Oliver Hell - Das zweite Kreuz
spät genug.“
Sie schwiegen beide. Er hörte ihren Atem. Klauk ließ sich in seinem Stuhl ein Stück herunterrutschen.
„ Na dann“, sagte Wendt, „Ich bin mal gespannt, ob uns das weiterbringen wird.“
„ So skeptisch?“, fragte Hell, den die Euphoriebremse seines Stellvertreters irritierte.
„ Ich habe kein gutes Gefühl dabei.“
„ Alles, was uns weiterbringt, sollte ein gutes Gefühl erzeugen. Wenn es Mist ist, können wir immer noch Trübsal blasen. Ich sehe euch morgen.“
Mit den Worten zog er die Türe ins Schloss.
Fünf Minuten später saß er bereits in seinem Dienstwagen auf dem Weg nach Hause. Er hatte eine Überraschung für Christoph geplant. Voller Vorfreude gab er Gas.
*
Der Mann, dessen Name Felix Rath war, wartete auf Lea Rosin auf dem Parkplatz neben dem Ruhewald in Hennef. Von dort sollte der Geocaching-Schnupper-Kurs im Wald hinter dem neu angelegten Friedhof starten. Sie fand es zwar befremdlich, dass dort ein Friedhof in der Nähe war. Doch hatte Rath sie dahingehend beruhigt, dass man sich nicht auf dem Gelände des Friedhofes bewegen würde. Man brauchte keine Kenntnisse mitbringen, ein GPS-Gerät würde den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.
Rosin hatte sich beinahe bei Meinhold verquatscht. Um halb neun sollte sie in Hennef sein. Um acht Uhr war sie immer noch in Bonn in der Argelanderstraße. Plötzlich sprang sie erschrocken auf, blickte auf die Uhr an ihrem Handgelenk.
„ Mist. Ich muss ja noch nach Hennef, durch den Wald hechten mit diesen Geocaching-Vögeln. Boah, das hätte ich fast vergessen. Sorry, Christina, ich muss los“, sagte sie hektisch und war schon auf dem Weg zur Türe.
„ Was willst Du denn um Himmels willen dort?“, fragte Meinhold belustigt.
„ Der Hintergrund ist die GPS-Spur, die wir verfolgen. Wir ermitteln in alle Richtungen. Selbst wenn es jetzt eine andere Spur gibt, wer weiß, vielleicht hilft es uns weiter. So, ich muss los. Wir sehen uns, ja?“ Meinhold schob sie aus der Türe. „Mach‘s gut, Lea.“
Zwei Minuten später notierte sie sich noch fix die Nummer des Maklers, bevor sie in den Insignia stieg.
Sie fuhr gerade durch die Bonner Straße in Hennef. Vor einer Baustellenampel musste sie anhalten. Hier wurde die Teerdecke erneuert. Die Ampel sprang auf grün. Viel zu lange hatte das Warten gedauert. Sie rumpelte mit dem Insignia durch die Schlaglöcher der Baustelle. Kurz vor einer Tankstelle machte die Straße einen Knick nach links. Sie bog links ab. Felix Rath hatte ihr erklärt, sie müsse die Bonner Straße durchfahren, bis sie zu einer Abzweigung käme, wo ein Schild den Weg zum Ruhewald wies. Rosin war unsicher. Gegenüber einer Straße, die links den Berg hinaufführte, hielt sie an. Unschlüssig schaute sie diese Straße hinauf. Auf dem Bürgersteig kam ihr ein Mann mit einem Hund entgegen. Der Hund hatte etwas von einem Kampfhund, der Mann trug eine Militärjacke, darüber eine gelbe Signalweste. Einem Vorurteil folgend, ordnete sie den kahlköpfigen Mann direkt einer Schublade zu. Sie betätigte trotzdem den Schalter für den Fensterheber auf der Beifahrerseite.
„ Entschuldigen Sie bitte, wie komme ich zum Ruhewald Hennef?“, fragte sie und lehnte sich auf den Beifahrersitz. Der Mann machte ein freundliches Gesicht. Er hockte sich lächelnd neben die Türe, streichelte seinen Hund.
„ Ganz einfach. Sie fahren diese Straße weiter, bis sie an eine Art Kreuzung kommen. Sie fahren geradeaus weiter, die Straße macht eine Abbiegung nach rechts. Daran stören sie sich aber nicht. Das ist dann immer noch die Bonner Straße. Nach circa dreihundert Metern geht es links hoch. Diese Straße heißt Bodelschwinghstraße. Die fahren sie ganz hoch. Dort ist der Ruhewald. Können Sie gar nicht verfehlen.“ Er zeigte die Straße entlang.
Rosin schämte sich für ihr Vorurteil, bedankte sich und gab Gas. Der Mann mit dem Hund hatte es perfekt beschrieben. Mit zehn Minuten Verspätung kam sie auf dem Parkplatz an. Ein großer Findling mit der Inschrift Ruhewald war nicht zu übersehen. Eine Gruppe von sechs Personen wartete dort bereits. Sie rollte aus und parkte den Opel.
„ Du musst Lea sein, stimmt’s?“ Mit dieser Frage kam ein kleines, quirliges Kerlchen auf sie zu und stellte sich als Felix Rath vor. Rosin schoss es sofort durch den Kopf, dass dieser Mann der verlorengegangene Zwilling des Comedians Ralf Schmitz sein musste. Er war ähnlich fahrig und zappelig. Das kann ja heiter werden, dachte
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