Oktoberfest
Dann legte er seine Hand über die Sprechmuschel und sah Buchwieser an. »Der Gegner hat ein neues Fax geschickt. Der Minister leitet es uns gerade weiter. Herholen!«
Oberst Buchwieser legte eine Hand zum Gruß an die Stirn und machte sich auf den Weg zu den Faxgeräten.
»Gut. Ich werde mir das Schreiben anschauen und Sie dann zurückrufen. Ach ja, es sieht so aus, als ob wir auf dem Flughafen die Möglichkeit zu einer Konfrontation mit dem Gegner bekommen. Aber das können wir auch gleich noch genauer besprechen. Bis dann, Herr Minister.«
Oberst Buchwieser übergab dem General vier eng beschriebene Seiten. Während sie gemeinsam den Text lasen, hörte man ab und an ein ärgerliches Schnauben von den beiden Offizieren.
»Das mit der ständigen Funkverbindung zwischen Zelt und Flugzeug ist eine schöne Schweinerei! Wirklich ausgebuffte Dreckskerle! Und auftanken sollen wir ihnen die Maschine auch noch!«, sagte Buchwieser schließlich.
»Sauhunde, miserablige!«, entfuhr es Xaver Moisadl.
Die beiden Männer lasen schweigend weiter.
»Ein Hubschrauber? Wir sollen den Busparkplatz an der Theresienwiese räumen?«, sagte Moisadl erstaunt. »Und wir sollen ihn nicht abschießen, sonst werden Geiseln exekutiert? Die wollen neunzig Mann mit einem Hubschrauber zum Flughafen schaffen? Da sind die aber beschäftigt! Wie oft wollen die denn da hin- und herfliegen?«
Der Stadtkommandant von München schüttelte den Kopf.
»Das dauert ja ewig.«
*
In der Halle der Import-Export-Firma erhielten die vier Männer ihren Einsatzbefehl. Mit ihren Vorbereitungen waren sie seit zwei Tagen fertig. Und das waren ohnehin nur noch Feineinstellungen gewesen. Die Montage war bereits vor einer Woche abgeschlossen worden. Fünfunddreißig Mann waren vonnöten gewesen, um die Maschine, deren Einzelteile sich ebenfalls in den Containern befunden hatten, zusammenzusetzen.
Die beiden Türen des gewaltigen Rolltores, fünfunddreißig Meter breit und zehn Meter hoch, glitten auseinander.
Ein Helikopter wurde sichtbar.
Ein Monstrum von einem Helikopter.
Genauer gesagt: der größte Helikopter der Welt.
Langsam rollte der russische Mil Mi-26 Halo ins Freie. Noch standen die Blätter des Rotors still. Aber die Turbinen liefen bereits. Als sich die gigantische Maschine durch das Tor schob, musste der Rotor ein Stückchen gedreht werden, damit er unbeschädigt blieb. Zentimeterarbeit.
Dann war es geschafft.
Die vier Männer, alle erfahrene Piloten, setzten sich in dem Helikopter an ihre Stationen. Sie wussten genau, welches Ungetüm sie jetzt dazu bringen würden, sich in die Lüfte zu erheben.
Der Mil Mi-26 Halo war eine absolute Meisterleistung russischer Ingenieurskunst. Bei diesem Helikopter war es zum ersten Mal gelungen, einen Rotor mit acht Blättern zu konstruieren. Doch nicht nur die Tatsache, dass diese acht Blätter einen enormen Auftrieb erzeugten, sondern auch der Durchmesser des Rotors von fünfunddreißig Metern versetzte den Mi-26 in die Lage, über zwanzig Tonnen Last zu heben.
Der Rumpf bot genügend Platz für die neunzig Männer, die ihn auf dem Oktoberfest erwarteten: Der Helikopter maß von der Nase bis zum fünfblättrigen Heckrotor vierzig Meter.
Die Finger der vier Besatzungsmitglieder glitten geübt über die Konsolen. Die beiden Lotarew D-136 Turbinen, die zusammen eine Leistung von über zweiundzwanzigtausend PS liefern konnten, heulten auf. Langsam begann sich der riesige Rotor in über acht Metern Höhe zu drehen.
Der Funker aktivierte die Kommunikationselektronik. »Das Taxi ist unterwegs«, sagte er kurz in sein Helmmikrofon, als die dreißig Tonnen des Helikopters vom Boden abhoben.
»Dann wollen wir die Kameraden mal abholen.« Er erhöhte den Schub. »Über uns sind nur die Sterne.« Die Maschine hob ab. Brüllender Lärm füllte die Luft und trieb staunende Menschen auf die Straßen. Der Mi-26 schwebte niedrig über das Münchner Stadtgebiet.
Richtung Theresienwiese.
14:45 Uhr
Alois Kroneder trommelte seine leitenden Beamten im Gemeinschaftsraum der Wiesn-Wache zusammen. Lagebesprechung.
»Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Abstimmung mit dem Polizeipräsidenten und dem bayerischen Innenminister bin ich befugt, Ihnen folgende Übersicht über die derzeitige Lage zu geben. Die Täter haben uns die Bedingungen für ihren Abzug mitgeteilt. Sie werden demnächst das Benediktiner-Zelt verlassen und in einen Hubschrauber umsteigen, der auf dem Busparkplatz landen wird. Sie haben vielleicht
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