Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)

Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)

Titel: Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
Vom Netzwerk:
wurde. Wegen Insubordination“, fing Wendt an seine Ergebnisse vorzutragen, „Was allerdings das Seltsamste ist, er stammt aus einem kirchlichen Elternhaus. Sein Vater ist Pfarrer hier in Bonn.“
    Ein inneres Raunen zog durch den Raum. Sie schauten sich alle konsterniert an. Stille. Wieso hatte Wendt so lange damit hinter dem Berg gehalten? Wollte er wieder die Lorbeeren für sich ernten?
    „War schon jemand dort“, fragte Meinhold. Sie versuchte, ihre Empörung über ihren Kollegen zu verbergen.
    „Nein, wir haben es erst heute Morgen erfahren. Bislang kümmerten wir uns nur um die militärische Karriere von Hesse. Ich denke, wir sollten den Vater beschatten. Ebenso seine Frau.“
    „Gut, Wendt veranlassen sie das.“ Wendt öffnete das Mailprogramm seines Handys und schrieb eine entsprechende Mail an die Bereitschaft.
    „Nun, jetzt wissen wir, warum Hesse so kaltschnäuzig agiert. Er hat es gelernt“, sagte Doktor Leck, „Es war sein Beruf. Er hat es Hunderten von Soldaten beigebracht, wie man sich in Extremsituationen verhält.“
    „Viele andere Täter sind bis zur Selbstschädigung impulsiv. Davon ist bei ihm nichts zu spüren.“
    „Ja, er hat die Kontrolle. Machen wir uns nichts vor, es ist ja so, dass er sogar unsere Ermittlungen kontrolliert“, bemerkte Hell mit einem frustrierten Unterton in der Stimme.
    „Was denken Sie, wie Hesse sich selber sieht?“
    Die Doktorin blickte Meinhold an. Seit ihrem letzten Aufeinandertreffen spürte sie einen feindseligen Unterton in den Fragen der jungen Polizistin. „Alle grausamen Menschen sehen sich als Musterbeispiel an Aufrichtigkeit.“
    „Also denken Sie, dass er sich auch so sieht?“
    „Wenn man Aufrichtigkeit mit Geradlinigkeit gleichsetzt, dann ja.“
    „Das heißt für uns?“
    „Diese Menschen sehen sich nicht als grausam an. Sie entschuldigen ihr Tun mit ihrer Anschauung der Dinge. Alles, was anders denkt, wird abgelehnt und bekämpft. Im schlimmsten Fall getötet.“
    „Sie bezeichnen Hesse damit als Psychopathen?“
    „Nein, das tue ich nicht. Hesse ist kein Psychopath. Was ich bei ihm vermute, ist eine posttraumatische Belastungsstörung. In Amerika laufen tausende Veteranen als tickende Zeitbomben herum. Irak. Afghanistan. Unentdeckt. Unbehandelt. Von der Gesellschaft unbeachtet. Vergessen. Ich kann das nur vermuten, nicht bestätigen. Aber auch bei uns gibt es Soldaten, die das, was sie gesehen haben, nicht verarbeiten können.
    Hesse sieht sich nur auf einem Kreuzzug. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann stammt er aus einem christlichen Elternhaus. Wir sollten die Eltern befragen, wie die Erziehung des Kindes abgelaufen ist. Das hilft uns bei der Erstellung des Profils.“
    „Ich kümmere mich darum“, sagte Wendt.
    „Gut“, resümierte Hell, „Hesse ist kein Psychopath, er ist ein Krieger auf einem Kreuzzug. Was steht uns noch bevor? Eine finale Attacke? Gegen wen?“
    Doktor Leck spürte die Augen aller Beteiligten auf sich. So eine Situation kannte die Profilerin nur zu gut. Aber aus einem unerfindlichen Grund war es diesmal anders.
    „Wen kann er noch kennen? Er hat Fotos und Bücher bei Flottmann gesehen und er hat eine halbe Nacht bei Bündgen die Bücher ins Schaufenster gestapelt. Wer weiß, was er da noch an Informationen gefunden hat. Es kann auch sein, dass er eine komplette Charge unterschlagen hat, oder? Wir haben den Wagen von Bündgen noch nicht gefunden. Was für einen Wagen fährt er?“
    „Auf ihn ist ein Ford Kuga zugelassen und einige LKW.“
    „Also, da kann er einiges mit entwendet haben.“
    „Sie dürfen nicht vergessen, er hat vermutlich auch Bündgen damit zum Flughafen transportiert.“
    „Der Kuga ist in der Fahndung, wir müssen abwarten.“
    „Also, wenn wir das richtig betrachten, dann müssen wir auf die Familie setzen, um ihn zu kriegen. Wenn er sich wirklich auf einem finalen Kreuzzug – gegen wen auch immer – befindet, wird er sich verabschieden wollen. Das ist die einzige Chance, die wir haben.“ Doktor Leck nickte wie in Trance.
    „Sie denken, dass er bis zum Letzten gehen wird?“
    „Ja, das denke ich. Er hat seine Brücken abgebrochen. Seine Familie hat er verloren, schon lange. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er es beenden will.“
    „Sagen Sie als Psychologin?“, fragte Meinhold mit einem üblen Unterton. Ihr kam eigentlich kein Zweifel, aber sie wollte Doktor Leck provozieren. Ihr war das Gespräch vom Vortag noch sehr präsent. Diese Frau hatte sich anders

Weitere Kostenlose Bücher