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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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ob es um eine gedankliche Leistung, eine bewusste Bewegung, die Atmung oder die Darmperistaltik geht. Das zentrale Nervensystem hat, wie Sie wissen, eine Schaltzentrale: das Gehirn. Vom Gehirn aus werden alle Befehle zur Steuerung des Körpers über das Rückenmark an die Nervenbahnen weitergegeben. Die Nervenbahnen verlaufen zwischen kleinen Schaltstellen, den Synapsen. Hierbei unterscheiden wir Synapsen, die zwei Nerven miteinander verbinden von Synapsen, die einen Nerv mit einem Muskel verbinden . Für uns geht es um den zweiten Typus, die sogenannte neuro-muskuläre Endplatte.«
    Dr. Kusnezow sah aus dem Fenster. Sein Blick schien sich am Horizont zu verlieren.
    »Die Synapsen der neuro-muskulären Endplatte arbeiten nicht mit elektrischen Impulsen, sondern über biochemische Prozesse. Kommt an einer solchen Synapse der Impuls zur Kontraktion eines Muskels an, wird ein Botenstoff namens Acetylcholin freigesetzt. Dieser dockt an einem Rezeptor des Muskels an. Der Muskel zieht sich zusammen. Damit der Muskel sich wieder entspannen kann, muss das Acetylcholin wieder von dem Rezeptor abgekoppelt werden. Das geschieht durch ein bestimmtes Enzym, das wir Cholinesterase nennen.«
    »Cholinesterase.« Iljuschin wiederholte das Wort mit einem beinahe wollüstigen Unterton. Sein Mund zeigte ein heimtückisches Lächeln. Okidadse musterte den Nahkampfspezialisten skeptisch von der Seite. Diese Frontschweine waren schon merkwürdige Leute.
    Mit einer abrupten Bewegung des Kopfes sah Iljuschin ihm kalt in die Augen.
    Okidadse senkte den Blick. Iljuschin war ihm nicht ganz geheuer. Oder genauer gesagt: Okidadse war sich insgeheim absolut sicher, dass Oberst Iljuschin ein Irrer war. Aber der General hatte Iljuschin hundertprozentig im Griff.
    »Der Wirkstoff, den ich im Auge habe«, fuhr Dr. Kusnezow mit sachlicher Stimme fort, »ist eine Weiterentwicklung eines Gases namens Sarin. Chemisch gesehen handelt es sich um einen Phosphorsäureester. Pharmakologisch gesehen um einen Cholinesterasehemmer. Übrigens ursprünglich von den Deutschen entwickelt. Während des Großen Vaterländischen Krieges.«
    »Der Tod ist ein Meister aus Deutschland«, murmelte Blochin in deutscher Sprache, während der Arzt seine Erläuterungen weiterführte.
    »Die Wirkungsweise basiert darauf, dass die körpereigene Freisetzung der Cholinesterase blockiert wird. Das Acetylcholin bleibt an den Rezeptoren angedockt. Die Muskeln können sich nicht mehr entspannen. Der Gegner erstickt, da die Atemmuskulatur gelähmt ist. Der Tod tritt in einhundert Prozent der Fälle innerhalb von Minuten ein. Zudem haben die neuroreaktiven Wirkstoffe den Vorteil, dass sie nicht eingeatmet werden müssen. Sie dringen durch die Haut in den Körper ein. Eine Gasmaske bietet also keinen Schutz. Die einzige wirksame Gegenmaßnahme besteht in der intravenösen Injektion von Atropin, Toxogonin und Valium. Das stellt allerdings bei der aerosolen Ausbringungsart, die wir im Auge haben, keine realistische Option für den Gegner dar. Darüber hinaus zerfallen die modernen Vertreter dieser Kampfstoffe nach ungefähr fünfzehn Minuten. Man kann also – gerade in geschlossenen Räumen – sehr gezielt vorgehen. Und das, ohne eine unkontrollierte Ausbreitung des Gases zu riskieren.«
    Dr. Kusnezow schob die Papiere, die vor ihm auf dem Tisch lagen, zusammen.
    »Noch Fragen?«
    Nachdem sich niemand meldete, ergriff Oleg Blochin das Wort.
    »Wir sind etwas vor der Zeit. Hat sonst noch jemand etwas über aktuelle Entwicklungen vorzutragen, das wir wissen sollten?«
    Iljuschin holte tief Luft, bevor er zu sprechen begann.
    »Wir haben in letzter Zeit die Ausrüstung des Gegners auf eventuelle Schwachstellen überprüft. Möglicherweise haben wir etwas gefunden.«
    Blochin sah Iljuschin scharf an.
    Heller Fels.
    »Inwiefern?«, fragte er knapp.
    »Das hat mit den Nachtsichtgeräten zu tun, die der Gegner verwendet. Sie haben ein sehr großes Sichtfeld. Das gilt eigentlich als Vorteil. Wir haben allerdings festgestellt, dass bei seitlicher Lichteinstrahlung sehr schnell ein sogenannter Blinder-Effekt auftritt. Das Bild des Nachtsichtgerätes wird dann weiß. Der Soldat kann nichts mehr sehen. Minutenlang. Unsere eigenen Nachtsichtgeräte sind in dieser Hinsicht weit weniger anfällig. Es ist also möglich, den Gegner bei einem potenziellen Nachtangriff seitlich zu blenden, ohne dass unsere eigene Kampfkraft dadurch geschmälert würde. Wir könnten also …«
    Blochin brachte ihn mit

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