Olympos
und auf ihn wa r tet.
Die Gebeine meiner Frau sind mit dem Staub dort vermischt, denkt er, den Tränen nahe, dann muss er fast lachen. Zum Teufel, me i ne Gebeine sind mit dem Staub dort vermischt.
»Wie kommt man denn zu dieser Erde?«, fragt er und erkennt sofort, wie töricht die Frage ist. Er hat die Geschichte gehört, wie Mahnmut und sein riesiger Freund Orphu mit ein paar a n deren Moravecs, die ihre erste Begegnung mit den Göttern nicht übe r lebt haben, vom Jupiterraum zum Mars gereist sind. Die haben Raumschiffe, Hockenberry. Obwohl die meisten Rau m fahrzeuge der Moravecs und Steinvecs wie durch Zauberei durch die Qua n tenlöcher gekommen sind, die dank Mahnmuts tätiger Mithilfe entstanden waren, sind es immer noch Rau m fahrzeuge.
»Wir bauen auf und in der Nähe von Phobos ein Schiff nur für diesen Zweck«, sagt der Moravec leise. »Diesmal fliegen wir nicht allein – oder unbewaffnet.«
Hockenberry kann nicht aufhören, hin und her zu laufen. Wenn er zum Rand des zerstörten Stockwerks kommt, verspürt er den Drang, in den Tod zu springen – einen Drang, der ihn schon als Kind in Versuchung geführt hat, wenn er sich an hoch gelegenen Orten befand. Komme ich deshalb so gern hier herauf? Weil ich daran denke zu springen? Weil ich an Selbstmord denke? Ihm wird klar, dass die Antwort ja lautet, und er merkt, wie einsam er in den letzten acht Monaten gewesen ist. Und jetzt ist auch noch Nightenhelser fort – wahrscheinlich zusammen mit den I n dianern, geschluckt von dem wie auch immer gearteten kosmischen Staubsaugen der in diesem Monat alle Menschen auf der Erde bis auf diese armen, angeschissenen Trojaner und Griechen aufgesaugt hat. Hockenberry weiß, wenn er das QT-Medaillon an seiner Brust dreht, kann er in null Komma nichts in Nordamerika sein und seinen alten Scholikerfreund in jenem Teil des prähistorischen Indiana suchen, wo er ihn vor acht Monaten zurückgelassen hat. Aber er weiß auch, dass die Götter ihn durch die Lücken des Planck-Raums aufspüren könnten. Deshalb hat er seit acht Monaten nicht mehr qtet.
Er kehrt zum Feuer zurück und bleibt über dem kleinen M o ravec stehen. »Weshalb, zum Teufel, erzählst du mir das alles?«
»Wir möchten dich einladen, mit uns zu kommen«, sagt Mah n mut.
Hockenberry lässt sich schwer auf den Steinklotz sinken. Nach einer Minute bringt er heraus: »Wozu denn, um Himmels willen? Was könnte ich euch denn auf so einer Expedition nü t zen?«
Mahnmut zuckt auf fast menschliche Weise die Achseln. »Du kommst von dieser Welt«, sagt er schlicht. »Wenn auch nicht aus dieser Zeit. Auf dieser anderen Erde gibt es Menschen, weißt du.«
»Wirklich?« Hockenberry hört, wie verblüfft und dumm seine Stimme klingt. Er ist nie auf die Idee gekommen, danach zu fr a gen.
»Ja. Nicht viele – die meisten Menschen haben offenbar ein posthumanes Stadium erreicht und sind vor über vierzehnhu n dert Jahren vom Planeten in orbitale Ringstädte gezogen –, a ber unsere Beobachtungen lassen darauf schließen, dass noch ein paar Hunderttausend Altmenschen übrig sind.«
»Altmenschen«, wiederholt Hockenberry ohne den geringsten Versuch, seine Verblüffung zu verbergen. »Wie ich.«
»Genau«, sagt Mahnmut. Er steht auf. Seine Sichtscheibe kommt nicht weit über Hockenberrys Gürtel hinaus. Hocke n berry, selbst alles andere als hoch gewachsen, erkennt auf ei n mal, wie sich die olympischen Götter in Gegenwart normaler Sterblicher fühlen müssen. »Wir denken, du solltest mitko m men. Du könntest uns eine enorme Hilfe sein, wenn wir den Menschen auf deiner z u künftigen Erde begegnen und mit ihnen sprechen.«
»Heilige Mutter Gottes«, wiederholt Hockenberry. Er geht e r neut zum Rand und merkt wieder, wie leicht es wäre, einen we i teren Schritt über diesen Rand hinaus in die Dunkelheit zu tun. Diesmal würden die Götter ihn nicht mehr zum Leben e r wecken. »Heilige Mutter Gottes«, sagt er noch einmal.
Hockenberry sieht die schattenhafte Gestalt von Hektor bei P a ris ’ Scheiterhaufen. Er gießt noch immer Wein auf den Boden, b e fiehlt den Männern noch immer, mehr Holz in die Flammen zu werfen.
Ich habe Paris getötet, denkt Hockenberry. Ich habe alle Männer, Frauen, Kinder und Götter getötet, die gestorben sind, seit ich die G e stalt von Athene angenommen, die Ermordung von Patroklos vorg e täuscht und ihn entf ü hrt habe, um Achilles zu einem Angriff auf die Götter zu provozieren. Hockenberry lacht auf einmal bitter. Es
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