Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
verdutzten Hell, der ihn nur entgeistert ansah. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit einem Verbrüderungsangebot.
„ Kann ich mich auf ihre Verschwiegenheit verlassen?“, fragte Überthür erneut.
Hell nickte. Warum auch immer, glaubte er an die Ehrlichkeit dieses Mannes.
„ Ja, worum geht es?“
*
Die Assistentin von Dr. Beisiegel kam mit dem Ergebnis der Blutuntersuchung zurück. Ihre Chefin hatte sie gebeten, das Blut, was sie Gernot Winkmüller abgenommen hatte, nur auf einen Stoff hin zu untersuchen zu lassen. Das würde auch sehr schnell gehen, hatte sie ihr noch mit auf den Weg gegeben. Trotzdem hatte sie eine Stunde benötigt. Der Laborant hatte sein Ergebnis noch einmal gegengetestet, um sicher zu sein. Dieser Test war sehr neu, weil es sich um eine völlig neue Substanz handelte. Jetzt gab sie ihr den Befund. Beisiegel legte die Kamera weg und schaltete das Mikrofon aus, das während der Obduktion die ganze Zeit über ihre Ergebnisse auf ein digitales Aufzeichnungsgerät übertrug. Voller Spannung nahm sie den Bericht in die Hand.
„ Sie hatten Recht“, griff ihre Assistentin vor, was ihr einen missmutigen Blick ihrer Chefin einbrachte. Stephanie Beisiegel war einer Eingebung gefolgt. Nicht erst durch die Worte, die sie am Fundort der Leiche mit ihrer Kollegin von der KTU gewechselt hatte. Sondern auch durch ihre eigenen Zweifel. Die Tatortermittlerin hatte angefangen, die Knochenfragmente von Winkmüllers Schädel einzusammeln. Ebenso die blutigen Haarfetzen. Wie ein Puzzle hatte sie dann angefangen, es zusammenzusetzen. Auf einem großen Asservatenbeutel.
„ Machen Sie das nicht besser erst im Labor?“, hatte Beisiegel sie gefragt. Doch Heike Böhm hatte ihr als Antwort nur ein Fragment hingehalten. Ein Stück Schädelknochen, an dem noch Kopfhaut und Haare hingen.
„ Denken Sie, das ist normal? Kann er sich selber auf den Hinterkopf geschlagen haben?“
„ Was?“
„ Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist hier eindeutig ein Hämatom zu sehen. Was denken Sie?“, fragte sie und hielt ihr den blutigen Fetzen hin.
Beisiegel blickte sie skeptisch an. Dann schaute sie auf das blutige Etwas vor ihren Augen.
Auf dem Fragment, was Böhm ihr vor die Nase hielt, war eindeutig ein Hämatom zu sehen. Was bedeutete, dass Winkmüller zu dem Zeitpunkt noch gelebt hatte. Ein Hämatom wie dieses entstand erst nach einer Stunde oder länger. Die subkutane Schwellung war bereits blau unterlaufen und die Blutgerinnung hatte eingesetzt.
Jemand hatte den Mann geschlagen, vielleicht sogar bewusstlos geschlagen. Wie hatte es der imaginäre Täter aber geschafft, ihn dazu zu bewegen, dieses Geständnis zu verfassen? Es gab da etwas, was Dr. Beisiegel bislang noch nicht untergekommen war. Sie hatte nur davon gelesen. Daher wollte sie sich absichern. Doch jetzt hielt sie den schriftlichen Beweis in Händen.
Sie galt als die zurzeit schlimmste Droge der Welt: „Devil's Breath“, in der Fachsprache Skopolamin genannt. Das Rauschmittel war geruchslos und geschmacksneutral. In den Drink gemixt oder ins Gesicht geblasen, daher stammte auch der Name, machte es den Konsumenten komplett willenlos und hörig. Die Hauptsubstanz der Droge wurde aus der Engelstrompete gewonnen, einer Pflanze, die ursprünglich aus Südamerika stammte. In Kolumbien war das Rauschmittel zuerst in Umlauf gekommen.
Die Tatsache, dass sich „Devil's Breath“ so einfach verabreichen ließ, machte das Rauschgift besonders gefährlich. Seine Wirkung setzte laut Englischen Berichten innerhalb weniger Minuten nach der Verabreichung ein. Zudem soll es die Erinnerungen löschen und, in hohen Dosen konsumiert, tödlich sein.
Aktuelle Berichte über die neue Horrordroge wurden von haarsträubenden Geschichten begleitet. Wie etwa der einer Frau, die, unter Einfluss von „Devil's Breath“, einem Mann dabei geholfen haben soll, ihre eigene Wohnung auszurauben.
Hatte Winkmüller etwa unter dem Einfluss von Skopolamin sein Geständnis unterschrieben?
Sie hatte nun ihre begründeten Zweifel an der Selbstmordtheorie. Doch war sie noch nicht bereit, sich mit ihren Erkenntnissen an Hell zu wenden. Sie wollte erst noch den Anruf von der KTU abwarten. Böhm hatte die Waffe untersucht, bevor sie die Hände Winkmüllers zur Beweissicherung mit Plastiktüten gesichert hatte.
„ Sehen Sie das? Sehen Sie das?“, fragte sie aufgeregt und zeigt auf die Hand des Mannes. Sie hob die Hand ein wenig an. Wieder bewegte sich der ganze Leichnam.
„
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