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Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman

Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman

Titel: Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer&Meyer GmbH & Co.KG
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geworden, verlangte Lesja von mir, Neuland abzustecken. Hocherhobenen Hauptes, mit einer eleganten kleinen Bewegung der Rechten, schüttelte sie sich das Haar aus dem Nacken, drehte mir den Rücken zu und forderte mich dazu auf, sie zu überraschen. Es war die Zeit nach meinem zweiten Unfall. Diesmal kam ich mit einem Blechschaden davon. Ich spürte, wie mein Körper zu gehorchen, wie ich mich auf ihr Machtspiel einzulassen begann, das wie von selbst zu einem sexuellen Machtspiel wurde. Ergo coeamus. Die Tyrannin hatte sich in meine Hand begeben.
    Sachte griff ich ihr unter den Rock, fuhr entlang der Außenseiten ihrer Oberschenkel, spürte das Gefühl von Haut auf Feinstrümpfen auf Haut, rutschte hinauf zu ihrer Hüfte, wo die Strumpfhose dichter, fester wurde, verfing mich mit den rauhen Stellen an meinen Fingern hin und wieder im feinen Stoff. Meine Finger wanderten, zogen die Rundungen ihres Pos nach, dessen Muskeln leicht zitterten, vor Anspannung mehr denn Erregung, Alezja stand reglos, mit Muskeleinsatz, um ihre Konturen besser zur Geltungzu bringen. Dann streifte sie Rock wie Strumpfhose ab. Mit zwei in Flüssigseife getauchten Fingern erweiterte ich ihren Anus.
    »Was? Das war schon die ganze Überraschung?« war ihr Kommentar, eine halbe Stunde und etliche Fissuren später.
    Längst hätte ich meine Abschlußarbeit angehen sollen. Mein Professor lag mir in den Ohren, mich nicht länger an der Fakultät halten zu können. Ich wollte über das Niederwalzen des Budapester Aufstands schreiben, wollte darüber schreiben, was meine Ungarn mir über 1956 erzählt hatten. Von Gefühlen des Vergewaltigtwerdens einer ganzen Nation, vom Nichtschluckenkönnen eines Brocken, vom Sichducken, vom morgendlichen Fieber, von der Angst beim Erwachen, dem Erwachen zu einer Realität, von der man sich wünschte, sie möchte noch immer Traum sein, denn da war »Etwas« passiert, das unwiderruflich war, und alles und alle würgten, und alles schluckte und schluckte, aber der Brocken wollte nicht hinab, und alle waren sie beschmutzt, nur noch beschmutzt, und auf ewig beschmutzt. Das dachte ich zu schreiben. Aber bei den alten Sowjethähnen, die die Katheder hüteten, wäre das unmöglich gewesen. Also beschränkte ich mich auf die Fakten, doch die waren so trocken, daß ich nie ausreichend Wodka zum Hinunterspülen fand.
    »Bist du vorangekommen?« fragte Alezja rauchend, sie räkelte sich ein wenig, vielleicht sollte es lasziv wirken, und betrachtete ihre frischlackierten blauen Zehennägel; die Füße hielt sie auf mein Becken gestützt.
    »Wie denn, wenn ich ständig mit dir vögle?!«
    »Ich dachte, das inspiriert dich.«
    »Das Vögeln? Das inspiriert vielleicht zum Weitervögeln, aber sicher nicht zum Arbeiten.«Alezjas rechter Fuß war flügge geworden, näherte sich meiner Scham, schien prüfen zu wollen, ob an Weitervögeln zu denken war. Ich schob ihn unsanft aus dem Sperrgebiet.
    Tatsiana hatte mir das Wochenende zuvor erzählt, daß Alezja sich seit geraumer Zeit jeden Morgen erbreche. Vielleicht vertrug sie die Pille nicht. Ich hatte Kondome besorgt. Es zeigte sich, daß sie auch die nicht vertrug.
    Wir hatten nie zuvor darüber gesprochen. Es war nicht mein Thema, ihres offenbar auch nicht. Doch jetzt drängte es mich danach, sie zu fragen, ob sie sich denn nie, kein einziges Mal, Gedanken darüber gemacht habe, daß ich ihr Neffe sei.
    »Hast du ? Hast du , als du mit Tanja geschlafen hast?«
    »Ich habe dich gefragt.«
    »Und ich dich.«
    »Lesja, einfache Frage, einfache Antwort, ok?«
    Sie drückte ihre Zigarette aus.
    »Was?« nörgelte sie, »bekommen wir dann ein Kind mit zwei Köpfen oder so?«
    Ich gab ihr eine Ohrfeige. Ich sah, daß ihre Lippe aufgeplatzt war, ein Rinnsal Blut lief ihr über das Kinn. Alezja strich zitternd mit drei Fingern darüber, dann blitzte sie mich haßerfüllt an und sprang auf.
    »Das hättest du nicht tun dürfen, Wasja.«
    Sie fuhr in ihre Hose.
    » Du hättest das nicht tun dürfen, Tantchen.«
    Schweigen, während sich Alezja weiter ankleidete. Mir kam plötzlich ein erschreckender Gedanke.
    »Du nimmst die Pille, oder? Du hast sie nicht abgesetzt. So weit würdest du nicht gehen, Lesja?!«
    Sie schnaubte angewidert aus.
    »Zwei Köpfe. Und beide würden sie aussehen wie du. Pfui Deibel.«Sie schlug die Tür hinter sich zu. Aus dem Fenster konnte ich beobachten, wie sie den Hof vor dem Hotel querte, sie spuckte Blut, dann verschwand sie aus meinem Blickfeld.
    Auf der Straße

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