Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
Vom Netzwerk:
Minister gesprochen hatte, hob er das Cryptophone wieder an sein Ohr. »Bis jetzt noch nicht viel. Bei seiner Heimatadresse heißt es, er sei im Urlaub. Seine Haushälterin hat erzählt, dass er immer an den Wörthersee fährt. Wir suchen gerade die Verzeichnisse der touristischen Unterkünfte durch. Mehr wissen wir nicht, sagt der Minister.«
    Kapitän zur See Härter atmete hörbar aus. Seine Stimme klang kalt, als er fortfuhr.
    »Jetzt kommen zwei unangenehm hohe Wahrscheinlichkeiten. Erstens: Die Täter haben Unterstützung irgendwo im Stadtgebiet. Das ist eine Voraussetzung für einen realistischen Fluchtplan. Die denken ja, sie kommen von hier weg. Zweitens: Die Täter haben mit Sicherheit schon seit längerer Zeit Mitwisser in Deutschland. Dieser Angriff ist von langer Hand vorbereitet und mit Sach- und Ortskenntnis durchgeführt worden. Da hat vorher ein langwieriger Infiltrationsprozess stattgefunden. Könnten Sie dafür sorgen, dass diese Tatsachen der Ermittlungsleitung der Polizei bekannt gemacht werden?«
    »Ja, sicher. Aber Komplizen in Deutschland? Bei einem solchen Verbrechen? Wie stellen Sie sich das vor? Haben Sie einen Verdacht?«
    »Nein. Ich möchte nur sagen, dass es sich durchaus auch um offiziell Verantwortliche handeln kann, die hier falschspielen. Oder auch um andere einflussreiche Leute, die irgendwie kompromittierbar sind. Bei der Vorbereitung dieses Angriffs war auf jeden Fall sehr viel Geld im Spiel. Und Sie wissen so gut wie ich, dass es auch einiges zu gewinnen gibt.«
    Kapitän Härter räusperte sich. »Dann noch etwas. Ist zwar ziemlich abwegig, aber versuchen sollten wir es. Eine internationale Anfrage. Das können Sie offiziell und auf höchster Ebene besser und schneller erledigen als irgendjemand sonst.«
    »Und wonach sollen wir fragen?«
    »Fragen Sie, ob jemand eine kleine Eliteeinheit vermisst. Topleute. Kommandosoldaten. Ich tippe von der Größe her maximal auf Kompaniestärke. Und ob jemand größere Mengen von Nervengas, das offiziell natürlich sowieso niemand besitzt, trotzdem vermisst.«
    »Habe ich Sie richtig verstanden, Poseidon? Ich soll beispielsweise den britischen Premierminister fragen, ob zufällig ein paar seiner Soldaten verrückt geworden sind und Massenmord begehen?« Der Regierungschef seufzte. »Von Politik verstehen Sie nicht besonders viel.«
    »Wie viel ich von Politik verstehe, steht hier nicht zur Debatte«, entgegnete Kapitän Härter scharf. »Ich möchte Ihnen nur einen Rat geben. Aufgrund einer Analyse der mir aktuell zugänglichen Nachrichtenlage. Das ist mein Beruf. Ich arbeite für Sie, schon vergessen? Und ich möchte meinen Ratschlag noch präzisieren. Jeder weiß, dass Ihr Verhältnis zum russischen Präsidenten sehr gut ist. Es gibt ein paar Indizien, die eine solche Anfrage begründbar machen. Erstens wurde die Rakete in Russland gebaut, zweitens ist die Radaranlage, die auf der Theresienwiese steht, ebenfalls eine russische Konstruktion. Die Täter haben sie zwar modifiziert, aber sie kommt ursprünglich aus Russland.«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Zusammenhalten im internationalen Kampf gegen den Terrorismus. So heißt doch die Zauberformel. Rufen Sie den russischen Präsidenten an. Fragen Sie ihn, ob alle seine Kommandoeinheiten da sind, wo sie sein sollten. Bitten Sie ihn, zu überprüfen, ob ein komplettes Luftabwehrsystem verschwunden ist. Sie können ihm ja sagen, wir bräuchten eventuell militärische Hilfe. Packen Sie ihn bei seiner Eitelkeit. Das wird den Mann motivieren.«
    Der Regierungschef atmete tief ein, bevor er zu seiner Entgegnung ansetzte.
    »Sie werden verstehen, dass ich das vorher mit dem Außenminister abklären muss. Aber ich werde tun, was ich kann.« Der Kanzler hustete kurz. »War es das?«
    »Fürs Erste, ja. Ich melde mich wieder. Und bleiben Sie an dem Henkel dran. Sie wissen ja jetzt, wie Sie mich erreichen können. All you need is love, Herr Bundeskanzler.«
    »Viel Glück, Poseidon. Bis bald.«
    Der Regierungschef beendete das Gespräch. Er sah den Verteidigungsminister an. Seine Entscheidung hatte er längst getroffen. Er würde den russischen Präsidenten anrufen. Persönlich. Unbewusst hatte er begonnen, mit der rechten Hand die Krawatte zu lockern.
    Ein Gespräch von Mann zu Mann.
    Zielführend.
    Auf dem kleinen Dienstweg.
    *
    Die Matrone in der Kantinenküche hatte glücklicherweise die Nerven behalten. Sie war zur Arbeit erschienen. Das Essen war heute sogar überdurchschnittlich gut

Weitere Kostenlose Bücher