Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
zweifeln kann? Er steckt dahinter.“
„ Womit begründe ich die Durchsuchung? Das ist mein Problem. Ich kann Ihnen folgen, Hell. Alles kein Problem.“ Gauernack schien sich hinter seinem Schreibtisch zu verschanzen. Beinahe krampfhaft saß er dort, hielt einen Aktenordner in der rechten Hand.
„ Dieser Agayer ist unser Mann. Das spüre ich. Wenn wir eine Glock bei ihm finden, oder seine Schuhe zu den Abdrücken im Park passen, dann haben wir ihn. Oder noch besser, wir finden eine Kamera mit den Fotos auf der Chipkarte.“
„ Und wenn nicht? Wenn er durch den Besuch bei Mamedov aufgescheucht wurde? Die Waffe hat verschwinden lassen? Sie sagen doch selber, er war gestern den halben Tag verschwunden.“
Hell saß stumm auf seinem Stuhl.
Er ü berlegte.
Er legte dann den Kopf schief und ein kleines Grinsen umspielte seine Lippen.
„Und wenn wir pokern? Wir sagen einfach, wir hätten Badak festgenommen. Der wiederum sagt jetzt aus, er habe beobachtet, wie Alijev seine Freunde erschossen hat“, sagte er schließlich.
„ Das fliegt uns achtkantig um die Ohren“, sagte Gauernack.
„ Nicht, wenn wir auch nur einen Beweis gegen ihn finden. Jeder macht einen Fehler. Auch dieser Alijev.“
Gauernacks Augen verengten sich. Schließ lich zog er das Formular aus der Schublade. Er begann zu schreiben.
Als Hell den Durchsuchungsbefehl nach ein paar Minuten in Hä nden hielt, war die Streifenpolizei ebenfalls bereit. Mit Vollgas fuhr der Mercedes von Hell mit Blaulicht in Richtung Ramersdorf. Klauk und Wendt fuhren im Einsatzfahrzeug der KTU mit. Der schwarze Kleinbus hatte Mühe Hell zu folgen.
„ Der Chef steht mächtig unter Strom“, sagte Wendt.
„ Das wäre bei dir sicher nicht anders, wenn es um deinen Sohn ginge, oder?“, fragte Klauk.
„ Nein, sicher nicht“, antwortete Wendt. Er war sich in diesem Moment nicht sicher, ob er darüber froh sein sollte, dass er keine Kinder hatte. Oder ob er es dem Gedanken, ob er es jemals auf die Reihe bekommen würde, eine Familie zu gründen, erlauben würde, sich immer stärker in sein Bewusstsein zu bohren.
*
Als Lea Rosin an diesem Morgen aufwachte, hatte sie verschlafen. Ein flü chtiger Blick aus dem Fenster verriet ihr, es hatte über Nacht geregnet. Die kurze Dusche erfrischte sie nicht. Auf den Morgenkaffee verzichtete sie nach einem Blick auf die Uhr. Leises Fluchen begleitete sie. Einige Minuten später hastete sie aus dem Haus. Ihr Golf stand noch als einziges Fahrzeug auf dem Parkplatz. Alle Nachbarn waren schon unterwegs. Sie warf ihre Tasche auf den Beifahrersitz. Mit einem Stoßgebet drehte sie den Zündschlüssel.
Nichts.
Wie erwartet sprang ihr alter Golf nicht an. Sie schlug mit beiden Händen auf das Lenkrad. Sie verfluchte den Golf, ihren Wecker, den ganzen bisherigen Tag. Nachdem sie im Sprint gerade noch die Bahn erwischt hatte, kramte sie in ihrer Tasche nach dem Handy. Das Handy wanderte in die Reihe der bislang von ihr verfluchten Gegenstände. Es lag noch voller Unschuld daheim auf dem Küchentisch.
Also konnte sie nicht einmal die Kollegen informieren, dass sie sich verspä ten würde. Die Bahn war an diesem Morgen noch voller als sonst. Zwei Stationen weiter stiegen weitere Fahrgäste zu. Es wurde sehr eng in der Bahn. Aus ungeklärtem Grund hielt die Bahn dann mitten auf der Strecke an. Aus voller Fahrt bremste sie voll ab. Die Fahrgäste kamen unfreiwillig in noch engeren Kontakt zueinander.
Einige witzelten schon, die Fü llmenge der Waggons sei bereits erreicht worden. Daher würde diese Bahn jetzt ihren Dienst verweigern.
Doch es war etwas geschehen, was die Fahrgä ste nicht wissen konnten. Der Fahrer hatte noch versucht zu bremsen, als er den kleinen Mischling auf den Schienen hatte stehen sehen. Aber es war zu spät. Seine Bahn überrollte den kleinen, schwarzweißen Hund. Der Fahrer informierte die Polizei, die dann wiederum das Tierheim anrief. Der kleine Hund schien äußerlich unverletzt. Sein Genick war gebrochen.
Am Nachmittag erreichte die Familie, die seit Tagen, auch im Internet, nach ihrem Hund gefahndet hatte, die traurige Nachricht. Der Hund war erst vor ein paar Tagen bei der Fami lie angekommen. Aus Griechenland. Es war leider nicht selten, dass Tiere, die aus dem südlichen Ausland in Familien geholt wurden, bei der ersten Gelegenheit wegliefen. Als Streuner waren sie es so gewöhnt. Oft mit keinem guten Ende. Die Familie hatte sich so auf den Familienhund gefreut. Doch für ihn war alles
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