Olympos
Verbündeten. Sie und die künstlichen Wesen, die Moravecs, die unsere Städte und Lager vor Zeus ’ Blitzen schützen.«
Penthesilea lachte. In diesem Moment staunte jeder Mann im Raum über die Schönheit der Amazonenkönigin – sie war jung und blond, mit geröteten Wangen und den beseelten Zügen eines kleinen Mädchens, und ihr Körper unter der schön geformten bronzenen Rüstung war geschmeidig und üppig z u gleich. Aber Penthesileas Augen und ihre gespannte Miene hatten nichts Kleinmädchenhaftes mehr – sie waren von überschäumender V i talität, animalischem Temperament und scha r fer Intelligenz, und aus ihnen sprach auch die Kampfeslust der Kriegerin.
»Den Sieg über Achilles, der deinen Sohn, den edlen Hektor, in die Irre geführt hat und nun sogar Ilium in den Untergang führt«, rief Penthesilea. »Den Sieg über die Argeier, die Achäer, die jetzt gerade planen, dich zu stürzen, die Stadt in Schutt und Asche zu legen, deine anderen Söhne und Enkelsöhne zu töten und eure Frauen und Töchter zu versklaven.«
Priamos schüttelte beinahe traurig den Kopf. »Niemand kann den fußschnellen Achilles im Zweikampf besiegen, Amazone. Nicht einmal Ares, der dreimal von Achilles ’ eigenen Händen g e tötet worden ist. Nicht einmal Athene, die bei seinem Angriff g e flohen ist. Nicht einmal Apollo, der in Stücken voller gold e nem Blut zum Olymp zurückgebracht wurde, nachdem er Achilles herausgefordert hatte. Nicht einmal Zeus, der sich d a vor fürchtet, zum Zweikampf mit dem Halbgott herabzuste i gen.«
Penthesilea schüttelte den Kopf, und ihre goldenen Locken blit z ten. »Zeus fürchtet niemanden, edler Priamos, Stolz der Dardan i den. Und er könnte Troja – ja, die ganze Erde, auf der Troja steht – mit einer einzigen schnellen Bewegung seiner Ägis vernichten.«
Lanzenkämpfer erbleichten, und sogar Priamos zuckte bei der Erwähnung der Ägis zusammen, Zeus ’ mächtigster, göttlichster und geheimnisvollster Waffe. Allen war klar, dass selbst die and e ren olympischen Götter im Nu vernichtet werden konnten, wenn Zeus beschloss, die Ägis zu benutzen. Dies war keine bloße the r monukleare Waffe, wie sie der Donnergott im Anfang s stadium des Krieges ohne Erfolg auf die Kraftfelder der Moravecs gewo r fen hatte. Die Ägis musste man fürchten.
»Ich lege folgenden Schwur vor dir ab, edler Priamos«, sagte die Amazonenkönigin. »Achilles wird tot sein, noch bevor he u te auch nur auf einer der beiden Welten die Sonne untergeht. Ich schwöre beim Blut meiner Schwestern und meiner Mutter, dass … «
Priamos hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Schwöre mir nichts, junge Penthesilea. Du bist wie eine Tochter für mich, schon seit du ein kleines Kind warst. Achilles zu einem tödlichen Zweikampf herauszufordern bedeutet den Tod. Was veranlasst dich, nach Troja zu kommen, um auf diese Weise den Tod zu finden?«
»Nicht den Tod, mein Fürst«, sagte die Amazone mit vernehml i cher Anspannung in der Stimme. »Sondern Ruhm und Ehre.«
»Das ist oftmals ein und dasselbe«, sagte Priamos. »Komm, setz dich zu mir. Sprich leise mit mir.« Er schickte seinen Lei b wächter und Sohn, Deiphobos, mit einer Handbewegung außer Hörweite. Die zwölf Amazonen traten ebenfalls mehrere Schri t te von den beiden Thronsesseln zurück.
Penthesilea nahm auf dem hochlehnigen Thron Platz, der einmal Hekabe gehört hatte. Er war aus den Trümmern des a l ten Palasts geborgen worden und stand nun leer in diesem Saal, zum Gede n ken an die Königin. Die Amazone legte ihren glä n zenden Helm auf die breite Armlehne des Throns und beugte sich näher zu dem alten Mann.
»Ich werde von Erinnyen verfolgt, Vater Priamos. Seit drei M o naten werde ich von den Erinnyen verfolgt, bis auf den he u tigen Tag.«
»Weshalb?«, fragte Priamos. Er beugte sich näher zu ihr, wie ein Priester einer künftigen Zeit zu einer noch ungeborenen Beichte n den. »Diese Rachegeister fordern nur dann Blut für Blut, wenn kein menschlicher Rächer mehr am Leben ist, der dies tun kann, meine Tochter – besonders wenn ein Familie n mitglied von einem anderen verletzt worden ist. Und du hast doch gewiss keinem Angehörigen deiner königlichen Amaz o nenfamilie etwas zuleide getan.«
»Ich habe meine Schwester, Hippolyte, getötet«, sagte Penth e silea mit bebender Stimme.
Priamos wich zurück. »Du hast Hippolyte ermordet? Die Kön i gin der Amazonen? Theseus ’ königliche Gemahlin? Wir h a ben gehört, sie sei
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