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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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der eines Knaben und verlockend wie der einer raffinierten Dirne war.
    Sie erstarrte unter seinem brennenden Blick. Eine Woge der verwirrendsten Gefühle erfasste sie und ließ sie jede Vernunft vergessen. Der neuerliche Schmerz an ihrer Schulter, wo seine Hand den Striemen des Peitschenhiebes berührte, mischte sich auf höchst irritierende Weise mit einer quälenden, fremdartigen Sehnsucht, die tief in ihrem Inneren aufbrach und ihr den Atem raubte. Sie rang in kurzen keuchenden Zügen nach Luft und fuhr sich völlig unbewusst mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.
    Die verführerische, ahnungslose Aufforderung entlockte Landry einen heiseren Laut und riss die letzte Barriere seiner Selbstbeherrschung nieder. Mit einem unterdrückten Stöhnen, das wie das Knurren eines angreifenden Wolfes klang, zog er Oliviane vollends an seine breite Brust und nahm den feuchten Mund mit den bebenden Lippen in Besitz.
    Es war ein Kuss purer, ungezügelter Leidenschaft, der das junge Mädchen völlig unvorbereitet traf. Sie hatte mit Gewalt gerechnet, nicht mit Begierde. Mit Schmerzen, nicht mit dem Feuer, das plötzlich mit einer Glut durch ihre Adern rann, die sie förmlich in seinen Armen dahinschmelzen ließ. Ihre spröden, unwissenden Lippen, süß wie die Unschuld, wurden weich unter seinem fordernden Mund.
    »Hölle, Pest und Verdammnis!« Mit einem wüsten Fluch schob Landry die benommene Edeldame von sich.
    Oliviane taumelte gegen die Kante des Tisches. Der Ruck brachte sie wieder zu sich. Zwei Herzschläge lang zeigten ihre schönen Züge eine seltsame Mischung aus Erschrecken und Freude, aus Befangenheit und ungläubiger Ratlosigkeit. Sie berührte ihre brennenden Lippen mit den Fingern und starrte fassungslos den Mann an, der so entsetzt vor ihr zurückwich, als hätte sie ihn mit einem heidnischen Bann belegt.
    »Was habt Ihr getan?«, wisperte sie tonlos.
    »Einen Narren aus mir gemacht!« Das schiefe Lächeln, das diese Antwort begleitete, blieb unter dem Gestrüpp seines Bartes verborgen. »Wahrhaftig, Ihr versteht es, einem Mann den Kopf zu verdrehen, kleine Dame! Aber ich denke, es ist besser, wenn Ihr Eure Verführungskünste für Euren künftigen Herrn und Gemahl aufspart. Ich möchte mir ungern Arger einhandeln.«
    »Meine Verführungskünste?«, wiederholte Oliviane fassungslos, und eine feine Falte erschien auf ihrer sonst so glatten Stirn. Die Lähmung, die ihren Körper und ihren Geist umfangen hielt, wich nur langsam. »Was wollt Ihr damit sagen?«
    Er schwieg, doch als sie das spöttische Funkeln in seinen Augen sah, verstand sie, und die sanfte Röte auf ihren Wangen vertiefte sich zu einem brennenden verlegenen Rot.
    »Wollt Ihr etwa behaupten, ich hätte Euch aufgefordert, mich zu küssen? Mit welchem Wort und welcher Geste? Habt Ihr den Verstand verloren?«
    Mit zunehmender Festigkeit ihrer Stimme hob sich auch ihr Ton. Die letzten Worte schrie Oliviane sogar in aufflammendem Zorn.
    »Nun, zumindest beherrscht Ihr die Kunst, einen Mann zu umgarnen, in vollendeter Meisterschaft«, stichelte Landry weiter. »Vielleicht gelingt es Euch damit sogar, den alten Wolf, der Euch in sein Bett holen möchte, zu bändigen.«
    »Hinaus!« Olivianes Hand schoss vor und wies ihn aus ihrer Kammer. »Schert Euch in den Stall zurück, aus dem Ihr gekommen seid, Flegel!«
    Landry schoss das Blut ins Gesicht. Am liebsten hätte er sie gepackt und übers Knie gelegt. Er vertrug es allgemein schlecht, wenn man ihn beleidigte, aber Oliviane verstand es, ihn zutiefst in seiner Selbstachtung zu treffen, und das war etwas, was er normalerweise unter allen Umständen verhinderte.
    »Einen schönen Tag wünsche ich Euch, kleine Dame!«, höhnte er und ging.
    Beim Geräusch des Riegels sank Olivianes Hand kraftlos zwischen die Falten ihres Gewandes. Sie rang angestrengt nach Atem und presste die andere Hand auf ihr wild pochendes Herz. Heilige Anna, was war geschehen? Das stürmische Wechselbad der Gefühle, das Hin und Her von Wut und Leidenschaft, Verachtung und Hingabe, Stolz und Kränkung zeigte Wirkung. Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Ein Laut, der halb wie ein Schluchzen, halb wie ein Stöhnen klang, entrang sich ihrer Kehle.
    Gütiger Himmel, was war in sie gefahren? Verlor sie zwischen den teppichverhängten Wänden dieses luxuriösen Verlieses schon nach einem Tag den Verstand? Noch nie hatte sie solche Dinge gesagt oder empfunden! Wie hatte sie sich auch nur einen Herzschlag lang wünschen können,

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