Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
Vom Netzwerk:
Regierung – zu ernennen. Sie seufzte.
    »Gibt es ein Problem?«
    Sie drehte sich um und sah Tugdual an. Er hatte sich bequem auf ihrem Bett ausgestreckt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Beine übereinandergeschlagen.
    Oksa stemmte die Hände in die Hüften. »Fühl dich wie zu Hause!«
    »Es ist so schön bei dir«, entgegnete Tugdual grinsend.
    »Ist der junge Herr mit seinen Gemächern etwa nicht zufrieden?«
    »Doch, doch. Aber deine Räume sind immer noch die schönsten von allen.«
    Oksa zuckte die Schultern. Bei dem Versuch, Tugdual von ihrem Bett zu werfen, schaffte sie es nur, ihn näher zu sich herzuziehen. Also blieb sie auf dem Bauch liegen, stützte die Ellbogen auf die seidene Tagesdecke und blickte sich nachdenklich um. Nachdem Ocious und die Treubrüchigen vertrieben worden waren, hatten die Rette-sich-wer-kann die oberste Etage bezogen, die von jeher der Huldvollen und ihren Nächsten vorbehalten war. Ein Teil der Memothek sowie der Gemächer auf diesem Stockwerk waren beim Großen Chaos zerstört und später, als Ocious die Macht ergriffen hatte, wieder instand gesetzt worden. Oksa liebte ihr Zimmer über alles: die unterschiedlichen Ebenen, die den riesigen Raum in verschiedene Einheiten unterteilten, eine davon so prächtig wie die andere, sowie die Kristallsäulen und die Mosaiken aus Glas an den Wänden. Natürlich waren sie nicht mehr neu, hier und da fehlten sogar Teile, aber trotzdem war alles noch sehr schön. Oksa bedauerte nur, dass es in diesem von Steinen dominierten Reich nicht mehr Grün gab. Doch das sollte sich bald ändern, jedenfalls nahm sie es sich fest vor.
    Im Augenblick gab es allerdings Wichtigeres zu tun – was Tugdual nicht entging.
    »Also, was ist nun das Problem?«
    Oksa zögerte kurz, bevor sie antwortete: »Ich weiß einfach nicht, wie ich das alles hinkriegen soll.«
    Tugdual warf ihr einen aufmunternden Blick zu.
    »Du machst das bestimmt ganz prima, da bin ich mir sicher. Und du darfst nicht vergessen, dass du nicht allein bist. Du kannst den Menschen um dich herum voll vertrauen, sie wollen nur dein Bestes und das Beste für Edefia. Daran darfst du nicht zweifeln.«
    Bei diesen Worten setzte Oksa sich abrupt auf.
    »Was soll das heißen, dass ich nicht daran zweifeln darf?«
    »Hier gibt es nur einen, der das darf, und das bin ich«, antwortete Tugdual leise.
    Oksa sah ihn an, doch er wich ihrem Blick aus.
    »Zweifelst du? An mir?«
    Ihre Stimme versagte. Fehlte bloß noch, dass Tugdual sie im Stich ließ. Dann wäre alles vorbei.
    »Ich habe nie an dir gezweifelt. Niemals.«
    Oksa machte den Mund auf, doch die Worte blieben ihr im Halse stecken.
    »Komm zu mir«, flüsterte Tugdual.
    Die Junge Huldvolle wusste, dass er nichts weiter sagen würde. Sie ließ sich von ihm in die Arme nehmen und schmiegte sich an ihn. Ihre Sehnsucht, ihn zu berühren, wurde mit jedem Tag stärker. Mit den ersten zarten Regungen, als sie vierzehn gewesen war, hatte das hier nichts mehr zu tun. Sie streichelte Tugduals Brust und schon stand ihr Herz in Flammen.
    »Ich bin doch nicht normal«, hauchte sie.
    Tugdual küsste ihren Mundwinkel.
    »Du bist ja auch die Junge Huldvolle. Allein deswegen bist du anders.«
    Oksa schmiegte sich enger an ihn und ließ sich schließlich dazu hinreißen, die Hand unter sein T-Shirt zu schieben. Tugduals Haut war zart. Unglaublich zart.
    »Ich würde am liebsten bis ans Ende meines Lebens so liegen bleiben.«
    »Das würde dich bald langweilen.«
    »Ich bin so gern mit dir zusammen.«
    »Ich bin nie sehr weit weg«, antwortete Tugdual und küsste sie.
    Oksa ließ sich von ihren Gefühlen davontragen. In ihrem Kopf herrschte ein einziges Durcheinander. Tugduals eisblaue Augen, die ein Feuer in ihr entfachten, die symbolträchtigen Stickereien auf ihrem Umhang, die Bilder des befreiten Volkes von Edefia, das den Himmel erstürmte, und der ergreifende Anblick ihrer an den Rollstuhl gefesselten Mutter im feuchten Wohnzimmer am Bigtoe Square. Gus’ Geruch und der Geschmack seiner Lippen. Schockiert, dass ihre Gedanken in diese Richtung abschweiften, riss sie die Augen auf und befreite sich aus Tugduals Armen.
    »Also ehrlich«, murmelte sie und vergrub das Gesicht an seinem Hals, ich bin wirklich nicht normal.«
    Im großen Sitzungssaal erwarteten sie etwa zweihundert Menschen, Männer und Frauen in der traditionellen Kleidung Edefias, einer weit geschnittenen Hose und einer Wickeljacke. Alle erhoben sich gleichzeitig, als Oksa in frisch

Weitere Kostenlose Bücher