Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
angeblafft? War das überzogen?
Nein, es konnte nicht angehen, dass sein Stellvertreter sich so einen Lapsus leistete. Jederzeit musste man damit rechnen, dass Staatsanwalt Überthür - in dem Moment, wo er diesem Mann den Titel überstreifte, spürte er die Abneigung dagegen beinahe körperlich - auf dem Flur stand und spionierte. Konnte es sein, dass solch ein Karrierist die Position von Gauernack dauerhaft einnahm? Jede Faser seines Körpers wehrte sich dagegen.
Bist Du dir sicher, dass Du Wendt nicht nur so angemacht hast, weil dir diese Entwicklung so stinkt, wie nichts in den letzten Jahren?
Die Antwort darauf blieb er sich schuldig, denn in dem Moment klingelte sein Telefon vor ihm. Die neue Telefonanlage war ihm noch fremd, es dauerte einige Klingeltöne, bis Hell die richtige Taste zum Annehmen des Gespräches fand. Der Anrufer kam über den Lautsprecher des Telefons.
Es war ein Mitarbeiter der KTU, dessen Namen Hell noch nicht geläufig war. Er teilte ihm mit, dass der Mazda MX5 nun auf dem Weg in die Tiefgarage der KTU sei. Man habe allerdings vor dem Abtransport des Fahrzeuges keine Tasche oder Überreste einer Tasche gefunden, so wie Wendt sie beschrieben hatte. Der Innenraum des PKW sei allerdings durch die Einwirkung des Feuers stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Sobald ein abschließender Bericht vorläge, würde man sich erneut melden. Eine weitere Gruppe wartete noch auf die Genehmigung, die Garage von Stephan Gericke zu untersuchen, sagte er zum Abschluss.
Hell bedankte sich und suchte eine Taste, um das Gespräch zu beenden. Schließlich fand er sie.
Dieser Fall blieb schleierhaft. Gab es überhaupt eine ‚Causa Gauernack‘?
Der Schlüssel zu allem war Stephan Gericke, doch der war untergetaucht. Aber war das schon ein Beweis dafür, dass Gauernack einem Verbrechen zum Opfer gefallen war?
Hell schob mit einer energischen Bewegung den Stuhl zurück und ging herüber zu Lea Rosin.
„ Lea, kommst Du mit? Ich möchte mal sehen, wer Wendt so den Kopf verdreht hat.“
Sie legte ihren Tablet-PC zur Seite. Hell sollte nicht sehen, dass sie gerade auf der Seite eines schwedischen Möbelhauses nach Einrichtungsgegenständen für ihre neue Wohnung suchte. Bei seiner heutigen Laune wäre ihr sonst der nächste Anschiss sicher.
Sie beeilte sich den Tablet-PC vor seinem Blick zu verbergen und stand schnell auf. „Sicher Chef, sofort.“
Hell öffnete die Türe zum Nebenraum des Verhörraumes. Klauk stand vor der nur von dieser Seite durchsichtigen Scheibe und beobachtete Christina Gericke, die auf einem Stuhl saß.
Er blickte Hell und Rosin kurz an. „Sie ist extrem verunsichert. Sie bringt es nicht fertig mal ein paar Sekunden ruhig zu sitzen.“ Tatsächlich fuhr sich die Blondine gerade durch die Haare und betrachtete ihre Haarspitzen.
Sie schielte dabei auf eine Strähne.
„ Sie ist zurzeit arbeitslos. Sie hat Abitur gemacht, dann ein Jahr im Ausland verbracht. Au pair oder so etwas in der Richtung in Amerika“, berichtete Klauk, „Ich habe sie gecheckt.“, sagte er mit einem Grinsen.
„ Wenigstens einer, der sich nicht von blonden Locken und einem weiten Ausschnitte betäuben lässt“, sagte Hell.
„ Wer weiß“, sagte Lea Rosin mit einem Seitenblick auf ihren jungen Kollegen.
„ Pass auf“, sagte Klauk und versuchte Rosin in die Seite zu knuffen. Die wich geschickt aus.
„ Wer geht rein von euch, ihr Kindergartenkinder?“
„ Ich dachte Sie machen das, Chef?“
„ Nein Lea, ich lasse dir den Vortritt.“ Sie zögerte.
„ Na los, geh schon. Sonst geh ich rein. Wenn ich mir die Locken so ansehe …“, scherzte Klauk.
Zehn Sekunden später betrat Lea Rosin den Raum. Schon beim Öffnen der Türe bereute sie es, sich nicht vorher mit den technischen Gegebenheiten in dem neuen Verhörzimmer vertraut gemacht zu haben. Mit einem schüchternen Blick suchte sie nach den Kameras, die sich in den Raumecken befanden.
Sie nickte Christina Gericke zu, setzt sich ihr genau gegenüber. Mit gesenktem Kopf empfing die junge Frau ihre erste Frage. Scheu. Angstvoll.
„ Erstes Gespräch mit Christina Gericke. Es ist kein Anwalt anwesend, da es nur ein informelles Gespräch ist. Gesprächsführung hat Polizeiobermeisterin Lea Rosin“, sagte sie, nachdem sie das digitale Aufnahmegerät in Betrieb genommen hatte.
Christina Gericke schüttelte mit einem Ruck ihre Mähne zurecht. Rosin meinte, für einen Bruchteil einer Sekunde so etwas wie Kampfeslust in den Augen der
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