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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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viermal Kaffeehaus-Tratsch zu arrangieren.
    Die Oma war am Wäschewaschen. Sie hatte die Familien-dreckwäsche in neun Binkel sortiert und stritt mit Tante Truderl herum, weil diese angeblich eine Leib-und-Bettwäsche-Verschwenderin ist.
    »Dreimal am Tag die Unterhose und zweimal in der Woche die Kissenbezüge zu wechseln, das ist nicht hygienisch, sondern ein Tick!« rief sie.
    Tante Truderl rief, daß sich die Oma ja nicht um ihre Wä-
    sche zu scheren brauche. Die Oma keifte, daß ohne ihre Waschsamstage das Haus vor Dreckwäsche platzen würde, und Tante Truderl keifte, das sei nun der Tick der Oma, daß sie meine, ohne ihre Haushaltsoberaufsicht laufe nichts.
    Worauf die Oma brüllte: »Werd nicht frech!« Und Tante
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    Truderl brüllte: »Ich bin nicht mehr im Alter, wo man frech sein kann!« Dann mischte sich Tante Lieserl in den Streit.
    Sie kam aus der Küche, wo sie Zimtsterne für die Geburtstagsfeier ihrer Freundin backte, und ersuchte die zwei, etwas leiser zu streiten, weil sie das Gebrüll nervös mache und ihr deswegen schon die zweite Ladung Zimtsterne verkohlt sei. Hierauf keiften die Oma und Tante Truderl in neuer Einigkeit auf Tante Lieserl los, weil sie es empörend fanden, für Tante Lieserls hundsmiserable Kochkenntnisse die Verantwortung aufgehalst zu bekommen.
    In der Küche stank es tatsächlich sehr verkohlt. Und ein Berg schwarzer sternförmiger Keksasche war auf dem Kü-
    chentisch. Ich nahm einen Teller mit der Zimtsternasche und wollte in mein Zimmer. Auf dem Weg dorthin kam ich an der telefonierenden Mama vorbei. Sie entriß mir den Teller und murmelte irgendwas von krebsgefährlicher Asche. So ging ich in die Küche zurück und nahm mir vom kleinen Berg ordentlicher Sterne. Tante Lieserl, die gerade zurückkam, bedrohte mich deshalb mit dem Nudelwalker.
    Als ich zum zweitenmal am Telefon vorbei wollte, sah ich, daß die Mama emsig von der krebserregenden Asche aß.
    »Leg langsam auf«, sagte ich zu ihr. »Ich wart nämlich auf einen Anruf!«
    Die Mama tippte sich entrüstet mit einem Zeigefinger ans Hirn und mauschelte - mit vollen Backen - weiter in den Hörer.
    »Du hast sowieso einen eigenen Apparat in deinem Zimmer«, sagte ich. »Warum mußt du dauernd unsere Leitung blockieren?«
    Die Mama gewahrte die tadellosen Zimtsterne in meiner Hand und grapschte nach ihnen. »Friß mir nicht mein letz-
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    tes weg!« rief ich und barg meine Nahrung an der Brust.
    »Wenn du schon nicht kochst für mich, beraub mich nicht noch!« Die Mama trat mir gegen das rechte Schienbein, ich ließ vor Schmerz die Keksbeute fallen und humpelte fluchend weg. Die Kurve zur Treppe hin nehmend sah ich, daß die Mama nun auf dem Boden hockte und unerhört hurtig Kekse in sich hineinstopfte.
    Als ich in mein Zimmer kam, merkte ich gleich, daß da jemand gewesen war. Auf dem Boden war keine einzige Schallplattenhülle und keine Zeitschrift. Auf meinem Schreibtisch war aller Kram zu Stößen gestapelt. Sogar die Hausschlapfen standen, artig geradeaus gerichtet, vor dem Bett. Sämtliche Laden und Schranktüren waren geschlossen, und meine verstreuten Klamotten waren verschwunden. Dazu stank es noch nach Zitronensalmiak-Putzmittel.
    Ich hob die Bettdecke. Natürlich! Der volle Aschenbecher und die verschneuzten Papiertaschentücher waren auch nicht mehr unter dem Bett.
    »Wer war das?« brüllend, stürmte ich aus meinem Zimmer.
    »Warst du das?« brüllend, betrat ich das Wohnzimmer, wo Tante Fee, mit der TV-Fernbedienung in der Hand, darauf wartete, daß das Nachmittags-Kinderprogramm endlich beginnen möge.
    »Gar nichts war ich«, beteuerte die Tante. »Was soll ich denn gewesen sein?« fragte sie.
    »Das Schwein, das mein Zimmer poliert hat!« rief ich.
    »Verdammt noch einmal, red nicht so von mir«, sagte die Oma und kam ins Wohnzimmer. »Das Schwein bist du\
    Zwei Eimer Dreck hab ich aus deiner Rumpelkammer ge-schleppt!«
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    »Es ist ausgemacht, daß keiner bei mir zusammenräumt«, brüllte ich.
    »Es ist ausgemacht, daß du selber bei dir zusammenräumst!« brüllte die Oma.
    »Der Dreck in meinem Zimmer geht nur mich was an!«
    schrie ich.
    »Da dein Zimmer in meinem Haus ist, geht er auch mich was an«, schrie die Oma.
    Nichts ist fieser und mieser, als mit Eigentumsansprüchen zu argumentieren! Was aber die alte Schachtel letzten Endes immer tut! Wenn sie mit der Mama oder den Tanten so redet, ist das schon gemein genug, aber die verdienen wenigstens Geld und sind erwachsen und

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