Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
lag das? Waren es die Nachwehen der Entführung, die er vor einem halben Jahr erlitten hatte? War das die Schuld von Mashad Agayer, der ihn für mehrere Tage in einem Kellerverlies gefangen hielt? Hell wusste darauf keine Antwort.
Du musst lernen, deine Angst zu beherrschen, sagte er sich, als er den Mercedes vor der Tür der Gerichtsmedizin abstellte.
In einem der Sektionsräume der Gerichtsmedizin fand er eine völlig genervte Stephanie Beisiegel vor.
„ Hallo Stephanie, wie geht es dir?“, fragte Hell seine medizinische Kollegin. Nicht erst seit diesen Tagen im letzten Jahr verband die beiden mehr als nur ihr Beruf. Es hatte sich eine Freundschaft entwickelt.
„ Oliver, schön dich zu sehen. Aber frag bitte nicht, ich bin dermaßen urlaubsreif. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich es mir gar nicht leisten kann, dieses Gebäude auch nur für eine Stunde zu verlassen, weil dann hier alles drunter und drüber geht.“
Anders, als Hell es gewöhnt war, war Stephanie Beisiegel an diesem Tag stark geschminkt. Sie trug hochhackige Schuhe und ein ziemlich enganliegendes Kleid. Hell fiel das aber nur beiläufig auf. Er erklärte es sich so, dass sie wahrscheinlich nach der Arbeit noch etwas vorhatte.
„ So schlimm?“
Er nahm sie in den Arm.
„ Ja, so schlimm. Die Berichte sind eine Katastrophe, die Sektionen dauern viel länger, als notwendig. Ich fordere doch nicht zu viel oder?“ Beisiegel schaute ihn fragend an.
„ Stephanie, ich denke, Du brauchst dringend einen Cappuccino im Café Göttlich. Ich lade dich ein. Komm!“
Sie schaute ihn dankbar an. „Das ist superlieb von dir, Oliver. Aber ich muss noch den Abschlussbericht Königer verfassen. Den braucht ihr doch.“
„ Wir wissen, dass es diese Machete aus Asien war, die ihm das Leben kostete. Mehr brauchen wir momentan nicht. Schriftlich sieht es auch nicht anders aus. Meinhold ist schon dabei, die Datenbanken nach einem passenden Täter zu überprüfen. Also komm, reiß dich los“, munterte Hell sie auf und nahm Beisiegel bei der Hand.
„ Meinhold? Ist die nicht in der Ausbildung zur analytischen Tatortermittlerin?“
„ Ja, ist sie auch. Komm‘, ich erkläre dir das auf dem Weg zum Café Göttlich.“
*
Sebastian Klauk streckte seine Hand aus und grüßte.
„ Saskia Henrichs“, sagte sie, „Ich grüßte sie. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Herr Kommissar?“, fragte die Frau, deren Stimme ihm diesen Schauer über den Rücken getrieben hatte. Klauk folgte ihr in den geräumigen Flur.
„ Gerne“, antwortete er und versuchte, nicht zu wirken, wie ein Kaninchen vor der Schlange. Sie stöckelte vor ihm her, öffnete die Tür zu ihrem Büro, auf dem ihr Name prangte. Sie hielt ihn mit einem Lächeln die Türe auf, bat ihn einzutreten und sich zu setzen.
Klauk hatte nur zwei Sekunden gebraucht, um festzustellen, dass Saskia Henrichs eine sehr attraktive Frau war. Das Foto auf der Internetseite wurde ihr keinesfalls gerecht. Kurz überlegte er, ob er ihr dieses Kompliment machen sollte.
„ Was kann ich für Sie tun, Herr Kommissar? Sie waren ja am Telefon ein wenig geheimnisvoll“, fragte sie mit einem Augenaufschlag. Diese Frau wusste um ihre körperlichen Reize und sie wusste sie auch einzusetzen.
Die Schlange. Da war es wieder, das Gefühl. Er sah sich ein wenig um, aber nur so lange, dass sein Zögern ihm nicht als Unhöflichkeit ausgelegt werden konnte. Das Büro war sehr modern eingerichtet. Neben zwei bequem aussehenden Sesseln fiel ihm eine große Couch auf, die zweifelsohne aus der gleichen Serie wie die Sessel stammte.
„ Sie sind sehr modern eingerichtet. Sehr erlesener Geschmack, scheint mir“, sagte er, um ihr trotzdem ein Kompliment zu machen. Er setzte sich. Auf dem ebenfalls sehr modernen Schreibtisch lag nur ein einziges Blatt Papier. Es war leer. Daneben lag ordentlich ein Kugelschreiber.
„ Vielen Dank, meine Kunden verlangen ein gediegenes Ambiente“, antwortete sie.
„ Ja, Frau Henrichs, mein Besuch hier bei Ihnen hat mit dem Tod von Lars Königer zu tun“, sagte er und, als er die Reaktion der Frau bemerkte, wurde ihm klar, dass er mit der Tür ins Haus gefallen war. Sicher, er wollte eine Reaktion provozieren. Aber nicht diese, die sie nun zeigte.
Sie legte sich die Hand an den Mund. Klauk wurde klar, sie hatte vom Tod Königers noch nichts gehört. Ihre Betroffenheit war echt. „Bitte entschuldigen Sie mich“, sagte sie, stand auf und öffnete eine Türe, die sich hinter dem
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