Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
dass du Besuch hast.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand im Flur. Dort zwickte er die Katze, die ein erschrockenes Miauen von sich gab und ihm panisch vom Arm sprang.
    »Aua! Das blöde Vieh hat mich gekratzt!«, schrie Mortimer laut genug, um im Wohnzimmer gehört zu werden.

Näherinnen ohnegleichen
    D
ie Pelli-Reiniger leisteten hervorragende Arbeit an Oksas Verletzung. Die ganze Nacht hindurch reinigten sie die eiternde Wunde, indem sie die fauligen Partikel auffraßen.
    Dragomira und Pavel hielten abwechselnd an Oksas Bett Wache. Als Oksa am Morgen erwachte, war Dragomira bei ihr und bereitete mit einem Marmorstößel eine Mixtur zu.
    »Baba?«
    »Meine Duschka! Wie geht es dir?«
    Pavel, der auf einem Feldbett im Zimmer seiner Tochter übernachtet hatte, blinzelte kurz und setzte sich auf. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und sein Blick wanderte sofort zu Oksas Knie. Das sah heute weit weniger schlimm aus als am Vortag: Offenbar hatte sich die Haut, nachdem die scheußliche, schlammig braune Schicht abgetragen worden war, wieder erneuert. Und es roch auch nicht mehr so unangenehm.
    »Großartig!«, rief Dragomira. »Es hat funktioniert! Sieh nur, man könnte meinen, du wärst bloß mit deinen Inlineskates hingefallen. Versuch mal, das Bein zu beugen.«
    Oksa gehorchte vorsichtig. Die Haut dehnte sich und man konnte die herumwuselnden »Reparaturwürmer« erkennen.
    »Ich spüre gar nichts mehr von der Verletzung. Das ist genial, Baba!«
    Sie fiel ihrer Großmutter um den Hals und zog ihren Vater zu sich her, um beide ganz fest zu drücken. Was für eine Erleichterung! Sie hatte solche Angst gehabt.
    »Jetzt, wo dein Knie außer Gefahr ist, werde ich mich um dein Gesicht kümmern.«
    »Mein Gesicht?«, fragte Oksa erschrocken und betastete mit den Fingerspitzen ihre Wangen und ihre Stirn. »Was ist damit?«
    Dann fiel es ihr wieder ein: Sie hatte geblutet, nachdem die Fenster des Chemiesaals zersprungen waren.
    »Mein Gesicht ist entstellt, nicht wahr?«, fragte sie mit erstickter Stimme.
    »Nein, Oksa, es ist überhaupt nicht entstellt«, erwiderte Dragomira sanft und bedeutete ihr, sich wieder hinzulegen. »Du hast ein paar kleine Schnittwunden von den Glassplittern. Aber das werde ich im Handumdrehen wieder in Ordnung bringen. Zuerst die Schnitte, dann kommt eine Salbe drauf, die auch die feinsten Spuren beseitigt. Du wirst sehen!«
    »Du willst mich nähen? Oh nein, bitte, Baba, ich will nicht. Keine Nadel.«
    Oksas Ablehnung steigerte sich noch um ein Vielfaches, als sie sah, wer die Schnittwunden nähen sollte: Spinnen! Okay, es waren winzige Spinnen mit ultrafeinen Beinen – aber es waren trotzdem Spinnen!
    »Oh nein, nein, nein, also das geht überhaupt nicht, Baba! Da mache ich nicht mit!«
    Zur allgemeinen Überraschung fing Pavel auf einmal schallend zu lachen an, so heftig, dass ihm Tränen in die Augen traten.
    Dragomira ließ sich davon anstecken und selbst die zerbrechlichen kleinen Spinnen auf Dragomiras Hand schienen vor Erheiterung herumzuzappeln.
    »Aber sieh sie dir doch an, Oksa-san! Das sind Filigrinnen, die sind vollkommen harmlos!«, rief Pavel. »Und vor allem sind sie sagenhaft gute Näherinnen.«
    »Der Sohn der Alten Huldvollen trägt die Wahrheit im Munde, Junge Huldvolle«, schaltete sich der Plemplem ein, der gerade mit einem Tablett voller Brötchen und dampfender Tassen ins Zimmer gekommen war. »Eines Tages, als ein mir gehöriger Finger bei der Prozedur einer Zerkleinerung von Karotten mittels eines langen Küchenmessers guillotiniert wurde, haben die Filigrinnen ihn genäht, so fein wie Spitze. Seht nur, mein Finger befindet sich wieder im Vollbesitz meiner Hand. Das Gefühl war abwesend, ganz und gar vollständig, dem Glauben dürft Ihr vertrauen, die Korrektheit ist in meiner Rede!«
    Oksa biss sich auf die Lippen und kniff die Augen zusammen. Schließlich gab sie sich geschlagen und sagte mit einem Seufzer: »Na gut, macht, was ihr wollt! Wenn man mir gesagt hätte, dass ich mich eines Tages der Wissenschaft als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen würde, und das auch noch bei lebendigem Leib …«
    Dragomira und Pavel lächelten verschwörerisch. Dann nahm Dragomira vorsichtig eine der drei kleinen Spinnen von ihrer Handfläche und setzte sie ihrer Enkelin auf die Wange. Oksa schauderte und kniff so fest die Augen zusammen, dass ihr die Stirn wehtat.
    »Entspann dich, mein Schatz«, versuchte Pavel sie zu beruhigen und nahm ihre Hand. »Wenn du

Weitere Kostenlose Bücher