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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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stumm, bevor Orthon den Arm um ihn legte.
    »Du hast es endlich verstanden, nicht wahr?«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Jeder Widerstand ist zwecklos, du bist mein Sohn.«
    Er drückte fester zu.
    »Du tust alles, was ich sage, nicht wahr?«
    Tugdual entspannte sich plötzlich und senkte den Kopf.
    »Ja, Vater.«

Die Entstehung eines modernen Mythos
    D er Trupp der fabelhaften Fünf arbeitete ununterbrochen, alle hatten schon rote Augen von den vielen Stunden, die sie vor den Computerbildschirmen verbrachten. Wenn sie nicht gerade ein Stromausfall zwang, sich auszuruhen, gönnten sie sich kaum eine Pause. Und ihre Bemühungen trugen Früchte.
    Wenn man wusste, was man suchte, war das Internet sehr nützlich. Ausgehend von den Gefängnisausbrüchen, über die im Radio und Fernsehen ausführlich berichtet worden war, sammelten Oksa und ihre Freunde möglichst viele Informationen, die damit im Zusammenhang stehen konnten. »Kein Rauch ohne Feuer«, sagte die Junge Huldvolle häufig. Und so vergrößerte sich ihr Wissen dank Dutzender Videos, Zeugenaussagen und Amateurfotos, die im Netz kursierten, von Tag zu Tag. Mehrere Gefängniswärter, die zum Zeitpunkt der Ausbrüche im Dienst gewesen waren, hatten ihre Zeugenaussagen anonym publik gemacht, weil die Behörden alles als Hirngespinst abgetan hatten. Was ein Glücksfall für die Rette-sich-wer-kann war, denn so bekamen sie Auskünfte aus erster Hand.

    Auch wenn man diesen Aussagen offiziell keinen Glauben schenkte, nahm man sie hinter den Kulissen doch sehr ernst. Überall auf der Welt wurden von den zuständigen Untersuchungsbeamten dieselben Schlüsse gezogen wie von den fabelhaften Fünf:
    Erstens: Die entflohenen Häftlinge hatten alle für Schlagzeilen gesorgt, als sie für ihre jeweiligen Straftaten verurteilt worden waren.
    Zweitens: Alle Ausbrüche hatten nachts stattgefunden.
    Drittens: Jedes Mal war der Stromkreis des Gefängnisses unterbrochen worden – allerdings ohne menschliches Zutun, ohne Sprengstoffe und ohne andere etwaige Manipulationen.
    Viertens: Keinem Labor gelang die Analyse des Stoffes, der die Gitterstäbe verflüssigt beziehungsweise das Metall der Türen mit dem Mauerwerk verschmolzen hatte.
    Fünftens: Die Gefängniswächter wurden alle unvermittelt entwaffnet und durch die Luft geschleudert, als seien sie, wie sie sämtlichst zu Protokoll gaben, »von einer unsichtbaren Kraft angegriffen worden«.
    Sechstens: Trotz der Dunkelheit sagten viele Zeugen aus, dass sie vier menschliche Gestalten in der Luft über dem Gefängnis gesehen hätten, die anschließend am Himmel verschwunden waren.

    Diese Beobachtungen bestätigten die Theorie der Rette-sich-wer-kann.
    »Die Säuregranuks, mit denen die Treubrüchigen den Schutzschirm um Die-Goldene-Mitte zerstört haben, sind das einzige Mittel, um Stahl und Stein so wirkungsvoll miteinander zu verbinden, oder?«, fragte Oksa in die Runde.
    Abakum nickte. »Das würde ich auch so sehen, meine Junge Huldvolle.«
    »Na, hoffentlich hat Orthon keinen allzu großen Vorrat davon!«, rief Oksa. »Sonst kann er sich ja an allen Banksafes der Welt vergreifen!«
    »Oder sich Zugang zu den Kernkraftwerken verschaffen«, fügte Gus hinzu.
    Erschrocken sah Oksa ihn an.
    »Vielen Dank für deine ermutigenden Worte, Gus.«
    »Aber es stimmt doch?«
    »Ja, leider, Gus. Leider«, wandte Abakum ein.
    »Und was hat es mit den vier Gestalten auf sich?«, fragte Marie.
    Oksas Mutter saß auf dem Sofa. Sie war noch nicht vollkommen genesen, aber alle freuten sich, dass es ihr mit jedem Tag besser ging. Als Pavel ihr helfen wollte, sich bequemer hinzusetzen, hielt sie ihn mit einer zärtlichen Geste zurück.
    »Nun, was haltet ihr davon?«
    »Orthon und der Häftling, Gregor und … Tugdual«, sagte Pavel und warf seiner Tochter einen vorsichtigen Blick zu, wie jedes Mal, wenn jemand diesen Namen erwähnte.
    »Ihr dürft aber nicht vergessen, liebe Freunde, dass wir Orthon gegenüber einen großen Vorteil haben«, bemerkte Abakum.
    »Glaubst du?«, sagte Oksa zweifelnd.
    »Selbst wenn Orthon eine Armee zusammenstellt, sind sie insgesamt nur drei Von-Drinnen: er selbst und seine beiden Söhne.«
    »Das stimmt, wir sind viel mehr!«, sagte Gus. »Obwohl ich ja nicht mitzähle.«
    »Ja, man fragt sich wirklich, was du hier zu suchen hast«, versetzte Oksa spöttisch. »Mal ehrlich, du hättest längst deine Siebensachen packen und dich aus dem Staub machen sollen, weit weg von hier. Ab in dein Gelobtes Land der

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