Olchis im Bann des Magiers
zum Wohnzimmer öffnete, bot sich ihm ein unerwartetes Bild. Auf dem Flügel stand die Olchi-Mama. Sie schien sehr aufgebracht, schwang einen Kerzenleuchter über ihren Hörhörnern und rief etwas Unverständliches. Alle Gäste standen um sie herum und redeten auf sie ein.
»Was ist denn hier los?«, fragte der Bürgermeister erschrocken.
»Gut, dass du endlich kommst, Ewald!«, rief Elisabeth. »Kannst du diesem verrückten Olchi hier bitte erklären, warum die Müllkippe wegmuss?«
»Was ist das für ein Unsinn?«, rief Ewald. »Fängst du jetzt auch noch davon an? Die Müllkippe kommt nicht weg! Ich denke gar nicht daran! Sie bleibt, wo sie ist!«
»Aber du hast doch gesagt, dass …«, versuchte Elisabeth einzuwenden.
»Nein«, unterbrach Ewald sie. »Dieser Müllberg ist ein schützenswertes Olchi-Biotop. Und die Olchis stehen neuerdings sogar auf unserer Ehrenbürgerliste. Wie oft muss ich das noch sagen?«
Elisabeth verstand gar nichts mehr, und auch die Gäste waren verwirrt.
Doch Olchi-Mama hatte aufgehört zu kreischen. Dafür grinste sie übers ganze Gesicht, sodass man alle ihre scharfen Olchi-Zähne sehen konnte.
»Muffelfurzteufel!«, rief sie laut. »Das wollte ich hören! Und wenn der Bagger wiederkommt? Was machen wir dann?«
»Bagger? Wieso Bagger?« Der Bürgermeister rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich werde mich darum kümmern. Irgendetwas scheint da schiefgelaufen zu sein.«
Dass da etwas schiefgelaufen war, fanden die Gäste auch.
Herr von Schramm fragte unsicher: »Aber unser schönes Festspielhaus! Wie steht es damit?«
»Nicht auf diesem Müllberg«, sagte der Bürgermeister noch einmal. »Das Ding könnt ihr auch woanders bauen.«
»Aber der Platz wäre so ideal«, warf Herr von Lauenstein ein, und die Gräfin von Wurm und Bakschisch meinte: »Ich habe langsam das Gefühl, wir werden hier nur veräppelt. Ich muss mich schon sehr wundern.«
Der Bürgermeister nahm sich ein Glas Champagner und sagte: »Der Müllberg bleibt, wo er ist. Und das ist mein letztes Wort. Ich will nichts mehr davon hören!«
»Ich auch nicht! Lausige Läuseriche!«, fügte Olchi-Mama hinzu.
»Können wir jetzt endlich Musik machen?«, rief der Pianist. »Wir sind doch schließlich zum Musizieren gekommen, oder nicht?«
»Ganz meine Meinung«, sagte die Sopranistin.
»Ja! Singen ist krötig!«, rief Olchi-Mama. Sie wirkte erleichtert und schien plötzlich bester Laune zu sein. »Wir singen zusammen das Olchi-Lied!«
»Das Olchi-Lied?«, fragte die Sopranistin. »Ist das von Mozart oder Schubert?«
»Es ist von Olchi-Opa«, erklärte Olchi-Mama und begann zu singen, so schön laut und krötig falsch, wie es nur ein Olchi kann.
Herr von Weihersumpf und seine Gattin hielten sich sofort die Ohren zu, und die Sopranistin machte ein Gesicht, als hätte sie eine Zitrone im Mund.
»Fliegenschiss und Olchi-Furz,
das Leben ist doch viel zu kurz!
Wir lieben Schlick und Schlamm und Schleim,
das Leben kann nicht schöner sein!«
Der Pianist spielte vorsichtig mit, und in der zweiten und dritten Strophe begleitete er Olchi-Mama fehlerfrei.
»Wenn wir Stinkerbrühe trinken
und in Matschlöchern versinken,
fühlen wir uns muffelwohl,
das Leben ist doch wundervoll!
Muffelfurz und Müllbergschlecker,
Abfall schmeckt doch wirklich lecker.
Schleime-Schlamm-und-Käsefuß,
das Leben ist ein Hochgenuss!«
Als Olchi-Mama endlich fertig war, hüpfte sie vom Flügel und rief: »Beim grätigen Hühnerich, nun ist es aber genug! Auf Wiedersehen, ich gehe heim!«
»Das höre ich gern«, hörte man Herrn Mahlmann murmeln.
Elisabeth begleitete Olchi-Mama schnell zur Tür.
»Du kannst uns gern jederzeit besuchen«, sagte Olchi-Mama zu ihr. »Vielleicht willst du ja auch mal wieder mit den Kindern in den Zirkus gehen?«
»Jaja, vielleicht …«, sagte Elisabeth. Sie wollte Olchi-Mama so schnell wie möglich loswerden.
»Olchi-Oma ist noch immer dort«, erklärte Olchi-Mama. »Sie ist in einer Hüpfhose.«
»Ach ja? Na dann ist ja alles prima«, sagte Elisabeth, die gar nicht verstehen wollte, was Olchi-Mama meinte. »Schönen Abend noch!«
Sie schob Olchi-Mama hinaus und machte die Tür zu. Dann atmete sie ein paarmal tief durch und ging zurück zu ihren Gästen. Hoffentlich konnte der Klavierabend nun endlich beginnen.
Olchi-Oma und Spirelli
Spirelli ging hinüber zum Lamakäfig. Er sah gar nicht wie ein Magier aus, denn er hatte einen blauen Trainingsanzug an, und seine Füße steckten in riesigen
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