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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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Gesicht und sah meinen Vater an. Sein Arm war noch erhoben. Wir sahen uns beide völlig entgeistert an, und dann lachte er ganz kurz, ehe – na klar – eine Heulpartie draus wurde.
    »Ach, Krump, das wollte ich nicht. Das wollte ich ganz und gar nicht.«
    »Ach, übrigens«, sagte ich, und meine Stimme klang ruhig und streng und erwachsen. »Ein Polizist ist vorbeigekommen. Wir dürfen nicht mehr auf dem Boot wohnen. Ich glaube, wir sollten lieber zurück nach Friesland. Zu Oma und Opa. Die sind wenigstens erwachsen.« Ich kramte den zerknüllten Zettel hervor und warf ihn meinem Vater hin. Dann ließ ich mich auf mein Bett fallen und vergrub den Kopf unter dem Kissen.
    Mein Vater ging weg.
    Ich blieb mit dem Kissen über dem Kopf liegen.
    Und schlief ein.
    Stunden später wachte ich auf, ein bisschen erstaunt, dass ich einfach so eingeschlafen war. Ich musste dringend pinkeln. Draußen war es schon dunkel, doch in der Küche im Friseursalon konnte ich einen dunklen Schatten sitzen sehen. Meinen Vater, der auf einem Schemel hockte, den Kopf in den Händen vergraben.
    Hinter meinen Augen hatten sich so viele Tränen angesammelt, dass mein Kopf dröhnte und ich nicht mehr gut sehen konnte. Erneut stolperte ich, über die Schwelle diesmal.
    »Olli«, sagte er, als ich aus dem Klo humpelte und wieder an ihm vorbei wollte, zurück aufs Boot.
    Ich blieb stehen.
    »Ich habe es nicht so gemeint, das weißt du doch?«
    Meine Wange war nicht geschwollen. Das hatte ich gerade im Spiegel auf der Toilette gesehen.
    »Seit wann hast du den Zettel schon?«
    Ich murmelte etwas Unverständliches.
    »Warum hast du es nicht gleich gesagt?«
    Wieder murmelte ich etwas. Dass es spät sei und ich schlafen gehen wolle.
    Wir schwiegen eine Weile. Brummend sprang der Kühlschrank an.
    »Ich möchte hierbleiben«, sagte mein Vater schließlich.
    Der Kühlschrank klapperte ein bisschen. Ich fragte mich, was da drin wohl klimperte.
    »Ich möchte hierbleiben. Sonja würde uns sogar ein Zimmer vermieten, hat sie gesagt. Sie hat genug Platz, ihr Mann hat sie verlassen.«
    Ich gab ein »Wundert dich das?«-Geräusch von mir.
    Er warf mir einen strengen Blick zu. »Ich kann verstehen, dass es dir nicht gefällt, aber du darfst nicht so gemein zu Sonja sein. Sie will uns helfen.«
    Es brannte in meinem Bauch. Ein Feuer, das sich nicht löschen ließ.
    Bei was denn helfen? Wir hatten eine Vereinbarung! Wegen ihm war ich auf dieses bescheuerte Boot gezogen. Hatte mich um ihn gekümmert, hatte ihm die Hände gestreichelt. Und wir hatten ausgemacht, dass wir wieder wegziehen würden! Verräter.
    »Weißt du was? Morgen kaufe ich eine extragroße Packung Milch, und dann essen wir Kuchen mit Sonja.«
    Wie er das sagte, »Kuchen mit Sonja«, klang es wie Kuchen mit Schlagsahne.
    »Aber was wird aus unserer Vorläufigkeit?« Meine Stimme klang belegt und piepsig.
    »Die war nur vorläufig.« Ich hörte ihn über seinen eigenen Witz lachen. Er dachte wirklich nur an sich. Immer nur ich, ich, ich.
    Ich hätte furchtbar gern etwas kaputt gemacht.
    »Tu’s nicht, Olli«, sagte er. »Ich sehe, dass du wütend bist, aber wenn du noch einmal ›doofer Depp‹ zu mir sagst, kriegst du Hausarrest. Schließlich bin ich dein Vater. Denk doch mal nach. Wegen deiner Wut ist jetzt das schöne Kleid deiner Mutter kaputt.«
    »Doofer …«, setzte ich an.
    Er stand auf und packte meinen Arm. Nicht fest, aber streng.
    »Olli«, sagte er drohend.
    »Doofer …«
    »Jetzt reicht’s.« Er ließ meinen Arm los und ging an mir vorbei in den Salon. In der Tür zur Straße sagte er: »Ich gehe jetzt ein Stück spazieren. Das Leben muss weitergehen, Krump.«
    »Und was ist mit den ganzen Jahreszeiten, die erst noch vergehen müssen?«, rief ich ihm hinterher.

 
    14
     
    Am Dienstag saß ich in der Pause auf dem Klo, und als ich pinkelte, kam Blut heraus. Ich hatte Krämpfe im Bauch und in den Oberschenkeln.
    Meine Unterhose war auch schon voller Blut.
    Ich wartete, bis die Gänge leer waren, stopfte mir ganz viel Klopapier in die Unterhose und flüchtete ins Freie. Nach Hause zu gehen war gar nicht so einfach, weil das Papier in meiner Hose sofort verrutscht war. Ich sah schon vor mir, wie mir gleich blutiges Klopapier unten aus der Hose baumeln würde, und versuchte, schneller zu gehen. Mir tat der Bauch weh, ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu jammern. Als ich an einer Dame mit Hund vorbeikam, schnupperte er an mir und wollte mir hinterherrennen. Fast hätte er

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