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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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erwachte sie von ihrem eigenen Zähneklappern.
    Sie war allein, auf sich selbst gestellt in einem Gefängnis, von dem sie nicht wusste, wo es sich befand und wie viel Zeit sie darin verbringen musste. Je klarer sie die Umstände erkannte, desto mehr wuchs ihr Zorn. Mit einem Ruck schleuderte sie die Decken von sich und trat die wenigen Schritte zur Feuerstelle.
    Unter einer Schicht kälterer Asche hatte sich glühende Holzkohle gehalten. Oliviane blies vorsichtig in die rötlichen Reste, während sie kleine Äste und Kiefernzapfen darüber häufte, die in einem Korb bereitlagen. Die ersten Flämmchen befreiten sich, liefen über die neue Nahrung und fraßen sich gierig in das trockene Holz. Ihr erstes Problem hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst.
    Wenig später flackerte ein helles Feuer, und in seinem Schein machte sich Oliviane daran, ihre neue Behausung zu inspizieren und sich darin einzurichten. Sie hatte keine Ahnung, ob es Tag oder Nacht war, wie lange sie geschlafen hatte und ob es draußen immer noch schneite.
    Immerhin war an einer der Wände ein ausreichender Holzvorrat aufgestapelt, und auf einem Brett fand sie zwei Zinnkannen, ein paar Holzschalen, einen Eisentopf und hölzerne Löffel. Das Wasserfass unter dem Brett war frisch gefüllt, und ein prall gefüllter Weinschlauch lag bereit, um ihren Durst zu stillen. In einem der Mantelsäcke fand sie einen Laib Käse, zwei runde Brote, ein kleines Säckchen mit Salz, Getreide und grobes Mehl, zuletzt sogar einen geräucherten Schinken, bei dessen Duft ihr das Wasser im Munde zusammenlief. Was auch immer der Schwarze Landry mit ihr im Schilde führte, er wollte sie nicht verhungern lassen.
    Sie goss sich Wein in eine Schale, da sie nirgendwo einen Becher fand, verdünnte ihn mit Wasser und riss sich ein Stück Brot aus einem der Laibe. Da der Schwarze Landry ihr wohlweislich kein Messer zurückgelassen hatte, biss sie erst ein Stück Schinken und dann ein Stück Käse ab. Sie zwang sich, sorgfältig zu kauen, trank auch den verdünnten Wein und spürte, wie sich ihre Lebensgeister wieder zu regen begannen.
    Danach sagte sie sich, dass im Moment kein unmittelbarer Grund zur Panik bestand. Es war an der Zeit, die Dinge genauer zu betrachten und darüber nachzudenken, wie es weitergehen sollte.
    Sie musste klar sehen, ehe der Schwarze Landry zurückkam, damit sie nicht wieder dieselben kindischen Fehler beging wie bei ihrer letzten Auseinandersetzung. Was hatte sie zu der unsinnigen Annahme verleitet, er habe sie retten wollen, weil er etwas für sie empfand?
    »Den Stern von Armor möchte er haben, der Schurke!«, wisperte sie heiser. »Er ist nicht viel besser als der Herzog. Der will meinen Namen und den Stern! Alle wollen sie nicht mich, sondern nur die Dinge, die sie sich von mir erhoffen. Meine Person ist ihnen egal!«
    Mit fast zwanzig Jahren hatte sie sich immun geglaubt gegen den scharfen Schmerz der Zurückweisung. Aber sie musste einsehen, dass sie sich getäuscht hatte. Es tat immer noch weh, ungeliebt, unwichtig und nutzlos zu sein. Nein, nicht gänzlich nutzlos. Sie war dennoch eine Rospordon! Sogar die letzte Vertreterin eines großen, ruhmreichen Geschlechtes.
    Oliviane hatte früh gelernt, sich an dieser Tatsache festzuhalten. Ihr Stolz war die Krücke, die sie vorwärts trug und die ihr Halt schenkte, eine Stütze, die sie in ihrer augenblicklichen Lage dringender denn je benötigte. Sie legte ein weiteres Scheit auf das Feuer, starrte in das orangefarbene Licht und zwang sich mit aller Gewalt, logisch zu denken. Sie musste Pläne schmieden!
    Nachdem ihr Großvater nicht mehr lebte, gab es in der ganzen Bretagne nur einen einzigen Mann, der das Recht hatte, ihr, Oliviane de Rospordon, Befehle zu erteilen und dem sie sich unterwerfen musste. Seine Gnaden, Jean de Montfort, Herzog und Herrscher ihres Heimatlandes. Von ihm konnte sie Gerechtigkeit, Schutz und Rache fordern! Er durfte sie nicht abweisen, wenn sie den Namen Rospordon trug!
    »Bleibt nur die Frage, wie du diesen hohen Herrn von deinen Forderungen in Kenntnis setzen möchtest«, verspottete sie sich selbst. »Er wird kaum Besuche in schäbigen Bauernkaten abstatten!«
    Aber einmal geboren, ließ sich die Idee nicht so leicht wieder verwerfen. Die langen ereignislosen Stunden ließen ihr viel Zeit, jedes Wenn und Aber genau abzuwägen. Es lief im Grunde immer auf dasselbe hinaus: Sie musste versuchen, aus dieser Kate zu fliehen.
    Doch der Riegel sorgte dafür, dass sie dazu nur die

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