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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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hervor.
    „ Ja, das ist die zweite schlimme Nachricht, die wir haben. Ihr Vater wurde entführt. Der Tod ihrer Mutter steht in direktem Zusammenhang dazu. Sie erlitt einen Infarkt. Es tut mir sehr leid, Herr Walters.“
    „ Entführt? Mein Vater? Gibt es eine Forderung?“, fragte er.
    „ Nein, gibt es nicht. Es ist bereits die dritte Entführung in dieser Woche. Wir gehen davon aus, dass es ein und derselbe Entführer ist. Die Handschrift ist gleich. Es gibt keine Forderungen.“
    „ Ja, ich habe davon gehört in den Nachrichten“, stammelte er.
    Klauk hatte sich bis jetzt im Hintergrund gehalten. Jetzt schob er sich neben Rosin an den mit Aktenordner übersäten Schreibtisch heran.
    „ Sagen Ihnen die Namen Rosalie Lindemann und Karsten Olbrichs etwas? Das sind die anderen beiden Entführungsopfer. Hat ihr Vater diese Namen einmal erwähnt?“
    Walters überlegte kurz. Man sah ihm an, dass es ihm schwerfiel, einen Gedanken in diese Richtung zu lenken.
    „ Nein. Ich bin mir ziemlich sicher.“
    „ Vielen Dank. Wir müssten ebenfalls ihrer Schwester die Frage stellen. Wir haben versucht, sie zu erreichen. Können Sie uns da helfen?“, fragte Rosin. Langsam fiel die Anspannung von ihr ab. Der junge Doktor hatte seine Gefühle gut im Griff, fand sie. Lag es daran, dass man in den besseren Kreisen seine Gefühle stets unter Kontrolle hielt?
    „ Meine Schwester ist nicht dort zu erreichen, wo sie gemeldet ist. Meine Schwester ist krank.“ Er stand auf und hob einen der Stapel Blätter an, der auf dem Tisch vor ihm lag.
    „ Sehen Sie“, sagte er, „Diese Studenten hier hätten die Klausur bestanden. Die anderen, die dort noch auf dem Tisch liegen, die wären durchgefallen. Wissen Sie, mein Vater hat mich gelehrt, keine Prüfung im Leben ist zu gering, als das man nicht alles geben sollte, um sie zu meistern. Und jetzt? Jemand hat ihn entführt. Jemanden, der in seinem Leben dutzende von Leben gerettet hat. Was hat das für einen Sinn?“ Mutlos ließ er den Stapel Blätter wieder auf den Tisch fallen.
    Rosin revidierte ihren Gedanken. Für den Sohn eines über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Arztes war das ein richtig heftiger Gefühlsausbruch. Sie wollte nicht in seiner Haut stecken und verkniff es sich weiter, über Menschen voreilig zu richten.
    „ Wo können wir Ihre Schwester erreichen? Es wäre wirklich wichtig“, fragte Klauk.
    „ Sie ist im Universitätsklinikum auf dem Venusberg. Schon seit geraumer Zeit. Sie müssen sich dort melden, um einen Termin auszumachen. “
    „ Wir hätten dann noch eine Bitte an Sie. Es könnte sein, dass sich der Entführer meldet. Wir gehen zwar nicht davon aus, aber möglich wäre es. Dann sollte jemand aus der Familie ans Telefon gehen. Wenn ihre Schwester nicht abkömmlich ist …“, sagte Klauk.
    „ Sicher“, sagte Walters, der plötzlich aufsprang und seine Jacke ergriff, die auf der Stuhllehne hing.
    „ Vielen Dank, für ihre Hilfe. Hier ist meine Karte, falls Ihnen noch etwas einfällt“, sagte Klauk, und reichte Walters seine Visitenkarte über den Tisch.
    „ Vielen Dank. Ich denke, ich werde jetzt zum Haus meiner Eltern fahren“, sagte er.
    Ohne große Abschiedsfloskeln verließen Rosin und Klauk das Büro und anschließend das Universitätsgebäude.
    „ Das war das erste Mal, dass ich jemandem so eine Nachricht übermitteln musste. So etwas lernt man nicht auf der Polizeischule“, sagte sie, als die beiden Beamten den Zebrastreifen überquerten, der sie in die Innenstadt brachte.
    „ Du hast dich gut geschlagen“, sagte Klauk. Lea nickte. Sie fand, sie hätte es mit mehr Gefühl anbringen müssen.
    „ Sag mal, wollen wir noch auf den Venusberg fahren, oder sollten wir besser erst einen Termin ausmachen?“
    „ Ich gehe davon aus, dass Sven-Ferdinand Walters seine Schwester noch besucht, um ihr die Nachricht persönlich zu übermitteln. Bei jemandem, der in der psychiatrischen Klinik einsitzt, ist das sicher keine so leichte Sache.“
    „ Es war auch eben keine leichte Sache«, maulte Rosin.
    Sie überlegte, was die junge Frau dazu gebrachte hatte, mit achtundzwanzig Jahren bereits in der Psychiatrie zu sitzen. Die Antwort gab sie sich selber. Heute war es leider nicht mehr vom Alter abhängig. Immer früher hatte man Burn-out-Symptome, weil der Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt gnadenlos geworden war. Wer Schwäche zeigte, verlor.
    „ So habe ich das nicht gemeint, Lea“, antwortete Klauk mit Verspätung.
    „ Ich weiß. Ich

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