Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
Unverständnis im Boden zu versinken. Jetzt hob er den Kopf.
„ Was soll ich sagen? Wir haben einem potentiellen Mitverantwortlichen der Verbrechen in einem Verhör nachgewiesen, dass er lügt. Wenn das nicht als Anfangsverdacht ausreicht, dann muss ich noch einmal auf die Polizeischule gehen. Wir suchen die Entführer unseres Chefs. Wir suchen Mörder. Hat das einer von Ihnen überhaupt verstanden? Ich bezweifle das wirklich.“
Gauernack schob seine Unterlippe nach vorne.
„Bevor ich jetzt etwas sage, was mir vielleicht nach ein paar Minuten leid tut, bitte ich Sie beiden jetzt zu gehen.“
„ Nichts lieber als das“, sagte Klauk spontan, und wandte sich der Türe zu, „Jan-Phillip kommst Du?“
„ Ja, mir fehlen auch die Worte.“
Wendt schloss betont leise die Tü re des Büros. Wortlos gingen sie den Flur entlang. Dann blieben sie an der Türe zu Hells Büro stehen. Sie schauten sich an. Wendt erkannte erst jetzt die Verzweiflung im Gesicht seines Kollegen.
„ Man könnte beinahe denken, dass sie von denen bezahlt werden. Kein Anfangsverdacht? Dass ich nicht lache. Klar, wir sind ins Blaue gestartet, aber wir haben ihn gehabt. Wenn dieses Arschloch keinen Schwächeanfall erlitten hätte, dann hätten wir ihn bei den Eiern gehabt. Bis dieser Fettsack von Anwalt vor Ort gewesen wäre, hätten wir ihn in noch mehr Widersprüche verwickelt.“
Die Tü rklinke der Bürotüre musste leiden, und die Türe flog auf.
Wendt zog seine Jacke aus und warf sie in hohem Bogen ü ber den Tisch auf den Stuhl. Sie blieb aber nicht dort hängen, sondern rutschte in Zeitlupe nach unten.
„ Du hast Recht. Das Schlimmste aber ist, dass wir jetzt vor Lessenich zu Kreuze kriechen müssen. Ich könnte Oberstaatsanwalt Offergeld in die Fresse hauen. Lessenich. Der Idiot findet keinen Baseballschläger, den man ihm in den Arsch geschoben hat.“
Klauk bekam Sodbrennen. Seine Magensä ure fing an zu spinnen. „Boah, mir ist echt schlecht. Ich glaube, ich muss mich gleich übergeben.“
Die Tü re öffnete sich. Wendt sah den Schopf von Rosin vor der Türe stehen. Sie war nicht alleine. Sie unterhielt sich mit Nina Dahling. Dann ertönte die laute Stimme Lessenichs auf dem Flur. Die beiden Frauen machten ihm Platz. Er war noch nicht ganz im Büro angekommen, als er sein breites Grinsen aufsetzte.
„ Man hat Sie gebeten die Untersuchung abzugeben, meine Herren. Wieso war mir das eigentlich klar? Achja, muss ich erwähnen, dass ich jetzt die Leitung der SoKo ‚Asien‘ habe?“
Er bekam keine Antwort. Lessenich suhlte sich in seinem gefü hlten Sieg. Und das zeigte er unmissverständlich.
„ Aber Sie beiden haben ja gegen keinerlei Gesetze verstoßen, oder? Nein? Sie sehen das sicher immer noch anders. Aber daher nehme ich jetzt den Fall in die Hand. Ich erwarte von Ihnen eine eingehende Einarbeitung. Was haben wir vor uns? Wer sind die Verdächtigen? Was ist bisher geschehen? Was erwartet die Staatsanwaltschaft? Wo sind die entsprechenden Akten? Ich muss binnen weniger Stunden dem Staatsanwalt Feedback geben. Der Staatsanwalt wiederum erwartet von Ihnen ein einhundertprozentiges Briefing. Also, meine Damen und Herren. Auf geht’s!“ Er setzte sich auf den Stuhl von Hell.
Er klatschte in die Hände wie ein Fußballtrainer, der sein Team motivieren will. Lea Rosin stand auf, verließ das Büro und kam eine halbe Minute später mit einem Arm voller Akten wieder zurück.
Sie legte die Akten auf den Tisch vor Lessenich.
„Sehen Sie, meine Herren. Das Mädchen hier ist schlauer als sie beide. Nehmen Sie sich ein Beispiel an ihr. Da können Sie noch etwas lernen.“ Er grinste über das ganze feiste Gesicht.
„ Herr Kommissar Lessenich, ich habe diese Akten nur geholt, damit sie sich ein Bild machen können. Wer ist der Mörder? Ein so heller Kopf wie Sie, hat sicher keine Probleme, sich sehr schnell ein Bild zu machen.“
„ So ist das nicht gedacht, Mädchen“, sagte er.
Lea Rosin nahm einen der Aktenordner in die Hand.
„Wenn Sie mich noch einmal „Mädchen“ nennen, dann zeige ich Sie an wegen sexueller Belästigung. Haben Sie das verstanden, Herr Kommissar?“
Lessenich zuckte zusammen. Wendt schaute in das erschrockene Gesicht des Mannes.
„Frau Rosin, ich bitte Sie“, sagte Lessenich.
„ Nein, Sie brauchen nicht bitten. Jeder hier im Raum hat gehört, wie Sie mich angesprochen haben. Das ist eine Anzüglichkeit. Sicher interessiert sich der Staatsanwalt auch für solche Details.“
Nina
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