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Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)

Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)

Titel: Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie eingeleitet. Wegen einer Dienstpflichtverletzung. Ich habe jetzt zu entscheiden, was ich mit Ihnen mache, Kommissar Hell.“
    Hell hatte den Eindruck, dass Überthür grinste. Dieses miese kleine Schwein. Er biss sich so heftig auf die Zähne, dass seine Kiefer schmerzten. Bleib ruhig. Bleib cool, dachte er. Noch nie in seinen bisherigen Dienstjahren war er in eine solche Situation gekommen. Noch nie hatte jemand es gewagt, seine Kompetenz, eine Ermittlung zu leiten, in Frage zu stellen. Er kam sich vor, als betrachte er die Situation von einer höheren Warte aus. Als beträfe ihn das nicht. Er schaute Hansen an, dann blickte er zu Überthür, der aufgeregt auf und ab wippte. Da wurde ihm klar, dass dieser kleine Wichser, der dort grinsend am Fenster stand, dabei war, seine Karriere zu zerstören.
    Er zwang sich sachlich zu bleiben. Seine Kiefer schmerzten. „Frau Oberstaatsanwältin, darf ich fragen, was die Gründe des Staatsanwaltes für die Maßnahmen sind?“, fragte er mit dünner Stimme.
    „ Es sind eigentlich nur erst einmal formale Gründe, die neben dem Foto dafür gesorgt haben.“
    „ Als da wären?“
    „ Er wirft ihnen vor, dass Sie ihn nicht in allen Belangen der Ermittlung auf dem Laufenden gehalten haben. Oder besser gesagt, nicht so, wie er es gerne hätte.“
    Hell spürte, dass Hansen ihm mit ihrer letzten Bemerkung ein Schlupfloch angeboten hatte.
    „ Bei allem Respekt, Frau Oberstaatsanwältin, Sie dürfen sich gerne die Berichte anschauen, die ich Staatsanwalt Gauernack vorgelegt habe. Die waren immer kurz und knapp gehalten. Er stand auf dem Standpunkt, dass eine Mordermittlung eine Mordermittlung ist, mit allem, was dafür notwendig ist. Berichte forderte er nur dann an, wenn es genügend Zeit gab, sie zu verfassen. Das hatte seiner Meinung nach, nie erste Priorität.
    Wenn Herr Staatsanwalt Überthür das anders haben möchte, so hätte er sich erklären können. Zudem hat sich von Ihrer Seite auch noch niemand erklärt und uns Herrn Überthür als Nachfolger von Gauernack vorgestellt. Also hätten weder ich, noch meine Kollegen aus den anderen Dezernaten gewusst, dass wir unsere Berichte an ihn zu senden hatten. Außerdem trafen wir uns erst … wann war es noch gleich … als Sie mir erklärten, dass sie erst jetzt wieder in Bonn seien und beabsichtigten, für länger zu bleiben. Hätten Sie nicht dann ein Gespräch suchen können? Wir können auch gerne meine Telefonverbindungen durchsehen. Erst gegen Mittag forderten Sie einen Bericht von mir an, den Sie auch kurze Zeit später vorliegen hatten. Soviel zu den Formalien.“
    „ Stimmt das so, Herr Kollege?“, fragte Hansen. Überthür hatte aufgehört zu grinsen. Hell fühlte sich gut. Seine Argumente waren schlüssig und waren leicht zu untermauern.
    „ Dort wo ich bisher gearbeitet habe, war ich es gewohnt, dass man mich respektiert“, sagte er.
    Diesmal unterbrach ihn Hell. „Respekt muss man sich erarbeiten, der steht einem nicht automatisch mit einem Titel zu.“
    „ Das sehe ich anders“, sagte Überthür, „Sehen Sie, Kollegin Hansen. Dieser Mann hat keinen Respekt vor mir. Das gerade war das beste Beispiel.“
    Hansen blickte die beiden Männer prüfend an. Sie ertappte sich bei der Frage, ob sie hier unparteiisch sein konnte. Auf der einen Seite stand Hell, der ihr bis heute als völlig integrer Kollege und hervorragender Ermittler mit einem todsicheren Gespür erschienen war.
    Auf der anderen Seite stand Ihr Kollege Überthür, der sich spontan bereiterklärt hatte, den freien Posten von Gauernack interimsweise zu besetzen. Von ihm wusste sie eigentlich nichts.
    Einer spontanen Eingebung folgend, schickte sie die beiden Männer nach draußen. Überrascht folgten sie ihrer Anweisung und warteten vor der Türe. Hell hatte so viel Adrenalin in seinem Körper, dass er nicht still stehen konnte. Überthür dagegen zückte sofort sein Handy und telefonierte.
    Als Hell ihm bei seiner Runde auf dem Flur zu nahe kam, schaute er ihn mit einem tödlichen Blick an. Hell lupfte nur kurz seine linke Augenbraue und behielt sein Pokerface.
    Die Minuten vergingen. Hell überlegte, wie viel Zeit ihnen jetzt noch für eine ordentliche Vorbereitung der Pressekonferenz übrig blieb. Es war jetzt mittlerweile fünf Minuten nach halb neun. Er schaute gerade auf seine Armbanduhr, als sein Handy klingelte. Auf dem Display stand ‚Rosin ruft an‘.
    Er nahm das Gespräch an. Rosin klang aufgeregt.

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