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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Zugänge zur Stadt, und Spezialisten aus aller Welt untersuchen die Bevölkerung. Handelt es sich um eine psychische Nachwirkung der Naturkatastrophen? Um ein außer Kontrolle geratenes biologisches Experiment? Oder schlicht um ein Virus? Verschiedene Hypothesen zu den Ursachen dieser dramatischen Entwicklung sind zurzeit im Umlauf.«

    »Das war Orthon«, rief Oksa. »Er steckt hinter der ganzen Sache!«
    Abakum strich sich mit besorgter Miene über den kurzen Bart. Keiner der Rette-sich-wer-kann und der Abgewiesenen, die im großen Wohnzimmer des Feenmannes um den Fernseher saßen, sagte etwas. Doch aus ihren Blicken sprach die Überzeugung, dass niemand außer dem Treubrüchigen der Grund für ein derartiges Phänomen sein konnte.
    »Durchscheinende. Er hat neue Durchscheinende erschaffen.«
    Zoés Worte klangen ruhig, fast gleichgültig. Doch die Anspannung, die sich auf ihrem blassen Gesicht abzeichnete, zeigte, dass ihre Gelassenheit nur vorgetäuscht war.
    »Unmöglich!«, warf Oksa ein. »Ich … ich habe doch den letzten Durchscheinenden getötet. Die Crucimaphilla hat ihn in ein schwarzes Loch gesogen, und er ist explodiert, es war nichts mehr von ihm übrig.«
    »Aber an dem, was in dieser Stadt passiert, können nur Durchscheinende schuld sein«, wandte Zoé ein. Sie konnte die Augen nicht vom Fernseher lösen: Auf die Nachrichten folgte eine weitere Reportage über die Ereignisse in Castelac.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit herauszufinden, woran wir sind: Wir müssen uns das Ganze vor Ort ansehen«, entschied Abakum.
    »Wirklich?«, rief Oksa. »Wir reisen dahin?«
    Pavel seufzte übertrieben. »Na los, Junge Huldvolle, pack deine Tasche«, antwortete er.
    Besorgt sah Oksa Zoé an. Ihre Freundin wich ihrem Blick erst aus, doch dann erwiderte sie ihn fest entschlossen. Sie trat auf Oksa zu und flüsterte: »Mach dir keine Sorgen. Nach dem, was ich bisher überstanden habe, halte ich das hier auch noch aus. Vergiss nicht, dass ich eine Rette-sich-wer-kann bin und dazu ein Huldvolles Herz habe.«
    »Ich vergesse es nicht«, antwortete Oksa in demselben vertraulichen Ton.

    Das Vorhaben wurde schon am selben Abend in die Tat umgesetzt. Da die Fluglinien noch nicht alle wieder in Betrieb waren, entschieden sich Abakum, Pavel, Oksa, Zoé und Mortimer dafür, in der Dunkelheit in großer Höhe zu vertikalieren.
    Das war natürlich riskant, doch es stand ja auch viel auf dem Spiel.
    »Orthon hat ebenfalls seine magischen Fähigkeiten eingesetzt, um diese ganzen Verbrecher aus dem Gefängnis zu befreien!«, bemerkte Pavel. »Uns kann nicht viel passieren. Schlimmstenfalls entdecken sie uns, und ihm wird es angekreidet!«
    Die fünf hoben direkt vom Silo ab und stiegen mit einer solchen Geschwindigkeit senkrecht in die Höhe, dass man sie sowieso kaum hätte bemerken können. Abakum überraschte alle mit einem neuen Befähiger, der eine spektakuläre, aber leider sehr flüchtige Wirkung besaß: dem Grammierer. Er schmeckte wie überreife Trauben und verwandelte vorübergehend sein Körpergewicht von Kilogramm in Gramm! Und so wog der Feenmann, der sich auf Pavels Rücken festgeschnallt hatte, nicht mehr als eine Tomate.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Grammierer unter solchen Umständen zum ersten Mal einsetze!«, murmelte er.
    Doch nicht nur der neue Befähiger versetzte sie in Erstaunen. Oksa verschlug es die Sprache darüber, dass sie sich mühelos so weit oben in der Luft bewegen konnte. Sie hätte erwartet, dass ihr das Atmen schwerfallen und sie sich zu Tode frieren würde, wenn sie höher flog als ein Flugzeug, doch so war es nicht. Zum Spaß drehte sie ein paar Pirouetten – so gut beherrschte sie das Vertikalieren inzwischen. Dann legte sie die Hände an den Mund und brüllte ihrem Vater zu: »Ich komme mir vor wie Superman! Glaubst du, wir könnten die Atmosphäre durchdringen und im Weltraum vertikalieren?«
    Pavel, der die Arme eng an den Körper gelegt hatte und fast waagerecht durch die Luft sauste, brüllte zurück: »Darüber reden wir später, Oksa. Konzentrier dich jetzt lieber!«
    Die Junge Huldvolle versuchte, eine möglichst aerodynamische Position einzunehmen, und flog weiter. Sie passierten eine Wolke nach der anderen, mal waren diese lockerer, mal dichter, doch immer hinterließen sie einen Feuchtigkeitsfilm auf ihrer eiskalten Haut. Unten am Boden tauchten gelegentlich verschwommene Lichter auf. In den Städten schliefen die Menschen, und niemand wäre auf die Idee gekommen,

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