Olympos
bei einem Jagdunfall gestorben, als jemand eine Bewegung gesehen und die Königin Athens irrtümlich für einen Hirsch gehalten habe.«
»Ich wollte sie nicht töten, Priamos. Doch nachdem Theseus meine Schwester entführt hatte – er lockte sie während eines Staatsbesuchs an Bord seines Schiffes, setzte die Segel und fuhr mit ihr fort –, haben wir Amazonen auf Rache gesonnen. In di e sem Jahr, während jedermann auf den Heimatinseln und dem P e loponnes nur Augen und Ohren für euren Kampf hier bei Troja hatte, die Helden fort waren und Athen ungeschützt d a lag, haben wir eine kleine Flotte zusammengestellt, unsere eigene Belag e rung durchgeführt – wenn sie auch in den Erzählungen nicht a n nähernd so großartig und unsterblich sein wird wie die Belag e rung Iliums durch die Danaer – und sind in Theseus ’ Festung ei n gedrungen.«
»Davon haben wir natürlich gehört«, murmelte der alte Pri a mos. »Aber der Kampf endete sehr bald mit einem Friedensve r trag, und die Amazonen fuhren ab. Wir hörten, Königin Hipp o lyte sei kurz danach gestorben, bei einer großen Jagd zur Feier des Fri e dens.«
»Sie starb durch meinen Speer«, sagte Penthesilea, und es klang, als presste sie die Wörter mit Gewalt aus sich heraus. »Ursprün g lich waren die Athener auf der Flucht, Theseus war verwundet, und wir glaubten, wir hätten die Stadt in der Hand. Unser einz i ges Ziel war es, Hippolyte vor diesem Mann zu retten – ob sie g e rettet werden wollte oder nicht –, und wir waren kurz davor, di e ses Ziel zu erreichen, als Theseus einen Gegenangriff anführte und uns einen ganzen blutigen Tag lang zu unseren Schiffen z u rücktrieb. Viele meiner Schwestern wurden getötet. Nun kämp f ten wir um unser Leben, und wieder einmal trug der Wagemut der Amazonen den Sieg davon – wir trieben Theseus und seine Kämpfer einen Tagesmarsch weit zu seinen Mauern zurück. Aber mein letzter Speer, der auf Theseus selbst gezielt war, fand seinen tödlichen Weg ins Herz meiner Schwester, die in ihrer prunkvo l len athenischen Rüstung wie ein Mann aussah, als sie neben i h rem Herrn und Gemahl kämpfte.«
»Gegen die Amazonen«, flüsterte Priamos. »Gegen ihre Schwe s tern.«
»Ja. Sobald wir entdeckten, wen ich getötet hatte, war der Kampf zu Ende. Wir schlossen Frieden. Zum Andenken an meine edle Schwester errichteten wir eine weiße Säule in der Nähe der Akr o polis, und wir fuhren voller Trauer und Scham heim.«
»Und nun jagen dich die Erinnyen, weil du das Blut deiner Schwester vergossen hast.«
»Jeden Tag«, sagte Penthesilea. Ihre strahlenden Augen waren feucht. Ihre jugendlichen Wangen, die sich während ihrer Erzä h lung gerötet hatten, waren jetzt bleich. Sie war außero r dentlich schön.
»Aber was haben Achilles und unser Krieg mit dieser Trag ö die zu tun, meine Tochter?«, fragte Priamos leise.
»In diesem Monat, Sohn des Laomedon und Dardanide n spross, ist mir Athene erschienen. Sie hat mir erklärt, kein O p fer für die Erinnyen werde diese Höllengeschöpfe jemals b e sänftigen, aber ich könne Hippolytes Tod wieder gutmachen, wenn ich mit zwölf ausgewählten Gefährtinnen nach Ilium re i sen und Achilles im Zweikampf besiegen würde, um dadurch diesen verfehlten Krieg zu beenden und wieder Frieden zwischen den Göttern und Me n schen zu schaffen.«
Priamos rieb sich das Kinn mit den grauen Stoppeln, die er sich seit Hekabes Tod hatte wachsen lassen. »Niemand kann Achilles besiegen, Amazone. Mein Sohn Hektor – der beste Krieger, den Troja je hervorbrachte – hat es acht Jahre lang versucht, aber ve r geblich. Jetzt ist er ein Verbündeter und Freund des fußschnellen Männertöters . Die Götter selbst haben es über acht Monate lang versucht, aber vor Achilles ’ Zorn sind sie alle gescheitert oder g e fallen – Ares, Apollo, Poseidon, Hermes, Hades, Athene selbst –, alle haben sie sich mit Achilles messen wollen und haben ve r sagt.«
»Weil keiner von ihnen seine schwache Stelle kannte«, flüste r te die Amazone Penthesilea. »Seine Mutter, die Göttin Thetis, fand eine geheime Möglichkeit, ihrem sterblichen Sohn Unverwun d barkeit im Kampf zu verleihen, als er ein Säugling war. Er kann nicht im Kampf fallen, es sei denn durch eine Verletzung an di e sem einen schwachen Punkt.«
»Welcher ist es?«, stieß Priamos atemlos hervor. »Wo ist er?«
»Ich habe Athene bei meinem Leben geschworen, es niema n dem zu verraten, Vater Priamos – sondern Achilles mit Hilfe
Weitere Kostenlose Bücher