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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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sicher den Vordereingang, wir haben keine andere Wahl.«
    Und damit stürzte er sich ins Leere. Oksa rannte zum Fenster, das auf die Straße hinausging. Ihr Vater stand unten und winkte ihr, ihm zu folgen. Sie kletterte auf den Fenstersims, setzte einen Fuß ins Leere, überprüfte ihr Gleichgewicht und schwebte nach unten.

Ein Wiedersehen mit Spannungen
    D
er Ernst der Lage machte eine umgehende Versammlung aller Rette-sich-wer-kann erforderlich. Der harte Kern, bestehend aus den Pollocks, den Bellangers, den Knuts und Abakum, rief alle Rette-sich-wer-kann, von deren Existenz sie wussten, aus der ganzen Welt zusammen: Mercedica de la Fuente, die elegante Spanierin, ehemalige Dienerin des Pompaments und enge Freundin Dragomiras; Cockerell, ein in Japan lebender Brite, früherer Schatzmeister der Familie der Huldvollen und nun seines Zeichens Bankier; Bodkin, ein ehemaliger Goldschmied, der sich als Juwelier in Südafrika niedergelassen hatte. Drei Personen, die ihr volles Vertrauen genossen und sich auf erfolgreiche Weise im Da-Draußen integriert hatten – was wäre ihnen auch anderes übrig geblieben? Den brennenden Wunsch, in ihre Heimat Edefia zurückzukehren, hatten sie jedoch nicht aufgegeben. Dazu gesellte sich noch Tugdual, der geheimnisvoll und etwas düster wirkende Enkel der Knuts: Er war kurz nach ihnen eingetroffen und schaffte es sofort wieder, Verwirrung im Herzen der Jungen Huldvollen zu stiften.
    »Hallo, Kleine Huldvolle!«, sagte er zu ihr, nachdem er alle anderen Rette-sich-wer-kann auf seine übliche lässige Art begrüßt hatte.
    Er kam auf sie zu, und eine Schrecksekunde lang dachte Oksa schon, er werde ihr ein Küsschen auf die Wange geben. Doch dann begnügte er sich damit, sie aus seinen stahlblauen Augen intensiv anzusehen. Oksa wurde knallrot und hasste sich dafür. Tugdual grinste, was Oksa erst recht stinksauer machte, dann wandte er endlich den Blick ab.
    »Jetzt haben wir also den Schlamassel«, sagte er.
    »Das ist wahrlich nicht der Moment für ironische Bemerkungen«, entgegnete sein Großvater Naftali eisig.
    Der düstere junge Mann erwiderte seinen Blick mit einer Mischung aus Überdruss und Aufsässigkeit.
    »Ich habe die ganze Zeit gesagt, dass wir uns auf das Schlimmste gefasst machen sollten«, sagte er und strich sich dabei unbekümmert die Fussel von seinem schwarzen Hemd. »Aber niemand wollte mich ernst nehmen. Oder vielleicht sollte ich besser sagen: Niemand wollte ihn ernst nehmen. Orthon nämlich.«
    »Orthon ist tot, wenn ich dich daran erinnern darf!«, stellte Mercedica in spitzem Ton fest und bedachte den jungen Mann mit einem herablassenden Blick.
    Tugdual erwiderte ihn mit selbstbewusster Miene. Er war nicht der Typ, der sich leicht aus der Fassung bringen ließ.
    »Was mich angeht, so bezweifle ich das«, hielt er der hochmütigen Spanierin entgegen. »Das Übel existiert auch über den Tod hinaus und richtet weiter Schaden an. Das Böse stirbt nie, und was wir gerade erleben, ist doch der Beweis dafür, oder etwa nicht?«
    Seine Frage blieb unbeantwortet.
    »Das ist nicht das Problem«, sagte Mercedica schließlich in die lastende Stille hinein.
    Abakum und Naftali rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen herum. Offensichtlich waren sie anderer Meinung.
    »Ganz im Gegenteil, genau das ist das Problem, meine liebe Mercedica«, widersprach der große Schwede. »Orthon ist für das verantwortlich, was in diesem Augenblick passiert. Ich bin mir sicher, dass Remineszens nur infolge der höchstpersönlichen Bemühungen ihres Zwillingsbruders eingemäldet worden ist.«
    »Wie sollte das möglich sein?«, fragte Mercedica verwundert, und ihre Finger mit den rot lackierten Nägeln umklammerten die Armlehnen ihres Sessels. »Das Herz-Erforsch täuscht sich nie.«
    »Anscheinend doch, meine Liebe!«, erwiderte Abakum. »Aber wir müssen uns jetzt an Orthons Stelle versetzen. Man muss seine Feinde verstehen, wenn man sie besiegen will.«
    »Wie wollt ihr denn eure Feinde besiegen?«, schleuderte ihm Tugdual entgegen. »Ehrlich gesagt, als tapfere Soldaten unserer Sehr Jungen Huldvollen kann ich mir euch nicht gerade vorstellen. Ihr habt doch noch nie einer Fliege etwas zuleide getan.«
    Die betretenen Blicke der Rette-sich-wer-kann wanderten zwischen Abakum und Tugdual hin und her.
    »Bisher hat auch noch keine Fliege jemandem, der mir nahesteht, nach dem Leben getrachtet«, erwiderte Abakum mit erstaunlicher Ruhe. »Aber wenn eine auf die Idee käme, dann würde es sie

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