Oktoberfest
heischte nach Zustimmung.
»Sie warten am Tor. Wenn die Laster aus der Freihafenzone raus sind, kriegen Sie Ihr Geld.«
»Dann bis dann.«
Jestschew gab Jensen die Hand und verließ das Büro. Er ging gegen den Wind gebeugt zurück zu seinem Schiff. Der Funkraum war verwaist, die Mannschaft hatte Landgang bis zum Wecken. Bis dahin bliebe wohl ein Großteil der Heuer bei den Nutten in der Rickmersstraße. Aber das war nicht sein Problem.
Er hatte andere Probleme. Und er würde sie alle lösen. Zum einen schuldete er einem Freund einen großen Gefallen, und zum anderen war der Betrag, der ihm in Aussicht gestellt worden war, um ein Vielfaches höher als der, den der korrupte Jensen bekommen sollte.
Doch er hatte schließlich auch schon dafür gesorgt, dass die vier Container mit der Zusatzladung ungesehen an Bord gekommen waren. Er hatte sich sein Geld verdient. An den möglichen Inhalt der Container hatte er keinen Gedanken verschwendet. Einem Freund einen Gefallen zu tun war gleich noch mal so schön, wenn es dafür auch noch einen Haufen Geld gab.
Jestschew rieb sich die Hände und griff dann zum Funktelefon. Als am anderen Ende abgehoben wurde, meldete er sich auf Russisch.
»Einen Moment, ich notiere die Adresse noch mal schnell.« Jestschew klemmte sich den Hörer unters Kinn und schrieb etwas auf einen Zettel, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass kein Papier darunter lag, das einen Abdruck hätte aufnehmen können.
»Ja, das Geld hat er dabei.« Jestschew gluckste über die Entgegnung des anderen. »Da hast du verdammt recht. Jeden Morgen wacht irgendwo ein Trottel auf. Man muss ihn nur finden.«
Am anderen Ende der Leitung wurde kurz gelacht. Dann hörte Jestschew seinem Gesprächspartner wieder konzentriert zu.
»Ach was, ich habe zu danken«, sagte er. »Ich schätze, in spätestens zwei Stunden ist er da. Wenn er in drei Stunden immer noch nicht gekommen ist, ist was schiefgelaufen. Dann meld dich kurz.«
*
Eine Stunde später winkte Jensen vier Zugmaschinen mit leeren Anhängern durch das Tor, um es direkt hinter dem vierten Wagen wieder zu schließen. Die Wagen hielten im strömenden Regen. Um sie standen Container, so weit das Auge reichte. Vier der riesigen stählernen Frachtbehälter standen bereit.
Ein Van Carrier näherte sich.
Seine hydraulischen Klauen fassten den ersten Container, hoben ihn hoch und setzten ihn millimetergenau auf dem ersten Anhänger ab. Ein Hafenarbeiter kontrollierte, ob die Container in ihren Halterungen festsaßen. Die Prozedur wiederholte sich viermal. Wegen der Kälte blieben die Fahrer in ihren Kabinen sitzen.
Der Regen schien die Welt ertränken zu wollen.
Jensen ging um die Container herum und prüfte die Zollsiegel, die er dort selbst vor dreißig Minuten angebracht hatte. Später unterschrieb Jensen im Hauptbuch der Hafenmeisterei. Für vier Container Bananen.
Er wandte sich an den Fahrer des ersten Wagens.
»Hier sind die Papiere. Vier Container Bananen, wie abgesprochen.«
Der Fahrer nickte. »Dann ist das erledigt.« Er nahm die Frachtpapiere entgegen.
Die schweren Motoren der Zugmaschinen sprangen mit dunklem Brummen an. Jensen winkte zum Abschied. Von den Reifen stob das Wasser in Fontänen hoch, die vom Wind weggerissen wurden. Auf den Türen war im Licht der Laternen ein Schriftzug zu erkennen: »Romberg Worldwide«.
*
Jestschew sah aus dem Bullauge seiner dunklen Kabine den abfahrenden Trucks hinterher. Dann wandte er sich einem Prepaid-Mobiltelefon zu. Er wusste, dass es in Kürze klingeln würde.
Gute zehn Minuten später klingelte das Telefon zweimal. Dann verstummte es wieder. Daraufhin klingelte es dreimal, um erneut zu verstummen. Jestschew nickte langsam mit dem Kopf. Die Container hatten ohne Probleme die Zollstation passiert und waren nicht länger in der Freihafenzone. Die Zugmaschinen fuhren durch den noch immer prasselnden Regen über den neuen Autobahnzubringer aus Bremerhaven hinaus auf die Autobahn.
Vier Container waren unterwegs.
So weit, so gut.
Nun würde Jensen seinen gerechten Lohn erhalten.
*
Afghanistan, Tschurangar-Tal, 1984
Blochin widmete der Leiche des Alten keinen Blick, stattdessen wandte er sich wieder den übrigen Dorfbewohnern zu. Die Sonne stand inzwischen über dem östlichen Bergkamm. Die Klingen der Bajonette blitzten.
»Sagen Sie den Leuten, dass ich mich vielleicht missverständlich ausgedrückt habe. Ich will nicht wissen, wo ihre Männer sind. Ich muss es wissen.«
Während er die
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