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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Durst getrunken zu haben schien. »Und verdammt bald auch noch. Mein Gaul hat keine Ladung mehr, da wird’s flott gehen. So! Noch ’n Schluck auf meinem Gaul seine Gesundheit. Gott verdamm mich, ich sag Ihnen, das ist ein Mordsluder!«
    »Können Sie mich und meinen Jungen da eine Strecke weit mitnehmen?« fragte Sikes und schob seinem neuen Freund den Krug hinüber.
    »Wenn Sie gleich wollen, meinetwegen«, antwortete der Mann aus dem Kruge aufblickend. »Wollt Ihr bis Halliford?«
    »Wir wollen nach Shepperton.«
    »Gut, da können Sie mitfahren, so weit’s auf der Strecke geht«, sagte der Kutscher. »Betty, was is mit dem Zahlen?«
    »Der Herr hier hat alles schon beglichen«, erwiderte das Schenkmädchen.
    »Nee, so was«, lallte der Mann trunken. »So was gibt’s doch gar nicht.«
    »Warum soll’s so was nicht geben?« brummte Sikes. »Wer soll mich hindern, ’n Krug Bier und noch ’n Schluck drüber zu zahlen?«
    Der Kutscher dachte einen Augenblick ernst über die Logik, die in dieser Antwort lag, nach, packte dann Sikes beim Arm, murmelte so etwas wie: er wäre ein braver Kerl, und dann taumelte er, Sikes und Oliver hinter sich, zur Türe hinaus. Der Gaul, auf dessen Gesundheit die beiden getrunken hatten, stand bereits angeschirrt vor der Türe. Ohne weitere Umstände stiegen Oliver und Sikes ein, und der Fuhrmann nahm die Zügel zur Hand. Dann raste der Wagen im Galopp zur Stadt hinaus.
    Es war eine finstere Nacht. Feuchter Nebel stieg vom Flusse auf und lagerte sich über den öden Gefilden. Es blies schneidend kalt, und die ganze Gegend lag düster undschwarz da. Es wurde weiter kein Wort gewechselt, denn der Fuhrmann war bald schläfrig geworden, und auch Sikes schien nicht in der Stimmung zu sein, mit ihm eine Unterhaltung anzuknüpfen. Zusammengeduckt saß Oliver in einer Ecke, halb ohnmächtig vor Unruhe und Furcht, und die gespenstigen Bäume, die mit ihren Zweigen wie boshafte Schemen herniedergriffen, als freuten sie sich über die Unheimlichkeit des Ortes, schienen ihm wie lebende grauenhafte Wesen.
    Als sie an der Sunburykirche vorüberkamen, schlug es sieben Uhr vom Turm. Gegenüber brannte ein Licht hinter einem Fenster, und ein düsterer Eibenbaum davor warf seine trüben unheimlichen Schatten über einen Grabhügel. Nicht weit davon entfernt brauste dumpf ein Wasserfall, und durch die Blätter des alten Baumes rauschte leise der Abendwind. Es klang wie stille Musik für die Toten. Sie fuhren durch Sunbury und noch zwei, drei Meilen weiter, dann hielten sie an. Sikes stieg ab, faßte Oliver bei der Hand und schritt stumm mit ihm weiter.
    Sie kehrten nirgendwo ein, wie der Knabe erwartet hatte, sondern schritten immer weiter und weiter in Schmutz und Finsternis hinein, durch finstere Gassen und durch kalte offene Felder, bis sie schließlich von weitem die Lichter einer Stadt glänzen sahen. Oliver bemerkte, daß sie einer Brücke zuschritten.
    Dort angelangt, wendete sich plötzlich Sikes einer Böschung nach links zu.
    ›Der Fluß‹, dachte Oliver und wurde fast ohnmächtig vor Entsetzen. ›Er hat mich hierher an diesen einsamen Platz geschleppt, um mich zu ermorden.‹
    Er wollte sich gerade zu Boden werfen und um sein junges Leben flehen, da sah er, daß sie vor einem einsamen Hause standen, das verwittert und baufällig aus der Finsternisherauslugte. An jeder Seite der windschiefen Eingangstüre waren Fenster angebracht, aber nirgends erglänzte ein Licht. Das Haus war stockdunkel und allem Anscheine nach unbewohnt.
    Immer noch Oliver an der Hand haltend, näherte sich Sikes der niedrigen Türe und drückte auf die Klinke. Die Türe gab seinem Druck nach, und sie schritten zusammen ins Haus hinein.

ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Der Einbruch
     
    »Hallo!« schrie eine heisere Stimme, als sie den Fuß in den Flur setzten.
    »Halt’s Maul«, brummte Sikes und verriegelte die Türe hinter sich. »Mach Licht gefälligst, Toby.«
    »Aha, der Sikes«, rief die Stimme wieder. »Barney, ’n Licht! Führ den Herrn gefälligst rein, Barney. Tür auf da.«
    Der Mann, der die Worte sprach, schien allem Anschein nach einen Stiefelknecht oder etwas Ähnliches nach dem angeredeten Mr. Barney zu werfen, wahrscheinlich, um ihn aus dem Schlaf zu wecken, denn ein Geräusch, wie wenn ein Stück Holz irgendwo anprallte, wurde hörbar, und gleich darauf konnte man ein undeutliches Gemurmel vernehmen, wie wenn jemand zwischen Schlafen und Erwachen kämpft.
    »Verstanden?« rief die Stimme. »Draußen

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