Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Vandenberg. Statt bei einem gemütlichen Abendessen mit seinen Eltern, saß er in der Bonner Verhörzelle. Sein Blick ging durch den Raum, er knetete mit der linken Hand die Rechte. Seine Haut spannte sich über den Knöcheln.
„ Was denken Sie, Chef?“, fragte Klauk und ließ seinen Blick nicht von Vandenberg.
„ Versuche es, entweder klappt es oder es klappt nicht“, antwortete Hell. Er nahm einen Schluck aus seinem Automatenkaffee, der an diesem Samstag besonders schrecklich schmeckte. Er verzog seinen Mund. Klauk öffnete leise die Türe und fünf Sekunden später öffnete er die Tür des Verhörraumes.
Er schloss sie mit einem lauten Knall. Hell konnte sehen, wie Vandenberg zusammenzuckte.
„ Guten Tag, Herr Vandenberg. Mein Name ist Klauk von der Kripo Bonn. Herr Vandenberg, ich möchte sie zu einem ganz bestimmten Ereignis im Jahre neunzehnhundertzweiundneunzig befragen. Und zwar geht es um die Einbalsamierung eines Leichnams. Klingelt da etwas bei Ihnen?“
Hell und Klauk beobachteten jetzt genau seine Reaktion. Wohin ging sein Blick? Wie reagierte sein Körper?
„ Neunzehnhundertzweiundneunzig? Geht das etwas präziser? Ich habe so etwas öfter gemacht.“ Vandenberg spielte auf Zeit. Nicht mit Klauk.
„ Es geht um die Einbalsamierung von Günter Adelberg am fünfundzwanzigsten Februar. Drei Tage nach dem Mord an ihm, an dem auch sie beteiligt waren, Herr Vandenberg. Jedenfalls sagen das diese Akten hier aus.“
„ Was?“, schrie Vandenberg entsetzt auf, „Ich? Ein Mord? Was reden Sie da für einen Unsinn?“ Seine kleinen, klugen Augen wurden rund wie Murmeln. Er atmete stoßweise.
„ Herr Vandenberg, wir wissen, dass Günther Adelberg von Heinz-Theo Walters und Karsten Olbrichs getötet wurde. Rosalie Lindemann war ebenfalls beteiligt. Und ihr Name steht in diesen Unterlagen.“ Er tippte mit dem Zeigefinger ruhig auf den Aktenordner, der zwischen ihnen lag. In dem Aktenordner lag tatsächlich eine Rechnung von Vandenbergs Firma. Datiert aus dem Oktober des letzten Jahres. Klauk hatte nichts, was Vandenberg mit dem Todestag von Adelberg in Verbindung brachte. Doch das wusste Vandenberg nicht. Der atmete betont gleichmäßig, um seinen Puls zu beruhigen. Es gelang ihm nur leidlich. Ein kurzer Blick nach oben, dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen.
„ Das ist völliger Quatsch. Ich wurde von Karsten Olbrichs gebeten, eine Einbalsamierung vorzunehmen, weil es sich bei dem Toten um einen Archäologen handelte. Es stand so in seinem Testament“, sagte er und dann, als würde er sich selber von der Wahrheit seiner Worte überzeugen müssen, „Das sagte man mir jedenfalls. Adelberg ist eines natürlichen Todes gestorben.“
Klauk tippte vehement mit zwei Fingern auf den Aktenordner.
„ Nein! Das ist er nicht. Er wurde ermordet. Gemeinsam von den eben genannten Personen. Und Sie wussten davon!“ Klauks Ton war scharf und pointiert. Er lehnte sich nur ein wenig nach vorne. Keine körperliche Aggressivität, nur verbale.
„ Nein!“
„ Wer hat sie darauf angesprochen? Seine Frau?“, fragte Klauk.
„ Nein, das war Olbrichs selber. Er hat mich angerufen und gefragt, ob ich das für ihn und diesen Adelberg machen könnte.“
„ Machen Sie das oft? So einfach auf Anfrage. Haben Sie eine Ausbildung für so etwas?“
„ Nein, ich habe keine Ausbildung dafür. Ich weiß, wie meine Geräte funktionieren. Den Rest hat Dr. Walters erledigt.“
Klauk lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„ Welchen Rest?“
„ Adelberg sollte wie eine ägyptische Mumie einbalsamiert werden. Da durften keine inneren Organe mehr vorhanden sein. Und das mit den Binden habe ich mir selber beigebracht. Ich habe damit auf Partys angefangen, so als Attraktion. Weil das so gut ankam, habe ich es ausgeweitet. Man kann damit Geld machen, wenn Sie verstehen, was ich meine“, sagte er und legte so etwas wie ein kleines Siegeslächeln auf. Er setzte sich ruckartig auf dem Stuhl zurecht.
„ Ihnen ist klar, dass man Ihnen das als Störung der Totenruhe auslegen kann und wird.“
„ Was? Man hat mich doch angesprochen. Was soll daran strafbar sein?“
„ Man darf solche Dinge nur mit einer Lizenz ausüben. Die Anwesenheit eines Arztes und eines Beerdigungsunternehmers reicht da leider nicht aus. Sie müssen in diesem Fall mit einer Anklage rechnen, Herr Vandenberg. Das ist allerdings nichts gegen den nach wie vor im Raume stehenden Verdacht der Beihilfe an einem Mord.“
Er schüttelte seinen Kopf. In
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