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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Untergebener es gewagt, in einem solchen Ton mit ihm zu sprechen. Er wusste allerdings, dass Iljuschin recht hatte. Blochin hatte ihm in einem Zweikampf kaum etwas entgegenzusetzen. Schon gar nicht in seinem Zustand. Wenn sein rechter Arm gesund gewesen wäre, hätte er es darauf ankommen lassen und seine Waffe gezogen. Obwohl seine Chancen auch dann sehr gering gewesen wären. Sogar die sechzig Mann, die auf seiner Seite waren – Techniker, Scharfschützen, Sprengstoffexperten –, hatten gegen die dreißig Nahkämpfer von Iljuschins Zug keine Aussicht auf Erfolg.
    Oberst Iljuschin sah ihn an. In seinen Augen lag ein seltsames Flackern. »Aber ich könnte Ihnen drohen, General«, sagte er kalt. »Ich könnte Sie jetzt einfach töten, mir Ihre fünfzehn Kilogramm unter den Nagel reißen und das Kommando übernehmen. Oder fällt Ihnen jemand ein, der mich aufhalten könnte?«
    Blochins Mund war plötzlich trocken. Iljuschin war außer Kontrolle. Okidadse hatte ihn davor gewarnt, dass das eines Tages passieren würde, doch er war sich der Loyalität von Iljuschin immer sicher gewesen. So kann man sich irren, dachte Blochin.
    Ein fataler Irrtum.
    Vielleicht sogar mein letzter.
    Da schlug der Ton in Iljuschins Stimme um. Er klang freundlich, als er weitersprach. »Jetzt habe ich Ihnen aber einen Schrecken eingejagt, was, General? Doch keine Angst! Ich werde Sie am Leben lassen. Und Sie werden diese Operation bis zum Ende kommandieren. Sie werden als der größte Erpresser aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Nur dass niemand wissen wird, wie Sie heißen. Aber eine kleine Änderung wird es geben, General, denn ich werde diese Frau mitnehmen!« Iljuschin nahm Haltung an und salutierte. »Erlauben Sie, dass ich den Männern befehle, sämtliche Minen und Sprengfallen im Zelt und an den Türen zu aktivieren und sich abmarschbereit zu machen?«
    Blochin nickte langsam. »Tun Sie das, Polkownik! Tun Sie das!«
    *
    Dieser Herr Müller vom BKA musste wirklich über sehr gute Verbindungen verfügen.
    Vor zehn Minuten war der Mann in dem kleinen Büro erschienen, in dem Stefan Meier und seine beide Assistenten unverdrossen versuchten, die Signalcodierung der Geiselnehmer zu knacken.
    Und er hatte eine Überraschung parat: eine Liste von Benutzernamen und Passwörtern, die es ihnen erlaubte, auf mehrere Großrechenzentren zuzugreifen.
    Priorität eins.
    Einhundert Prozent CPU-Zeit.
    »Erklären Sie mir, was Sie vorhaben«, sagte Herr Müller.
    »Ich muss Ihnen gleich sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob unser Plan Erfolg hat. Ich verstehe das Signal, das die Täter benutzen, nur teilweise. Wir haben einfach zu wenig Zeit. Wir müssen raten. Das ganze Vorhaben basiert auf Spekulationen.«
    »Ach, wissen Sie«, entgegnete der BKA-Mann namens Müller mit ruhiger Stimme, »wenn alle Menschen nur von Dingen reden würden, von denen sie wirklich etwas verstehen, dann wäre es ziemlich still auf diesem Planeten.«
    Meierinho gluckste.
    »Also spekulieren Sie!«, forderte der BKA-Mann ihn auf.
    »Im Prinzip ist es ganz einfach. Wir wollen versuchen, den Tätern ein falsches Bildsignal unterzujubeln. Dann sehen sie in ihrem Flugzeug, dass sich in den Zelten und auf dem Gelände nichts Besonderes tut. Währenddessen können wir die Zelte evakuieren. Live-Bilder von der Theresienwiese gibt es ja im Fernsehen nicht mehr. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es tatsächlich schaffen, den Tätern vorzugaukeln, dass die Bilder authentisch sind. Mit der Rechenleistung, die uns jetzt zur Verfügung steht, können wir die Bilddaten, die zum Flugzeug gesendet werden, vermutlich bald isolieren. Dann stellen wir eine Bildschleife her. Doch es wird erkennbare Sprünge geben. Und niemand weiß, wie die Täter reagieren, wenn sie bemerken, dass wir ihnen ein falsches Signal überspielen.«
    »Bereiten Sie sich trotzdem darauf vor, es zu versuchen!«
    *
    Der Oberbürgermeister und der Ministerpräsident sahen einander überrascht an. Dies war, soweit sie sich erinnern konnten, das erste Mal, dass sie auf Anhieb einer Meinung waren. Im Krisenzentrum der bayerischen Staatskanzlei saßen sie zusammen mit dem Bundesinnenminister und dem Finanzminister, der inzwischen von der Theresienwiese zurückgekehrt war.
    Aus Berlin waren der Bundeskanzler und die übrigen Mitglieder des Sicherheitskabinetts per Videoübertragung zugeschaltet.
    »Auf gar keinen Fall!«, wiederholte der Oberbürgermeister mit erhobener Stimme. »Ich bin der höchste gewählte

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