Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
zweiunddreißig Jahre alt. Berufsverbrecher, aber ein kleines Licht. Geldeintreiber, Körperverletzungen, Diebstähle als Jugendlicher. Hat von den letzten zehn Jahren acht im Gefängnis verbracht. Er ist der Typ dümmlicher Mitläufer. Ihn erwischt es immer. Wie jetzt auch. Große Klappe, nix dahinter.
Anders ist das bei dem, der ü berlebt hat. Hasan Cetin ist einunddreißig Jahre alt, hat ebenfalls als Geldeintreiber gearbeitet. Nebenbei hat er gedealt, saß dafür zwei Mal im Bau. Aber jetzt kommt‘s: Er ist ein Freund von Ufuk Badak. Die KTU ist dabei die Wohnungen der beiden zu untersuchen. Vielleicht kommt da ja was zutage.“
„ Danke Wendt“, sagte Hell und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, „Eben rief Dr. Beisiegel an. Bilen ist mit zwei Kugeln aus einer Neunmillimeter getötet worden. Sie hat gestern Abend bereits den Verdacht geäußert, dass der Mann von einem Profikiller getötet wurde. Jetzt macht das auch Sinn. Ich hatte gestern ein Gefühl, was sich nun zu bestätigen scheint.“
Er hielt inne, als ob er seine Gedanken neu ordnen mü sste.
„ Ich hatte das Gefühl, dass die beiden von Agayer erledigt wurden. Jetzt wo die Verbindung zwischen Cetin und Badak bestätigt ist, macht das auch wirklich Sinn. Für wen haben die beiden gearbeitet?“
Wendt blä tterte in seinem Aktenordner. „Da ist nichts bekannt, Chef“, sagte er nach ein paar Sekunden, „Um beide war es in der letzten Zeit sehr ruhig.“
„ Ok Wendt, fahren Sie zu den Angehörigen und quetschen die aus. Irgendwer muss etwas wissen. Die sind nicht plötzlich lammfromm geworden. Und von irgendetwas haben sie gelebt.“
„ Dann ist jeder mit Arbeit versorgt. Wir sehen uns heute Mittag.“
Er stand auf und ging aus dem Raum. Auf dem Flur drehte er sich noch einmal um und kam zurück.
„ Kann noch jemand im Krankenhaus anrufen und sich nach dem Befinden von Cetin erkundigen? Und einer geht in dieses Nobelhotel hinter der Brücke“, rief er in den Raum hinein.
Er hö rte gerade noch, wie Wendt sagte: „Diese Kanaken haben manchmal Namen. Ufuk, wer heißt schon Ufuk? You fuck! So sollte das klingen. Hey man, I fuck You! I ’m Youfuck!“
Er tippte sich mit beiden Zeigefingern auf die Brust und imitierte das prahler ische Gehabe eines farbigen Gangsters.
Klauk lachte, doch blieb ihm das Lachen im Hals stecken, als er Hell in der Tü re sah. Der schaute ärgerlich durch den Türspalt.
„ Ihr benehmt euch manchmal wie die Kinder. Ich will nachher hören, wie es dem Kanaken Herrn Cetin geht. Egal, wer das tut.“
Er knallte die Tü re beim Rausgehen zu. Sicher gab es kriminelle Personen mit Migrationshintergrund, und zwar zu viele davon. Doch zu allererst waren auch sie Menschen. Einer lag auf der Intensivstation und kämpfte um sein Leben. Ob er ein Kanake war, oder nicht.
Hell hinterließ betretene Gesichter. Vor allem Wendt war es sehr peinlich. Er wurde unter seiner coolen Fassade rot. Das spürte er. Die anderen sahen es. Aber Klauk, als auch Rosin, waren so taktvoll es nicht zu erwähnen. Rosin grinste in sich hinein. Wendt trat von einem Fettnäpfchen ins Nächste.
*
Die Zeitungen titelten am Morgen alle ähnlich. „Doppelmord im Park“, „Der Telekom-Killer schlägt zu“ oder „Mysteriöse Parkmorde in Bonn“.
Mashad Agayer saß in der Lobby und las aufmerksam die Berichte. Sein Deutsch war sehr gut, daher konnte er sich gut über das informieren, was dort geschrieben stand.
Auf allen Bildern war der Ort zu sehen, an dem er die beiden Mä nner getötet hatte. Man sah die weißgekleideten Tatortermittler bei der Arbeit. Die Presse war nicht informiert worden, dass einer der Männer schwerverletzt überlebt hatte. Opferschutz. So würde er vor einem erneuten Anschlag geschützt. Für die Öffentlichkeit waren es zwei Opfer. Auch wurden keine Namen genannt.
Badak las die Ü berschriften, als er sich früh morgens völlig verfroren einen Kaffee holte. Er kaufte den Bonner Express , der noch den am wenigsten reißerischen Titel hatte. Er las den Bericht. Ihm war klar, die beiden Opfer waren seine beiden Freunde. Er hatte sie in den Tod geschickt. Weil er zu feige gewesen war, waren sie jetzt tot. Mashad Agayer hätte dort zwischen dem Absperrband liegen sollen, ein ganzes Magazin aus seiner Waffe in der Brust. Und eine Kugel mitten in der Stirn.
In ihm stieg eine grenzenlose Wut auf. Er würde seine Freunde rächen. Das war er ihnen und ihren Familien schuldig. Aber er konnte noch nicht einmal dort
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