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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Rette-sich-wer-kann vom Stamm der Handkräftigen, die mit deiner Großmutter befreundet sind. Als Tugdual klein war, war er ein ruhiges, ziemlich schweigsames Kind, und später hielten ihn alle für schüchtern und introvertiert. Doch hinter seiner grüblerischen und verschlossenen Fassade verbarg sich großes Leid, und ich werde dir auch erklären, warum. Seine Großeltern hatten beschlossen, ihre Herkunft zu verschweigen. Lange Zeit wussten ihre Kinder nichts von Edefia und ihre Enkel demzufolge auch nicht. Dabei bringt der Stoffwechsel der Handkräftigen bei den Jungen in der Pubertät eine Häutung mit sich. Zu einem gewissen Zeitpunkt ist der ganze Körper mit Schorf bedeckt, und wenn er abfällt, kommt darunter eine neue Haut zum Vorschein.«
    »Wie bei den Schlangen!«, rief Oksa erstaunt.
    »Ja, es ist tatsächlich ziemlich symbolisch … Aber es ist vor allem ein sehr eindrucksvolles Erlebnis. Bei ihrem Sohn haben Naftali und Brune dieses unausweichliche Stadium im Leben eines jungen Handkräftigen als allergische Reaktion auf den Verzehr eines exotischen Lebensmittels dargestellt. In Tugduals Fall war das viel schwieriger, weil er sich seit seinem dreizehnten Lebensjahr einer Gruppe von Anhängern der schwarzen Magie angeschlossen hatte, wie so mancher Jugendliche in diesem Alter. Doch niemand wusste davon. Zusammen mit seinen Freunden führte er irgendwelche okkulten Rituale aus, bei denen sie Tränke zu sich nahmen, die ihnen gewisse Kräfte verleihen sollten. Das wäre alles noch recht harmlos gewesen, wenn Tugdual nicht genau zu der Zeit bemerkt hätte, dass er bestimmte Gaben hat: Levitation, Telekinese, extreme Scharfsichtigkeit …«
    »Hat er das ganz allein gemerkt, so wie ich?«, unterbrach ihn Oksa.
    »Ja. Und er hat es zwei Jahre lang für sich behalten. Er führte es auf die Tränke zurück, die er zusammen mit seinen Freunden braute. Obwohl er bei Weitem der Jüngste war, wurde er aufgrund seiner Fähigkeiten, die ihm eine gewisse Überlegenheit verliehen, bald zum Anführer der Gruppe. Was er nicht wusste, war, dass die Gebräue nichts mit seinen Kräften zu tun hatten …«
    »Lass mich raten …«, redete Oksa wieder dazwischen. »Wetten, dass da lauter ekliges Zeug drin war?«
    »Genau«, bestätigte ihr Vater. »Meines Wissens haben Tugdual und seine Freunde – oder besser gesagt, seine Anhänger, denn es hatte sich ein regelrechter Kult um seine Person entwickelt – literweise Blut geopferter Hühner und Ziegen getrunken, vermischt mit fragwürdigen Gräsern, zerquetschten Kellerasseln, Krötenherzen, klein gemahlenen Rattenlebern und …«
    »Hör auf, Papa, mir wird schlecht«, bettelte Oksa. »Ich hab’s kapiert.«
    »Diese Tränke hatten natürlich keinerlei Zauberkraft, aber Tugdual war überzeugt, sich im Lauf der Zeit zu einem herausragenden Magier zu entwickeln. Er übte eine schreckliche Macht über seine Freunde aus, die ihn verehrten und alles taten, was er ihnen befahl: Er hatte eine Vorliebe für solch morbide Dinge wie Erde von frisch aufgeschütteten Gräbern oder Haare von Leichen, die in der Pathologie darauf warteten, seziert zu werden. Er gab sich allerlei üblen Praktiken hin und schreckte vor nichts zurück.
    Seine Häutung begann am Tag nach einem besonders widerwärtigen Abend, an dem er eine schwarze Katze opfern wollte. Er besprenkelte das arme Tier mit einem seiner ekelhaften Gebräue, und es verpasste ihm einen Krallenhieb, der einen gehörigen Kratzer auf seinem Unterarm hinterließ. Als er am nächsten Morgen aufwachte, war er von Kopf bis Fuß mit Schorf bedeckt und seine Haut löste sich in Fetzen ab. Tugdual bekam furchtbare Angst, da er einen Zusammenhang zwischen dem Krallenhieb und seinem Zustand vermutete.
    Seine Eltern, die sich von seiner Panik anstecken ließen, wollten ihn schon in die Notaufnahme bringen, doch zum Glück erzählten sie vorher Naftali und Brune davon. Die konnten sie gerade noch davon abhalten und in den nächsten Stunden erfuhr dann die ganze Familie von ihrer Herkunft.
    Alle versuchten, so gut wie möglich über den Schock hinwegzukommen. Gleichzeitig wurde in aller Eile der Umzug nach Schweden vorbereitet. Äußerlich war bei Tugdual bald wieder alles in Ordnung, seine Haut hatte sich erneuert. Doch seine geistige Gesundheit war von all den kranken Dingen, die er sich in der zurückliegenden Zeit vorgestellt hatte, angegriffen. Zwar war es viel reizvoller, ein Handkräftiger aus Edefia zu sein als ein makabrer

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