schutz zu nehmen!«, sagte Gus heftig. »Klammer dich doch an den Hals deines Superhelden und rette die Welt! Mich kannst du dabei vergessen!«
    Diese Worte trafen Oksa bis ins Mark. Leichenblass und mit steifen Schritten ging Gus an ihr vorbei. Sie wollte ihn noch zurückhalten, doch der Mut verließ sie, als sie seinen Blick sah. Es lag keinerlei Wut oder Demütigung darin. Nur tiefe Traurigkeit. In der Diele trat Gus heftig mit dem Fuß gegen die Wand. Zum einen deprimierte ihn die ganze Sache mit Oksa bis zum Äußersten, zum anderen war er frustriert, weil er nicht wie jeder andere Vierzehnjährige aus dem Haus durfte. Denn die älteren Rette-sich-wer-kann hatten den Jugendlichen aus verständlichen Gründen verboten, allein durch London zu stromern. Doch er hielt es hier drinnen einfach nicht aus, er brauchte frische Luft. Gus öffnete die Tür, trat hinaus und marschierte blindlings davon.

Schmerzhafte Erkenntnisse
    D
er kann einem wirklich auf die Nerven gehen«, sagte Tugdual seufzend, plumpste in einen Sessel und ließ ein Bein über die Lehne baumeln.
    »Du bist wohl auch noch stolz auf dich?«, brachte Oksa mühsam heraus.
    Tugdual lachte auf. Oksa vermied es, ihn anzusehen, sie war völlig verunsichert. Sie fand Tugdual anziehend und abstoßend zugleich. Was tun? Ihm eine wohlverdiente Ohrfeige geben? Dabei war die Erinnerung an seinen Kuss so schön. Wie kompliziert doch alles war … Tugdual war höllisch: sensibel und grausam, beruhigend und gefährlich zugleich. Und das Schlimmste war, dass sie sich ihm nahe fühlte – an ihn gebunden durch ein Gefühl, das stärker war als alles andere. Sogar stärker als ihre Freundschaft zu Gus – das

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