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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Rette-sich-wer-kann senkten die Köpfe. Hinter ihnen und um sie herum, überall, drängte die Menge immer heftiger nach vorn, magisch angezogen von der Bühne wie die Motten vom Licht.
    Nichts anderes zählte mehr.
    Trotz der Kälte.
    Trotz der wirbelnden Schneeflocken, die auf der Haut brannten.
    20 .
    19 .
    18 .
    Der ohrenbetäubende Lärm schwoll noch an. Die Menge war wie eine einzige unkontrollierbare Flutwelle von gewaltigem Ausmaß.
    9 .
    8 .
    7 .
    Oksa ergriff Mortimers und Zoés Hand und drückte sie fest.
    2 .
    1 .
    Die Bühnenscheinwerfer gingen aus, es war stockdunkel. Dann erklang ein ungeheuer lauter Donnerschlag, gefolgt von Blitzen aus Stroboskoplicht. Alle versuchten, die Ankunft ihres Idols zu sehen, das sie jetzt schon in Trance versetzte.
    Als das Scheinwerferlicht gleißend hell wieder anging, stand er da.

Im Bann
    O ksa hatte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Instinktiv fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen und spürte die Stelle, wo sie sich versehentlich gebissen hatte. Aber was machte das schon? Sie kannte nur einen einzigen Schmerz: den, Tugdual gerade mal ein paar Meter entfernt auf der Bühne stehen zu sehen.
    Nie hatte er besser ausgesehen als in solchen Momenten, wenn er diese zugleich arktische und glühende Ausstrahlung hatte – Eis konnte so heftig brennen wie Feuer. Er war noch dünner geworden, und die kurzen Haare verbargen nun nichts mehr von seinen hohlen Wangen, den tief liegenden Augen und den zahlreichen Piercings, die im gleißenden Scheinwerferlicht wie winzige Pailletten auf seinem Gesicht glitzerten.
    Oksa zitterte. Mortimer und Zoé verschränkten die Finger mit ihren noch fester, sowohl aus Zuneigung als auch aus Vorsicht, um sich inmitten der brodelnden Menge nicht zu verlieren. Die ersten Akkorde von
Hold On
erschallten am Ufer der Niagarafälle, einten die Menge, die beim Refrain begeistert mitsang. Als Tugdual sich am Ende des Songs ans Klavier setzte, erreichten das Kreischen und Schluchzen einen neuen Höhepunkt. Einige Mädchen weinten so hemmungslos, dass ihnen die Schminke wie ein schmutziges Rinnsal über die Wangen lief. Unter anderen Umständen hätte Oksa sicherlich schallend gelacht, da ihr so ein albernes Verhalten schon immer zuwider gewesen war.
    Im Wechsel zwischen Pop-Rock-Rhythmen und von düsterer Melancholie getragenen Balladen folgten die Songs aufeinander. Das gebannte Publikum spürte weder die Kälte in der Luft noch die eisigen Schwaden, die von den Wasserfällen aufstiegen, sondern sang inbrünstig mit Tugdual mit. Neben den Ordnern, die das Geschehen mit unbeteiligten Mienen beobachteten, waren Mortimer, Zoé und Oksa die Einzigen, die sich nicht von der Partystimmung anstecken ließen.
    »Irgendwas wird passieren«, sagte Mortimer nervös.
    Oksa und Zoé konnten nicht anders, als ihm mit einem bangen Gefühl zuzustimmen. Orthon hatte garantiert nicht so viele Mittel und so viel Energie eingesetzt, nur um ein harmloses Konzert zu veranstalten.
    Nach zwei Stunden brach die Musik ab, und Tugdual bat übers Mikrofon um Ruhe.
    »Bevor ich euch verlasse …«, hob er an.
    Tausende von Protestschreien brachen los.
    »Bevor ich euch verlasse«, setzte er erneut an, »spielen wir ein neues Stück, das ich speziell für euch alle, die ihr heute Abend gekommen seid, geschrieben habe.«
    Oksa erschauderte. Tugdual schaute in ihre Richtung.
    Oder, genauer gesagt: Sein Blick ruhte auf ihr. Die Junge Huldvolle kämpfte mit den Gefühlen, die in ihrem Herzen tobten, und versuchte, in dem Blick, mit dem er sie unverwandt ansah, etwas zu lesen. Und sie erkannte deutlich seine unter einer Maske erstickte Qual.
    Mortimer und Zoé rückten so nah an sie heran, dass sich ihre Schultern berührten. Es fehlte eigentlich nur noch, dass Tugdual Oksa auf die Bühne bat. Doch stattdessen führte er das kleine, an seinem Hemdkragen befestigte und mit einem Sender im Ohr verbundene Mikrofon an den Mund und murmelte ein paar Worte hinein.
    »Der gute Junge braucht Input vom Herrn Papa«, murmelte Zoé abfällig.
    Endlich löste Tugdual den Blick von Oksa, setzte sich ans Klavier, verständigte sich per Blickkontakt mit seinen Bandmitgliedern und fing an zu singen. Die Großleinwand hinter ihm zeigte Bilder, die den drei jungen Rette-sich-wer-kann auf Anhieb irgendwie seltsam vorkamen.
    »Schaut nicht auf die Leinwand«, warnte Mortimer die beiden Mädchen. »In den Bildern stecken garantiert allerlei unterschwellige Botschaften, seht nur!«
    Entsetzt

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