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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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modrige Geruch im Haus am Bigtoe Square. Die Spuren des Leidens ihrer Mutter, die Verzweiflung in ihren Augen.
    Pavel war völlig erschüttert von dieser Nachricht. Er sank in seinem Sessel zusammen, als hätte die abgrundtiefe Erleichterung ihm die letzten Kraftreserven geraubt. Tränen liefen ihm übers Gesicht. Die anderen Rette-sich-wer-kann, die ebenfalls Angehörige im Da-Draußen zurückgelassen hatten – die Bellangers, die Knuts, Cockerell –, waren nicht weniger ergriffen. Oksa konnte sie kaum ansehen. Sie ertrug es nicht, mitzuerleben, welche Hoffnungen dieses schlichte Ja ausgelöst hatte.
    Zwei kleine Buchstaben … zwei klitzekleine Buchstaben, die für die Zukunft eines jeden von ihnen so entscheidend waren.
    Sie senkte den Kopf. Die Last des Flüchtigen Geheimnisses erdrückte sie fast. Denn sie konnte nicht alles sagen. Und sie durfte auf keinen Fall Hoffnungen wecken, die für die meisten vergeblich sein würden.
    »Das Tor wird sich öffnen, und ich werde dabei nicht sterben«, sagte sie langsam, wobei sie sich anstrengen musste, damit ihre Stimme nicht versagte. »Doch so einfach ist es nicht, es gibt Beschränkungen …«
    »Wir wissen das Wichtigste!«, unterbrach Abakum sie. »Was du uns anvertraut hast, ist von großer Bedeutsamkeit, Oksa«, fuhr er fort. »Das Wissen, dass sich das Tor öffnen kann, wird uns erlauben, Pläne zu schmieden und eine Antwort auf die Frage zu finden, die du gestellt hast. Nämlich, was unser Ziel ist.«
    Oksa sah ihn dankbar an.
    »Für den Augenblick schützt uns die Ägide, und wir sollten uns darum kümmern, Die-Goldene-Mitte wiederaufzubauen, einen winzigen Teil Edefias«, führte Abakum weiter aus. »Doch so wie das Geheimnis, wird auch diese Situation nur vorübergehend sein.«
    »Wir sind zu zahlreich, um unter diesen Bedingungen längere Zeit überleben zu können«, meldete sich nun Sven, der Alte mit den langen Zöpfen, zu Wort. »Irgendwann wird es uns an Platz und vor allem an Lebensmitteln mangeln. Die-Goldene-Mitte ist in erster Linie ein Wohngebiet, es gibt nur wenig Anbauflächen und natürliche Ressourcen. Selbst wenn wir diese noch so geschickt und sparsam nutzen, werden wir nicht lange durchhalten.«
    »Wir werden sehr bald Grünmantel und das ganze Territorium drum herum brauchen«, fügte Emica hinzu. »Aber wir benötigen auch Mittel zu unserer Verteidigung. Noch sind wir nicht gerüstet, um es mit den Treubrüchigen aufzunehmen.«
    »Wie viel Zeit benötigen wir?«, fragte Oksa.
    Die Diener des Pompaments sahen zu Boden.
    »So viel, wie die Treubrüchigen uns lassen, bis sie uns angreifen«, sagte Naftali schließlich.
    »Was?«, rief Oksa und setzte sich kerzengerade auf. »Wollt ihr etwa darauf warten, dass die Treubrüchigen uns angreifen?«
    »Ganz genau«, gab der hünenhafte Schwede zu.
    »Aber wir sind doch viel zahlreicher als sie!«, rief Oksa empört. »Wir könnten sie wie Kellerasseln zertreten, auch heute schon, da bin ich mir ganz sicher!«
    Mystia und einige andere Diener des Pompaments schauderten. In Edefia wurde niemand zertreten, weder Menschen noch Asseln. Doch Oksa war zu sehr bei der Sache, um auf so etwas Rücksicht zu nehmen. Sie ließ den Blick über die kleine Versammlung schweifen, und ein Leuchten trat in ihre schiefergrauen Augen.
    »Wir lassen sie kommen, weil wir hier den Heimvorteil haben«, überlegte sie halblaut, »und dann begegnen wir ihnen mit unserer Überzahl und ziehen alle Register!«
    »Eine andere Möglichkeit sehe auch ich nicht«, sagte Abakum.
    »Genau!«, riefen einige im Saal.
    »Egal, wie die Bedingungen für die Öffnung des Tors sind – ein Kampf mit den Treubrüchigen ist unausweichlich«, fasste Naftali zusammen.
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Anwesenden: Die meisten schienen nur darauf zu warten, endlich mit jenen abzurechnen, die sie so viele Jahre unterdrückt hatten.
    »Dank Abakums Wackelkrakeel wissen wir, dass im Lager unserer Feinde starke Spannungen herrschen«, berichtete Sven.
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr einen Spion losgeschickt habt«, wunderte sich Oksa.
    Sven und alle anderen Von-Drinnen neigten beschämt den Kopf.
    »Oh, aber das war doch sehr klug von euch«, fügte Oksa rasch hinzu, weil es ihr peinlich war, eine solche Reaktion ausgelöst zu haben. »Was hat es denn gesehen?«
    »Andreas und Orthon hassen sich bis aufs Blut«, berichtete Abakum. »Jeder der beiden will vor Ocious glänzen, während der, anstatt für einen von ihnen Partei zu

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