olly - 09 - Die Burg erlebt ihr groesstes Fest
einige Mädchen mit sehr schönen Stimmen, aber es fehlte ihnen an der nötigen Ausdruckskraft und dem Mut, diese schaurig-witzigen Verse vorzutragen. Da Judith sich sehnsüchtig wünschte, die Rolle des Bänkelsängers zu übernehmen, gab man sie ihr schließlich, ohne mit der Lösung ganz zufrieden zu sein.
Die Regie wurde auf einstimmigen Beschluß Steffi übertragen, nachdem Felicitas abgelehnt hatte. Sie hatte gemeint, es müßte mal jemand anders sein, „ als immer die Rieders”.
Renate hatte wirklich zündende Zwischenmusiken geschrieben, und die Mädchen mußten sich mächtig im Zaum halten, die Melodien nicht vor den anderen zu summen oder zu pfeifen, um nichts von ihrem Geheimnis zu verraten.
Nur ein wirklich großes Problem gab es. Wie sollte man die Ritterrüstung herstellen? Sie sollte doch echt aussehen, Ingrid mußte sich aber in ihr gut bewegen können.
„Angemalter Stoff kommt nicht in Frage”, sagte Ingrid, „das sieht man sofort!”
„Pappe wäre gut, wir müßten leere Kartons auseinanderschneiden”, meinte Yella. „Dann sieht sie aus wie ein Roboter! Du kannst Pappe doch nicht biegen”, wandte Johanna ein.
„Und wenn wir leere Seifenpulverkartons nehmen – ich meine diese runden Pappeimer?” schlug Judith vor.
„Ich weiß nicht – so viele Pappeimer kriegen wir doch nie zusammen, wie wir brauchen. Für die vielen Einzelteile, überlegt doch mal!” Ingrid begann, einen Entwurf für ihr Kostüm auf einem Blatt Papier zu skizzieren. Es war gar nicht so einfach, stellte sie fest.
„Mir fällt da etwas ein”, sagte Antje eifrig. „In der Vorschule haben wir einmal Kasperle-Puppen gebastelt. Wir haben uns vom Kaufmann diese Pappbehälter für Eier geholt, sie zerrissen und mit Wasser zu einem Brei gerührt. Daraus haben wir dann unsere Puppenköpfe gemacht.”
„Na ja, das mag vielleicht für so kleine Puppenköpfe gehen. Aber für eine ganze Ritterrüstung? Dazu müßten wir erst mal eine Form haben, in die wir unsere Pappmasse gießen können. Und damit sind wir wieder, wo wir waren”, stellte Monika fest.
Es wurde still im Probenraum. Jede brütete verbissen vor sich hin, um eine Lösung zu finden.
„Kinder, wir sind wirklich blöd!” sagte Felicitas plötzlich. „Gibt es in der Kreisstadt nicht ein Stadttheater? Die müssen doch so was haben! Wir werden uns einfach eine Ritterrüstung im Theater leihen!”
„Menschenskind, daß wir darauf nicht eher gekommen sind”, stellte Irmgard kopfschüttelnd fest. „Die Bretter vor unsern Köpfen müssen schon wurmstichig sein!”
„Ich werde Dolly bitten, das für uns in die Hand zu nehmen”, erklärte Felicitas. „Sie hat doch jetzt das Auto. Außerdem ist sie erwachsen.”
„Hoffentlich meckert sie nicht, daß wir sie dauernd für unsere Aufführung einspannen”, meinte Judith.
„Ach, da kennst du Dolly schlecht! Ihr macht so was einfach Spaß – am liebsten würde sie selbst noch in der Burg die Schulbank drücken. Sie hängt so an Möwenfels.”
Felicitas ging zum Schrank hinüber, um nach einem Zentimetermaß zu suchen.
„Sollte mich wundern, wenn Dolly hier nicht eines Tages noch als Lehrerin auftaucht”, sagte Steffi. „Auch wenn sie jetzt noch ganz andere Pläne hat.”
Felicitas hatte das Zentimetermaß gefunden und begann, Ingrid Maß zu nehmen.
„Hoffentlich scheitert’s nicht an deiner Größe.”
„Na wenn schon – dann wird sie eben rundum mit Watte ausgestopft”, Irmgard schob die Freundin hin und her wie eine Puppe. „Mach mal die Arme hoch. Und jetzt noch die Schrittlänge. Gut so. Ein Gespenst braucht sich ja nicht normal zu bewegen, es macht nichts, wenn’s über die eigenen Füße stolpert.”
„Nein, die paar Schrammen und die leichte Gehirnerschütterung nehme ich für den Erfolg des Stückes gern in Kauf”, erwiderte Ingrid grinsend. „Ich kassiere dann bei euch ein Schmerzensgeld.”
Dolly gelang es tatsächlich, die gewünschte Ritterrüstung beim Stadttheater auszuleihen. Ein paar Tage später hielt „Richard Löwenherz” vor dem Portal, und Dolly überreichte Felicitas einen großen Karton.
„Paß ja gut auf das kostbare Stück auf”, mahnte sie ihre kleine Schwester. „Ich hafte dafür.”
„Keine Sorge. Wir schließen sie sofort im Schrank unseres Gemeinschaftsraums ein und holen sie nur zu den Proben heraus.”
Daß Ingrid die Rüstung bereits bei den Proben trug, war deshalb so wichtig, weil eine solche Rüstung die Bewegungen erheblich behinderte und veränderte. Und da
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