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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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weiteren großen zetazeischen Me e ressäugern zu gesellen.]
    Die Daten selbst, merkte Harman, während er nackt aus dem Zentrum seines Kristalls hinausstarrte, waren erträglich. Was ihn umbringen würde, war der konstante, das Nervennetz erweiter n de Kontext-Schmerz.
     
    Ich strebt ’ nach ihrer innren Form
    Mit flammend wilder Glut und Hand,
    Doch sprengte den kr istallnen Schrein,
    Dass ich als Kind mich wiederfand.
     
    Als Kind, das weint ’ im wilden Wald,
    Und eine bleiche Frau en t wich,
    Und wieder in der freien Luft
    Füllte den Wind mit Klagen ich.
     
    Harman stieß an die Grenzen seiner Fähigkeit, solchen Schmerz und solche Komplexität zu ertragen. Er bewegte seine Gliedm a ßen in der dicken, goldenen Flüssigkeit und stellte fest, dass er weniger Beweglichkeit besaß als ein Embryo, dass seine Fi n ger zu Finnen geworden, seine Muskeln zu schwachen Resten verkü m mert und diese Schmerzen das wahre Medium und die Plazenta-Flüssigkeit des Universums waren.
    Ich bin keine Tabula rasa!!, wollte er diesem Scheißkerl Prosp e ro und Moira, dem größten Miststück der Welt, entgege n schreien. Das hier würde ihn umbringen.
    Himmel und Hölle sind zusammen geboren, dachte Harman und wusste, dass Blake es zuerst gedacht hatte, wusste, dass Blake es als Entgegnung auf Swedenborgs kalvinistischen Glauben an die Vorherbestimmung gedacht hatte:
     
    Wahrlich, mein Satan, du bist nicht gescheit,
    Merkst du nicht den Unterschied von Kleid und Mann.
     
    Macht, dass es aufhört! Macht Schluss! O Gott, bitte!
     
    Verehrt man Dich auch unterm Namen: Gott,
    Jehov a, Jesus; anderes bist Du nicht
    Als wie der Morgensohn ums Morgenrot,
    Des Wand e rers am Hügel Traumgesicht.
     
    Harman schrie, obwohl keine Luft in seinen Lungen den Schrei formen, keine Luft in seiner Kehle den Schrei ermögl i chen und keine Luft im Tank den Schrei leiten konnte. [Das Bauelement selbst, eines von sechs Billiarden, besteht aus vier Do p pelhelices mit zwei ungepaarten DNA-Strängen als Brücke. Der Überkreuzungsbereich kann zwei verschiedene Zustände annehmen – das Universum greift oft und gern zur binären Form. Lässt man die beiden Helices auf einer Seite der zentralen Brückenverbindung eine halbe Drehung ausführen, e r zeugt man die so genannte paranemische Crossover- oder PX-Konfiguration.] Wenn man das drei Milliarden Mal pro S e kunde tut, erreicht man eine Reinheit der Folter, wie sie sich nicht einmal die fanatischsten Konstrukteure der erfindungsreichsten Strec k betten, Klemmen, Zangen und Messer der Inquisition hätten träumen lassen.
    Harman versuchte noch einmal zu schreien.
    Mittlerweile waren fünfzehn Sekunden seit dem Beginn des Transfers vergangen.
    Vierundvierzig Minuten und fünfundvierzig Sekunden waren noch übrig.
     

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    Mein Name ist Thomas Hockenberry. Ich bin Doktor der Altphil o logie. Mein Spezialgebiet ist Homers Ili as, über die ich fo r sche, schreibe und Seminare abhalte.
    Fast dreißig Jahre lang war ich Professor, die letzten ander t halb Jahrzehnte an der Universität von Indiana in Bloomington, Indi a na. Dann starb ich. Als ich erwachte – oder wieder zum Leben erweckt wurde –, befand ich mich auf dem Berg Olympos; so nannten ihn jedenfalls die Wesen dort, die sich als Götter ausg a ben. Später fand ich heraus, dass es der große Schil d vulkan auf dem Mars war, der Olympus Mons. Diese Wesen, diese Götter, oder ihre höheren Wesen – Figuren, von denen ich zwar gehört habe, aber wenig oder gar nichts weiß; eine von ihnen heißt Pro s pero, wie in Shakespears Sturm – rekonstruie r ten mich, damit ich ihnen als Scholiker diente, als Beobachter des trojanischen Kri e ges. Zehn Jahre lang erstattete ich einer der Musen Bericht. Meine täglichen Berichte zeichnete ich auf Sprechsteine auf, denn selbst die Götter dort kennen keine Schrift. Ich zeichne dies auf dem kleinen Festkörper-Recorder auf, den ich im Schiff der Moravecs, der Queen Mab, gestohlen habe.
    Im vergangenen Jahr – vor nur neun Monaten – ging alles den Bach hinunter, und der trojanische Krieg, wie er in Homers Ilias geschildert wird, geriet völlig aus der Bahn. Seither gab es Ve r wirrung, ein Bündnis zwischen Achilles und Hektor – und fol g lich zwischen allen Trojanern und Griechen – mit dem Ziel, Krieg gegen die Götter zu führen, weiteres Durcheinander, Ve r rat, und schließlich schloss sich das letzte Bran-Loch zwischen dem heut i gen Mars mit dem alten Ilium, sodass die Soldaten und

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