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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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des Wagens über den Rumpf des Hubschraubers strichen. Er ließ Johnny Cash noch Don’t take your guns to town zu Ende singen, dann stieg er aus.
    Er kannte den Piloten persönlich. Der junge Kapitänleutnant war einer der Männer, mit denen er ein Hubschrauberpilotentraining in Amerika durchlaufen hatte. Ein Kamerad. Härter ging ihm winkend entgegen. Dabei blitzte die Kampfschwimmerspange an seiner Brust kurz im Licht der Flugfeldbeleuchtung auf.
    Nach einer militärischen Begrüßung reichte der Pilot Härter einen Helm, dann stiegen sie ein. Härter begrüßte den Bordelektroniker.
    Mit geübten Handgriffen startete der Pilot die Maschine. Während die Turbinen in Aktion traten und der Rotor sich langsam zu drehen begann, meldete sich der Pilot über die Bordsprechanlage.
    »Wo soll’s denn hingehen, Herr Kapitän?«
    »Direkt in den Garten des Kanzleramtes«, erwiderte Härter knapp.
    »Oha! Ist das Ihr Ernst?« Die Stimme des Piloten klang beeindruckt.
    Härter nickte nur.
    »Dann geht es bestimmt um die Vorgänge in München. Ich hoffe, dass Sie da was tun können, Herr Kapitän. Denn wenn nicht Sie, wer dann?«
    Härter schwieg.
    Ihm war nicht nach Smalltalk zumute.
    Er musste über viele Dinge nachdenken. Sie waren bereits seit zehn Minuten unterwegs, als er sich doch noch an den Piloten wandte.
    »Achten Sie auf eventuelles Feuerleitradar, hören Sie?«
    »Na klar, Chef!« Der Kapitänleutnant lachte und sah ihn an. Sein Lachen erstarb.
    Kapitän zur See Wolfgang Härter lachte nicht. In seinem kantigen Gesicht regte sich kein Muskel.
    Das war sein voller Ernst.
    20:45 Uhr
    »Wir müssen etwas tun, bevor uns Berlin das Heft aus der Hand nimmt. Wir müssen zeigen, dass Bayern handlungsfähig ist. Dass wir uns so etwas nicht bieten lassen.«
    Während der Übertragung der startenden Rakete hatte der Ministerpräsident einen Wutanfall bekommen. Nur mühsam war es dem Büroleiter gelungen, seinen Chef wieder zu beruhigen. Noch immer lief der Ministerpräsident aufgeregt im Kabinettssaal der Staatskanzlei auf und ab.
    »Ich erwarte Ihre Vorschläge, meine Herren.«
    Nach einem kurzen Moment brach der Innenminister das Schweigen.
    »Wir haben im LKA ein Szenario für die Evakuierung eines Zeltes, das mit Giftgas bedroht wird, ausgearbeitet. Das Hauptproblem, das es dabei zu berücksichtigen gilt, ist die Entlüftung. Wenn die Aktion beginnt, werden wir zunächst große Zu- und Abluftleitungen von außen am Zelt anbringen müssen. Diese Leitungen werden durch die Zeltplane in den Innenraum gelegt. Auf der einen Seite werden wir dann mit einem leistungsfähigen Kompressor Frischluft in das Innere pumpen. Auf der anderen Seite werden wir die Luft, die sich im Zelt befindet, innerhalb von Minuten absaugen und in einem Filtersystem dekontaminieren.«
    Der Minister holte tief Luft.
    »Dabei ist wichtig, dass die Abluftleitung möglichst weit oben liegt. Wir werden ein Loch ins Dach schneiden und dort die Luft absaugen. Die Wirkstoffe von Kampfgas sind normalerweise schwerer als Luft und senken sich von oben herab. Das kann man durch das Absaugen von oben weitgehend verhindern. Gleichzeitig werden SEK-Beamte in Schutzanzügen versuchen, so viele Zeltplanen wie möglich zu entfernen und die Menschen im Zelt zu den so entstehenden zusätzlichen Ausgängen zu führen. Die bestehenden Zugänge zum Zelt werden von Beamten ohnehin gleichzeitig geöffnet.«
    Er hob den Blick und sah in die Runde.
    »Wir gehen davon aus, dass die Täter unser eigenes Videosystem benutzen, um zu überwachen, was auf der Theresienwiese vor sich geht. Wir haben in dem zweiten Fax die Drohung erhalten, dass die Täter sofort ein Zelt exekutieren werden, sollten wir versuchen, sie von den Kameras oder dem Stromnetz zu trennen. Sie können mit diesen Kameras allerdings nicht sehen, was jenseits des Haupteingangs passiert. Dort können wir die Vorbereitungen treffen. Ich schlage als Einsatzort das Zelt der Fischer-Liesl vor. Eines der kleineren Zelte. Im Augenblick dürften sich ungefähr zweitausend Menschen in diesem Zelt befinden. Das Zelt liegt am Rand der Theresienwiese und ist vom Haupteingang her schnell zu erreichen.«
    Der Minister ließ seine Ansprache kurz wirken. »Was halten die Herren von diesem Prozedere?«
    »Das klingt eigentlich recht vielversprechend.« Der Oberbürgermeister hatte das Wort ergriffen. »Ich möchte nur zu bedenken geben, dass die Täter dann ein anderes Zelt exekutieren könnten, selbst wenn die Aktion gelingt.

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