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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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besorgten Blick zu. Ihre Zuneigung für ihn, die tiefe Bindung, die weit über ihre Verwandtschaft hinausging, war von den Ereignissen der letzten Monate unberührt geblieben. Mortimer hatte seine Entscheidung getroffen, und auch ihn hatte das sehr mitgenommen. Es kostete ihn enorme Anstrengung, sich nichts anmerken zu lassen, das wusste sie. Nur schade, dass Gus nicht mehr Verständnis für ihn aufbrachte.
    »Auf unserer Liste stehen schon drei Informatik-Cracks«, fuhr Mortimer jetzt fort. »Zwei sind in Amerika aus den Gefängnissen von Attica und Rikers Island ›befreit‹ worden, der dritte, ein Koreaner, ist seit einigen Tagen verschollen. Niall Monroe könnte der Vierte im Bunde sein, was meint ihr?«
    »Bestimmt hast du recht!«, sagte Oksa.
    »Das ist garantiert genau der Richtige für Orthons Zwecke«, überlegte Zoé.
    »Jedenfalls ist er bestimmt in der Lage, eine Katastrophe auszulösen«, stimmte Gus ihr zu.
    Er blätterte seine Notizen durch und zog ein Blatt hervor.
    »Wir sind noch auf etwas anderes Interessantes gestoßen, eine Art modernen Mythos, der sich offenbar in Windeseile verbreitet. Angeblich sollen übernatürliche Wesen hinter alldem stecken.«
    Entsetzt blickten die anderen sich an. Übernatürliche Wesen? War man der Wahrheit schon so dicht auf der Spur?
    »Wartet, das ist nicht alles, das Gerücht geht noch weiter. Manche sagen, die Wesen wären aus einer anderen Welt gekommen, um ihre Gefährten aus der Gefangenschaft zu befreien.«
    »Wow!«, stieß Oksa aus.
    Alle brüteten still vor sich hin, als Gus plötzlich ausrief: »Moment mal! Was, wenn die Flüchtigen nun wirklich nach Da-Draußen geschleuste Edefianer wären, wie es die Rette-sich-wer-kann jahrelang waren? Was, wenn sie
echte Treubrüchige
wären?«

Eine Kettenreaktion
    D ie entflohenen Häftlinge sollen Von-Drinnen sein?«, fragte Oksa entsetzt. »Schlimmer ginge es ja gar nicht! Bisher sind wir immer davon ausgegangen, dass es nur eine Handvoll Treubrüchige im Da-Draußen gibt, nämlich Mercedica, Lukas, Agafon und ihre Nachkommen. Aber woher sollen wir wissen, dass es nicht noch mehr sind? Und dass die befreiten Gefangenen nicht so sind wie wir?«
    »Dann wären sie doch schon längst ausgebrochen, oder?«, gab Zoé zu bedenken. »Bei all ihren Fähigkeiten wäre das ein Kinderspiel für sie gewesen! Dann hätte Orthon keinen solchen Aufwand betreiben müssen.«
    »Oder sie wären gar nicht erst geschnappt worden!«, meinte Gus.
    »Stimmt«, gab Oksa zu. »Vielleicht machen wir uns umsonst Sorgen.«
    »Vielleicht«, sagten Gus und Zoé wie aus einem Mund und lächelten, weil sie genau gleichzeitig geantwortet hatten.
    »Und du, Mortimer? Was hältst du von der Sache?«, fragte Oksa neugierig.
    Mortimer fuhr sich mit der Hand durch die kurz geschnittenen Haare.
    »Mein Vater war …, ist ein Mann mit einem so aufgeblasenen Ego, dass es ihm schwerfällt, nicht mit seinen Fähigkeiten anzugeben«, sagte er leise und ziemlich bedrückt. »Es wundert mich, dass er sie überhaupt so lange geheim halten konnte. Wenn es außer ihm noch mehr Von-Drinnen gäbe als die, die wir schon kennen, hätte er das bestimmt nicht für sich behalten. Ich glaube, dass ich das wüsste.«
    »Immerhin hat er lange Zeit für sich behalten, dass er einen dritten Sohn hat«, murmelte Gus und wandte sich wieder seinem Computer zu.
    Betreten senkte Mortimer den Kopf. Man musste nicht besonders empfindsam sein, um zu sehen, dass die wenig einfühlsame Bemerkung ihn verletzt hatte. Er ballte die Fäuste, stand auf und ging hinaus, nachdem er seine Getränkedose mit einem kräftigen Fußtritt quer durch den Raum befördert hatte.
    Oksa applaudierte sarkastisch.
    »Bravo, Gus! Bravo, und herzlichen Glückwunsch zu deinem sagenhaft feinfühligen Kommentar! Manchmal fragt man sich ja wirklich, auf wessen Seite du stehst.«
    Gus erstarrte. »Die Frage hättest du dir besser mal in Bezug auf jemand anders stellen sollen, oder nicht?«
    Oksa wusste, wie verletzend Worte sein konnten, verletzender und bösartiger als so mancher Faustschlag.
    Was Gus gerade gesagt hatte, würde sie zwar nicht umbringen, aber es tat schrecklich weh. Als Zoé die zornige und zugleich betroffene Miene ihrer Freundin bemerkte, zog sie es vor, ebenfalls aus dem Zimmer zu gehen, und bedeutete Kukka mitzukommen.
    Oksa kauerte sich auf ihrem Stuhl zusammen, schlang die Arme um die Knie und starrte auf Gus’ glänzende schwarze Haare. Anstatt ihm jedes Haar einzeln auszureißen, wie

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