Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
Vom Netzwerk:
Boot und schalteten den Fernseher ein, eine Krimiserie, die mein Vater gern guckte. Ich wollte ihm so viel erzählen, dass ich am Ende gar nichts sagte. Ich wünschte, er würde den Arm um mich legen. Doch er sah nur auf den Bildschirm und nippte ab und zu an seinem Bier.
    Meine Worte rollten sich zu einem Knoten im Hals zusammen und blieben mir in der Kehle stecken.
    In der Werbepause drehte er sich plötzlich zu mir und fragte: »Ist alles in Ordnung, Olli?«
    Tränen, ein ganzer Schwall. Jedenfalls fast. Ich hielt sie zurück, indem ich mir fest in den Finger biss. »Ja, bestens«, sagte ich. »Prima, wunderbar, fantastisch.« Ich wandte mich ab.
    Er sagte: »Dann ist ja gut. Erfreulich. Sehr schön.«
    Normalerweise hätte ich darüber lachen müssen.
    »Also ist alles in Ordnung«, sagte er schließlich.
    Mit dem Gesicht zur Wand nickte ich.
    Der Krimi ging weiter. Vor Ende des Films hörte ich ihn schon neben mir schnarchen. Ich sah mir seinen offenen Mund an und seine Hand, die noch auf meinem Bein lag. Dann schaltete ich den Fernseher aus und legte mich in mein Bett.
    Wie gut, dass alles nur vorläufig war. Dann würde das nämlich auch vorbeigehen.

 
    11
     
    Eine Schaufel lehnte am Boot, und mein Vater war schon eifrig bei der Arbeit. Es war elf Uhr morgens, und ich hatte das Aufstehen so lang wie möglich hinausgezögert. Die Sonne knallte aufs Deck und drinnen heizte es sich so schnell auf, dass mein Vater meinte, wir würden bald noch verschmoren.
    Er war im Garten links neben der Küchentür zugange.
    »Was machst du denn jetzt schon wieder?«, fragte ich.
    Mein Vater zeigte auf die Schaufel. »Hopp, hopp, an die Arbeit.«
    Ich hatte noch Ferien und wollte eigentlich nur schnell kalt duschen und es mir dann mit einem Buch an Deck in der Sonne gemütlich machen.
    »Nun mach schon«, nölte mein Vater.
    Ich suchte nach den richtigen Worten, um ihm zu erzählen, was passiert war, »Kleid«, »zerrissen« und »Sascha, der Verräter« gingen mir durch den Kopf, aber die Worte blieben mir immer noch wie ein Kloß im Hals stecken. »Erst mal einen Schluck Milch trinken«, brachte ich stattdessen hustend hervor.
    Wir schaufelten eine Stunde lang und stärkten uns dann neben dem ausgehobenen Loch mit Milch. Ich hatte meine Glücksjacke an, weil es draußen nicht so warm war wie drinnen.
    »Opa hat angerufen.« Mein Vater zündete sich eine Zigarette an. Offiziell hatte er längst aufgehört und rauchte nur noch heimlich, aber anscheinend war es jetzt mit der Heimlichkeit vorbei.
    Mit einer sandigen Hand wischte ich mir den Schweiß vom Gesicht. Ich hatte noch nicht mal geduscht. Ein anderer Vater hätte gesagt: »Dusch doch erst mal, Schätzchen. Danach verpasse ich mir eine Ohrfeige, weil ich mir das Kleid deiner Mutter unter den Nagel gerissen habe, und anschließend ziehe ich mir die Ohren lang, weil ich nicht zu Hause war, als du mich gebraucht hast. Natürlich kannst du nichts dafür, dass das Kleid jetzt kaputt ist.«
    Oder so ähnlich.
    »Was hat Opa gesagt?«
    »Er wollte unsere Adresse haben.«
    »Wissen Opa und Oma denn nicht, wo wir wohnen?«
    »Doch, schon«, mein Vater zappelte unruhig herum, »aber sie wollten sicher sein. Bei unserem Umzug war ich ziemlich durcheinander. Ich versuche gerade, alles besser hinzukriegen.«
    Ich trank einen Schluck Milch. Vielleicht sollte ich ihm jetzt von dem Polizisten erzählen. Doch ich konnte erkennen, dass er noch mehr sagen wollte. Wieder hatte er einen roten Kopf und rote Augen.
    »Ich habe eine Dummheit begangen«, flüsterte er schließlich.
    »Was denn?«
    »Ich habe ihnen die falsche Adresse gegeben.«
    »Opa?«
    »Nein, nicht Opa.«
    »Wem denn dann?«
    Er weinte und murmelte unverständliches Zeug.
    »Wem?«, fragte ich noch einmal.
    »Den Leuten mit der Urne. Den Bestattern oder wie die heißen. Denen mit den schwarzen Anzügen. Simon.«
    »Die falsche Adresse?« Mir blieb der Mund offen stehen. So etwas taten Erwachsene doch nicht?
    »Opa konnte es auch nicht fassen. Die Urne ist einmal quer durchs ganze Land gereist und schließlich wieder in Friesland angekommen. Deshalb hat er angerufen. Um zu sagen, dass ich mich immer noch kindisch benehme. Recht hat er.«
    Mein Vater klang wie ein kleiner Junge, als er das sagte.
    Ich nahm seine Hand und streichelte sie. Er war zwar blöd, aber immer noch mein Vater. An seinem Zeigefinger wuchsen mehr Härchen als an den anderen Fingern. Ich fragte ihn, ob er ihn mal rasiert habe, und er musste ein bisschen

Weitere Kostenlose Bücher