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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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ab. Sie fühlte sich warm an, aber das war vielleicht nur Einbildung.
    »Du bist ja groß geworden«, sagte Simon. »Gut so.« Er kam mit mir herein und gab meinem Vater einen Zettel zum Unterschreiben. Es war merkwürdig, plötzlich jemanden aus Friesland im Friseursalon zu sehen.
    Vor lauter Nervosität konnte Simon gar nicht still stehen. »Normalerweise schicken wir einen Kurier«, sagte er, »aber diese Urne wollte ich gern selbst bringen.« Dann fügte er hinzu: »Sogar zweimal.«
    Ich sah, wie meinem Vater beim Unterschreiben die Hand zitterte. Er gab Simon den Zettel zurück, der ihn an die Brust drückte. Ich hielt die Urne fest, mein Vater stand ein bisschen blöd daneben, seine Arme hingen herunter. Wenn ich nicht beide Hände voll gehabt hätte, hätte ich ihm eine Schere gegeben. Damit er sich auch an etwas festhalten könnte.
    »Einen schönen Tag noch«, sagte Simon. Seine Stimme klang viel höher als sonst. Er drehte sich um und lief voll gegen den Türrahmen. Er trat ein Stück zur Seite, murmelte »Entschuldigung«, schob sich durch die Tür und marschierte zum Auto.
    Ich rief: »Tschüss!« Mein Vater sagte nichts.
    Erst als Simon schon eingestiegen war, sprang er auf und rannte nach draußen. Und ich rannte ihm mit der Urne im Arm hinterher. Mein Vater beugte sich zu dem Fenster hinunter, Simon öffnete es, und mein Vater murmelte: »Entschuldige bitte die Verwirrung.«
    Simon murmelte zurück: »Macht nichts.«
    Dann wollte ich auch etwas sagen. »Simon?«
    »Ja?«
    »Buh!«
     
    Die Urne war nicht grün, sondern schwarz und aus Plastik. Trotzdem war sie ziemlich schwer.
    Ich hielt sie im Arm.
    »Warte mal!«, rief mir mein Vater hinterher. Doch ich konnte nicht warten. Ich musste dringend in den Garten. Um zu spüren, dass es noch Luft gab. Im Friseursalon war nämlich keine mehr. Mein Vater folgte mir. Es wunderte mich, wie ruhig ich war. Ich hatte gedacht, dass ich in Tränen ausbrechen würde. Nicht unbedingt, dass ich herzzerreißend schluchzen müsste, aber feierlich weinen. Ein paar Tränen, die mir über die Wange laufen würden.
    »Ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Moment ist«, mein Vater war an mir vorbei zur Plastikplane gegangen, »aber wir haben nun mal damit angefangen.«
    Er zog die Plane weg.
    Darunter befand sich ein rundes Schwimmbad. So ein blaues Kunststoff-Becken, das reiche Leute sich normalerweise in die Terrasse mauern lassen. Vielleicht hatte Sascha sogar eins.
    Das Loch, das mein Vater gegraben hatte, war nicht ganz rund und ein bisschen zu groß geworden, sodass das Becken ziemlich klein und wacklig wirkte.
    »Das Wasser war schon abgekühlt, also habe ich heute Morgen noch mal frisches nachgefüllt. Und ich muss mir noch was für den Rand ausdenken, jetzt habe ich erst mal diese Landwirtschaftsfolie genommen.«
    Mein Vater musste weitergegraben haben, während ich in der Schule war. Oder abends im Dunkeln. Daran, dass das Wasser dampfte, konnte ich erkennen, dass es warm war. Nichts da, dampfendes Ufo.
    »Du mochtest unsere Badewanne in Friesland doch immer so gerne«, sagte mein Vater. Seine Stimme klang ganz verlegen. Er zog die Schuhe aus, krempelte die Hose hoch und steckte einen Zeh hinein. Dann setzte er sich hin und ließ die Füße im Wasser baumeln. Meine Füße waren schon nackt und auch ein bisschen kalt. Er schwieg, während ich die Urne ganz vorsichtig auf dem Boden abstellte, mich neben ihn setzte und die Urne wieder auf den Schoß nahm.
    »Was ich noch sagen wollte …«, mein Vater schaute absichtlich nicht auf die Urne, »wir müssen noch über Sonja reden. Manchmal hat man jemanden auf einmal lieb, obwohl das gar nicht der Sinn der Sache war. Ich wusste auch nicht, dass das geht.«
    Die Urne in meinen Armen war schwer. Aber wenn er die Asche ignorierte, konnte ich das auch.
    »Lach doch mal, Krump.«
    Ich lachte übertrieben und sagte: »Ein tolles Schwimmbad! Du hast es bestimmt mit Wasser aus der Küche gefüllt. Mit dem Eimer hin und her und hin und her und …«
    »Ehrlich, Krump, das mit Sonja war erst nichts anderes als …«
    »Oder mit dem Gartenschlauch.« Ich äffte das Geräusch nach. »Tsssch, tsssch.« Übertrieben. »Und das Ganze zweimal, weil es zwischendurch abgekühlt war.«
    »Und es ist immer noch nicht … Ich habe dich immer noch lieb. Immer. Und Mama natürlich.«
    »Oder doch mit lauter Eimern voll heißem Wasser.« Ich schnalzte mit der Zunge, was überhaupt nicht hierher gehörte, aber wenn ich schon ein Hörspiel

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