Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
einen Mangel an Empathie und einem Unvermögen, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen.“
Wieder machte sie eine Pause. Lacro schaute sich abermals im Verhörraum um. Diesmal wartete sie nicht auf seine Aufforderung.
„ Zu ihrer bevorzugten Lebensweise gehören die ständige Suche nach dem nächsten Kick. Dabei agieren Sie impulsiv, ohne Verantwortungsbewusstsein. Man kann Ihnen eine beinahe parasitäre Ausrichtung vorwerfen und einen Mangel an realistischen Ziele in ihrem Leben. Daher war es auch für andere leicht, sie zum Killer auszubilden und auszunutzen.“
Jetzt reagierte er. „Was? Sie behaupten, ich sei ein Parasit. Passen Sie auf, was Sie sagen!“
Meinhold blieb ruhig. „Sie demonstrieren es gerade. Außerdem können Sie mir so viel drohen, wie Sie wollen. Das prallt an mir ab. Aber lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ihre anti-soziale Verhaltensweise äußert sich durch schlechte Verhaltenskontrolle. Frühkindliche Verhaltensauffälligkeiten und Jugendkriminalität haben Sie mir ja eben schon bestätigt. Dazu kommt noch eine strafrechtliche Vielseitigkeit.“
„ Sind Sie nun endlich fertig mit ihrem Psychogewäsch? Sie fangen nämlich an, mich zu langweilen.“ Er schaute sie beinahe mitleidig an.
„ Ach? Ist das so? Wollen Sie denn nicht wissen, was nun das Ergebnis ist?“
„ Sie lassen sich ja eh nicht bremsen.“
„ Die Kombination dieser einzelnen Persönlichkeitsmerkmale manifestieren sich unterschiedlich in den einzelnen Psychopathen. Jean-Paul Lacro, Sie mögen sich als einen coolen Auftragskiller sehen, dabei sind Sie nichts anderes als ein armseliger Psychopath!“
Der Mann sprang auf. Wäre er nicht mit den Handschellen am Tisch gefesselt gewesen, Meinhold hätte um ihr Leben bangen müssen. Er riss an den Handschellen. Stahl klirrte auf Stahl. Aus seinen Augen sprühte der Hass.
„ Ich kriege dich, Du Nutte. Ich kriege dich! Sei ganz vorsichtig. Von jetzt an schaust Du dich besser zwei Mal um. Immer!“
Meinhold verzog keine Miene. „Was Sie jetzt gerade bewiesen haben, ist das ich Recht habe. Aber Sie dürfen mir gerne das Gegenteil beweisen.“
„ Einen Scheiß werde ich tun“, schrie er und riss wieder an seinen Handschellen.
„ Wo ist Demian Roberts? Geben Sie mir die Chance zu glauben, dass Sie noch nicht ganz verloren sind.“
Sie lehnte sich auf ihrem Sessel zurück. Wie gut, dass der Mann nicht ihren Pulsschlag spüren konnte. Ihre Hände waren verschwitzt, sie fühlte sich elend. Aber jetzt galt es durchzuhalten.
„ Tun Sie nicht so, als würden Sie sich für mich interessieren.“
„ Doch das tue ich, aber noch mehr geht mir das Schicksal von Demian Roberts ans Herz. Dieser Mann hat Ihnen nichts getan. Sie haben ihn sich ausgesucht, um allen ihre Übermacht zu demonstrieren. Er ist für Sie von keiner Bedeutung mehr. Aber für seine Familie. Zeigen Sie mir, dass doch noch ein klein wenig soziale Kompetenz übrig ist in Ihnen. Wo ist Demian Roberts?“
Sie bemühte sich, nicht zu betteln. Doch nur wenig in ihren Worten unterschied sich davon.
Lacro spitzte seinen Mund. Er dachte nach.
„ Wenn ich Ihnen sage, wo er ist, dann nur, wenn Sie mich auf freien Fuß setzen. Hören Sie, Sie bekommen Demian Roberts nur dann, wenn ich wieder ein freier Mann bin.“ Mit einem diabolischen Lächeln lehnte er sich zurück.
„ Danke“, sagte Meinhold, stand auf und ging aus dem Raum. Sie hatte nichts erreicht. Trotzdem wollte sie ihm nicht das Gefühl geben, gewonnen zu haben. Auf einen solchen Deal würde sich die Staatsanwaltschaft nicht einlassen.
Sie traf Hansen, Hell und Überthür bereits auf dem Flur zwischen den beiden Räumen.
„ Danke, dass Sie es versucht haben. Das war schon beeindruckend. Ich freue mich auf Sie, wenn Sie ihre Ausbildung absolviert haben, Frau Meinhold“, sagte Hansen.
„ Leider habe ich nichts erreicht“, sagte Meinhold niedergeschlagen.
„ Sie haben mehr erreicht, als Sie glauben“, sagte Überthür.
„ Naja, es hätte mehr sein können.“
„ Christina, was denkst Du? Meinst Du, so ein Kerl weicht auf, wenn Du ihn bearbeitest? Du hast aber in den paar Minuten mehr erreicht als Klauk und ich in der Stunde vorher. Du hast ihn dazu gebracht, den Aufenthaltsort von Roberts preiszugeben“, sagte Hell.
„ Gegen seine Freiheit. Ein toller Deal.“ Sie fühlte sich gerade wie eine fürchterliche Versagerin.
„ Freiheit ist nicht alles im Leben“, sagte Überthür und grinste.
*
Kapitel 10
Immer wieder rief er
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