Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
hier in dieser Umgebung verbringen. Er drehte sich rum, zog die Türe hinter sich zu und fuhr ins Präsidium.
Unterwegs fielen die ersten Tropfen auf seine Windschutzscheibe. Willkommen. Als er ankam, regnete es. Endlich. Nach diesem heißen Tag. Hell grüßte flüchtig die Beamten am Eingang und ging direkt auf den Aufzug zu und fuhr in die zweite Etage. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, ordnete die Memos und Berichte, die sich auf dem Tisch angesammelt hatten. Es gab keine Spur von Zylau, auch keine Spur von Hesse. Ebenfalls war der Detektiv nicht auffindbar. Es war sehr wahrscheinlich, dass er entführt wurde. Er war an Hesse dran gewesen und der hatte sich ihn geschnappt. In der Nebenstraße von Hesses Haus stand jetzt ein Wagen, der das Haus observierte. Keiner rechnete damit, dass er hier wieder auftauchen würde, aber man musste mit allem rechnen.
Er war gerade im Begriff sich einen Kaffee zu holen, als das Telefon klingelte. Ein Beamter von der Rufbereitschaft war dran. Hell krampfte sich sofort der Magen zusammen. Christoph war von einer Streife aufgegriffen worden und hatte den Beamten angegriffen. Man hatte ihm Handschellen angelegt und nun saß er in Gewahrsam in einer Zelle. Er legte auf und nahm sich sein Jackett. Seine Hoffnung, dass es ohne Komplikationen ablaufen würde, erfüllte sich nicht. Jetzt saß sein Sohn in Polizeigewahrsam. Widerstand gegen die Staatsgewalt war nichts, was man so vom Tisch wischen konnte. Bestimmte Dinge konnte er jetzt schon konstatieren. Wie auch immer, sein Sohn würde angeklagt werden. Und er hatte keine Chance bekommen, ihm zu helfen.
Die Zelle, in der sein Sohn saß, befand sich im selben Gebäude. Die beiden Beamten, die ihn eben noch freundlich gegrüßt hatten, machten jetzt betretene Gesichter. Einer der Beamten führte ihn durch die Sicherheitsschleuse und sie gingen durch das Treppenhaus in die untere Kelleretage. Er öffnete eine zweite Schleuse und führte Hell bis an die Zelle. Der Beamte schloss auf. Hell gab ihm ein Zeichen draußen zu warten. Er trat in die Zelle. Sein Sohn lag auf der Pritsche.
„Habe ich mir doch gedacht, dass sie das meinen Bullenvater sofort stecken werden.“
Er hatte seine Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Hell hatte die schwere Eisentüre im Rücken. Die Kälte der Türe drang durch und durch.
„Warst Du das mit dem Benzin in meiner Wohnung?“ Er versuchte ruhig zu bleiben, während sich eine Faust seinen Magen griff. Hell blickte sich in der Zelle um. Es gab einen Tisch, es gab eine Toilette aus Metall an der Wand und es gab ein Waschbecken aus Metall daneben. In nächster Nähe zu dem Bett war das die spartanische Einrichtung aller Zellen.
„Benzin? Was für Benzin?“
„Christoph, tu mir den Gefallen und verarsche mich nicht“, brüllte Hell los, „Wer sonst außer dir konnte in meine Wohnung gelangen? Ohne Spuren zu hinterlassen? Hmh?“
„Siehst Du, Du brüllst schon wieder. Wie immer. Ich weiß nichts von Benzin. Das wird einer deiner Psychopathen gewesen sein, die Du immer jagst.“
Hell trat mit zwei schnellen Schritten an die Pritsche heran und rüttelte seinen Sohn an den Schultern. „Wen wolltest Du umbringen? Dich oder mich?“
Christoph blickte ihn kurz an, schaute aber dann gegen die Wand. „Los, sag es. Wen wolltest du umbringen?“
„Ist doch scheißegal, ob ich jemanden umbringen wollte. Es interessiert dich doch eh nicht. Hörst du, es interessiert dich nicht. Warum soll ich es dir dann sagen?“
„Weil ich Angst um dich habe. Hörst Du, ich habe Angst um dich. Ich habe Angst, dass die Drogen dich zu Dingen treiben, die ein schlimmes Ende haben. Verstehst Du mich?“ Hell rüttelte wieder an seinem Sohn. Seine Finger krallten sich in Christophs Sweatshirt. Der schwieg und hielt weiter den Blick auf die Wand gerichtet.
„Ok, Christoph, es wird so laufen: Du kommst wieder in die Klinik. Und es wird sich eine Psychologin um dich kümmern. Und ich werde mich um dich kümmern. Ob du das willst oder nicht. So wird es sein.“ Er drehte sich um und ging zur Türe.
„Warum tust Du das?“, fragte Christoph.
„Weil ich dich liebe, mein Sohn. Weil ich dich liebe.“ Hell stand mit dem Rücken zu seinem Sohn. Direkt vor der kalten Zellentüre. Diesen Satz hatte er noch nie über die Lippen gebracht. Noch nie. Hell drehte sich noch einmal um und ging neben der Pritsche in die Hocke. Christoph legte seine Hand in die seines Vaters. Er hatte Tränen in den Augen, als
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